Wer kauft heute noch Ski?

(c) EPA (Urs Flueeler)
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Die Sporthändler müssen sich etwas überlegen: Die Produktzyklen der Hersteller wollen nicht zum heimischen Wetter passen. Und die Bedeutung des Skifahrens sinkt stetig.

Wien. Je länger der erste Schneefall auf sich warten lässt, desto stärker kämpft der Wintersporthandel. Denn die Marketingabteilungen der großen, internationalen Sportartikelhersteller nehmen in den seltensten Fällen Rücksicht auf die österreichische Wetterlage. „Wir können uns von den globalen Produkteinführungen nicht abkoppeln“, sagt Holger Schwarting, der Chef der oberösterreichischen Einkaufsgenossenschaft Sport 2000. Die traditionellen Händler könnten es sich in Zeiten von Onlinekonkurrenz und Markengeschäften nicht leisten, bei den Produkteinführungen im September nicht mitzuziehen. Mit dem Effekt: Kurz nach Weihnachten beginnt bereits der Abverkauf. Bis dahin hat es in Ostösterreich oft erst spärlich vom Himmel gerieselt.

Dieses Jahr konnte die Branche bereits aufatmen. „Wir hatten Glück. Es gab zwar keine riesigen Schneemengen, aber einen frühen Winterbeginn mit Schnee und kalten Temperaturen“, sagt Michael Nendwich, der Vertreter des Sportartikelhandels in der Wirtschaftskammer. Das habe sich positiv im Weihnachtsgeschäft niedergeschlagen. Der Sportfachhandel darf laut der KMU-Forschung Austria mit einem Umsatzplus von einem Prozent gegenüber dem schneearmen Vorjahr rechnen.

Skiverkauf massiv gesunken

Manchen Trend kann aber auch ein früher Winterbeginn nicht aufhalten. Während die Industrie vor zwanzig Jahren laut Schwarting 700.000 Paar Ski an den österreichischen Handel verkaufte, sind es heute knapp 300.000. Von diesen werden wiederum nur etwa 140.000 von Endkunden gekauft – der Rest geht direkt in den Skiverleih.

Die Anbieter reagierten rasch auf die veränderten Bedürfnisse ihrer Kunden und machten ein Zweitgeschäft daraus. Die Hervis-Kette ist aktuell mit zwölf Skiverleihstationen in den Tourismusgebieten präsent. Viele der anfänglich provisorischen Container-Shops wurden mittlerweile in richtige Filialen umgewandelt. Auch viele Händler des Sport-2000-/Gigasport-Verbands sprangen früh auf den Trend auf. Kurz nach der Jahrtausendswende hat die Genossenschaft das Verleihservice auch ins Onlineangebot genommen.

Nendwich führt den Wandel vom Kauf zur Ausleihe auf drei Faktoren zurück: Bequemlichkeit, dazu eine Generation, für die Besitz nicht im Mittelpunkt steht, und die täglich neue Auswahl an frisch geputzten Ski. Fast wie zum Trost ergänzt er: „Aber Winter bedeutet heute nicht mehr nur Ski fahren.“ (loan)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.12.2016)

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