Das Ende der Nullzinsen naht

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Die US-Notenbank erhöht den Leitzins leicht auf 0,50 bis 0,75 Prozent. Der Markt nahm den Schritt vorweg: Die Anleiherenditen steigen auf breiter Front.

Es war erst der zweite Streich nach dem Einläuten der Zinswende vor einem Jahr: Die US-Notenbank Fed erhöhte am Mittwochabend wie allgemein erwartet den Leitzins um einen Viertelprozentpunkt. Von nun an bewegt er sich in einer Bandbreite von 0,50 und 0,75 Prozent. Im kommenden Jahr wollen die Währungshüter drei Mal nachlegen, einmal öfter als noch im September geplant. Auch ihre Prognosen gehen wieder etwas hinauf: Im Mittel erwarten die Direktoren bis Ende 2017 einen Leitzins von 1,4 Prozent, für ein Jahr später 1,8 Prozent.

Schon vor der Sitzung war klar: Die Fed kommt nach ihrem Zögern übers ganze Jahr um diesen Minimalschritt nicht herum. Auch deshalb, weil es neuerdings die Marktteilnehmer selbst sind, die für höhere Zinsen sorgen, durch steigende Renditen bei den Anleihen – in den USA, abgeschwächt aber auch in Europa. Früher oder später müssen die Zentralbanken folgen. Wie ist es zu diesen neuen Spielregeln gekommen?

In den USA zeigt alles in nur eine Richtung: Die Wirtschaft wächst kräftig, auf dem Arbeitsmarkt herrscht fast Vollbeschäftigung. Auch unabhängig davon zieht die Inflation an, weil der Ölpreis wieder steigt. Dazu kommt der „Trump-Effekt“: Der künftige Präsident hat im Wahlkampf steigende Staatsausgaben und zugleich Steuersenkungen versprochen. Bei ausgelasteten Kapazitäten würde diese expansive Fiskalpolitik aber Löhne und Preise treiben. Die Folge: Schon jetzt steigen die Inflationserwartungen. Anleihekäufer verlangen bei längeren Laufzeiten einen Ausgleich des erwarteten Wertverlusts. Kurse fallen, Renditen steigen.

Zeitversetzte Reaktion

Die Notenbank reagiert zeitversetzt. In Sachen Trump will Fed-Chefin Janet Yellen abwarten und „nicht spekulieren, bis es mehr Klarheit gibt“. Offiziell rechnet die Fed weder mit einem Wachstumsschub noch mit einer deutlich anziehenden Inflation. Aber wenn Trump ernst macht, muss Yellen die Zügel stärker anziehen, um den Preisdruck zu dämpfen und einer Überhitzung vorzubeugen. Auch gilt es Blasen zu vermeiden: Die Niedrigzinspolitik hat die Anleger in Aktien und „Betongold“ getrieben. Börsenkurse und Gewerbeimmobilienpreise liegen weit über historischen Mittelwerten – ein Warnsignal. Freilich: Falls die Blase schon da ist, könnten zu abrupte Zinsschritte sie zum Platzen bringen, mit schlimmen Folgen für die Realwirtschaft – wohl mit ein Grund für den sanften Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik.

Allerdings: Die Notenbanken bestimmen das Geschehen nicht mehr wirklich selbst. In den USA ist die Rendite zehnjähriger Anleihen schon im Vorfeld der gestrigen Leitzinsentscheidung von 1,3 auf 2,5 Prozent gestiegen. In Europa hat die Rendite der zehnjährigen deutschen Bundesanleihe in wenigen Wochen von minus 0,2 auf plus 0,4 Prozent zugelegt. In der Welt der Anleihen sind das enorme Veränderungen. Der Druck auf die Notenbanken, die Entwicklungen auf dem Markt auch in den Leitzinsen abzubilden, wird also größer. Und: Die Ära der Minuszinsen geht definitiv dem Ende zu. Bei der deutschen Benchmark-Bundesanleihe ist sie bereits Geschichte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.12.2016)

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