Steuersenkung soll Firmen anlocken

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner.REFFEN DER DEUTSCHSPRACHIGEN WIRTSCHAFTSMINISTER: MITTERLEHNER
Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner.REFFEN DER DEUTSCHSPRACHIGEN WIRTSCHAFTSMINISTER: MITTERLEHNER(c) APA/HELMUT FOHRINGER
  • Drucken

Wirtschaftsminister Mitterlehner will die Körperschaftsteuer reduzieren und die Arbeitszeit flexibilisieren, um Österreich im internationalen Wettbewerb attraktiver zu machen.

Wien. Eigentlich ist es angesichts des harten wirtschaftlichen Umfelds sehr gut gelaufen: 319 ausländische Firmen konnte die Betriebsansiedlungsagentur ABA im Vorjahr nach Österreich locken, um 7,4 Prozent mehr als 2015. „Das ist in unserer 35-jährigen Tätigkeit Rekord“, sagte ABA-Chef Réné Siegl am Mittwoch. Zumal nicht nur die Zahl der hier heimisch gewordenen Firmen gewachsen ist, sondern auch die Investitionen: Sie legten um 42 Prozent auf 705,22 Mio. Euro zu. Bei den neu geschaffenen Jobs gab es zumindest ein kleines Plus von 2613 auf 2622.

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) ist das aber nicht genug. Er will die deutlich bessere Stimmung in der Wirtschaft, die „auf ein Ende der seit 2009 anhaltenden Krise hindeutet“, für weitere Maßnahmen zur Standortstärkung nützen. „Ich sehe eigentlich einen sehr positiven Ausblick für 2017“, sagte Mitterlehner. Aber: „Das ist nicht Selbstzufriedenheit, es gibt Potenzial nach oben, aber der Weg stimmt.“

In den Vordergrund stellt der Wirtschaftsminister und Vizekanzler zwei Punkte: die Senkung der Steuer- und Abgabenquote sowie die Arbeitszeitflexibilisierung. Wobei die bereits beschlossene Senkung der Lohnnebenkosten bis 2018 im Umfang von einer Mrd. Euro einer Lohnerhöhung gleichkomme, ohne die Unternehmer zusätzlich zu belasten.

„Wenn deutlich mehr Länder niedrigere KöSt-Sätze als Österreich haben, müssen wir uns in der nächsten Etappe der Steuerreform mit diesem Thema auseinandersetzen“, sagte Mitterlehner. Einen genauen Zeitpunkt wollte er nicht nennen, das hänge schließlich vom Budget ab. Es stünden noch weitere Punkte an, die ebenfalls den Haushalt belasteten. So werde voraussichtlich im Mai die neue Klima- und Energiestrategie präsentiert. Darüber hinaus bleibe die kalte Progression ein Thema. Auch bei der allgemeinen Steuerquote – sie liege hierzulande bei 42,6 Prozent gegenüber dem EU-Schnitt von 41,4 Prozent – gelte es nachzujustieren.

Einnahmen schrumpften nicht

Eine Senkung der KöSt von 25 auf 20 Prozent stellte das Finanzministerium schon im Oktober in den Raum. Wie „Die Presse“ exklusiv berichtete, gibt es schon Berechnungen der Steuersektion des Ressorts: Demnach würde die Reduktion um ein Fünftel rund 1,5 Mrd. Euro kosten. Das sei viel Geld, aber die Senkung könnte Österreich längerfristig Vorteile bringen, hieß es.

Gute Erfahrungen gibt es ja schon: Als 2005 die KöSt von 34 auf 25 Prozent gesenkt wurde, verschaffte das Österreich eine sehr gute Position – auch im Hinblick auf den Beitritt von zehn neuen EU-Ländern 2006. Die Zahl der deutschen Ansiedlungen stieg überproportional auf 55, im Jahr 2006 waren es bereits 72.

Einer Berechnung der Wirtschaftskammer aus dem Jahr 2007 zufolge blieb auch der befürchtete Rückgang der Steuereinnahmen aus: Wurde im Bundesvoranschlag 2005 noch mit einem Rückgang der KöSt-Einnahmen von knapp 20 Prozent auf 3,6 Mrd. Euro gerechnet, wies der Bundesrechnungsabschluss für 2005 Einnahmen von 4,4 Mrd. Euro aus – was so gut wie keine Veränderung bedeutete. 2006 haben die Einnahmen der KöSt die Erwartungen aus dem Bundesvoranschlag sogar um 26 Prozent übertroffen.

Den niedrigsten KöSt-Satz der 28 EU-Länder hebt derzeit Bulgarien mit zehn Prozent ein.

Was die Flexibilisierung der Arbeitszeit betrifft, verweist Mitterlehner auf das Regierungsprogramm: Vorgeschlagen wird die Anhebung der Höchstarbeitszeitgrenzen – bei Gleitzeit bis zu zwölf Stunden (Gleit- oder Überstunden), wobei die wöchentliche Höchstarbeitszeit von 50 Stunden gleich bleibt. Im Gegenzug würden größere Freizeitblöcke erreicht. Ein Knackpunkt seien laut Mitterlehner die Überstundenzuschläge. Da das Thema Flexibilisierung seit Jahren zu den heißen Eisen zählt, gibt es noch keinen Zeitplan. „Den Firmen brennt das Thema unter den Nägeln“, betonte der Minister. Und ABA-Chef Siegl ergänzte: „Wenn wir im Zuge des Brexit Finanzdienstleister nach Österreich holen wollen, können wir nicht sagen, das ihr Personal nur zehn Stunden täglich arbeiten darf.“

Auch F & E in Österreich

Deutschland war mit 116 Ansiedlungen der stärkste Investor, vor Italien (30) und der Schweiz (17). Stark im Kommen sei laut Siegl China, während Italien und Russland schwächelten. Der deutsche Maschinenbauer Bekum sorgte auch für die größte Ansiedlung.

Ein weiterer Lichtblick: Die Zahl der angesiedelten Firmen, die hierzulande auch forschen, hat sich auf 35 mehr als verdoppelt. Da zeigt die Forschungsprämie Wirkung. Nicht zuletzt kommen auch Start-ups zu uns – 18 im Vorjahr.
Für 2017 stimmen Siegl die 754 betreuten Projekte „verhalten optimistisch“, den Rekord noch toppen zu können.

Auf einen Blick

319 Betriebsansiedlungen im Jahr 2016 bedeuten einen Rekord. Fast ein Drittel (116) kommt aus Deutschland. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) will zur weiteren Stärkung des Standorts die Körperschaftsteuer senken und die Arbeitszeitflexibilisierung vorantreiben. Auch die schon beschlossene Senkung der Lohnnebenkosten stellt einen Anreiz für ausländische Investitionen dar.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.01.2017)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

INTERVIEW: REINHOLD MITTERLEHNER
Österreich

Mitterlehner: "Eigentlich sehr positiver Ausblick für 2017"

Der Wirtschaftsminister will die Steuer- und Abgabenquote senken sowie die Arbeitszeitflexibilisierung und Deregulierung vorantreiben.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.