Plattform für Privatkredite kommt nach Österreich

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Wer sich Geld nicht von seinen Freunden ausborgen will aber den Weg zur Bank scheut, kann sich über eine neue Online-Plattform Kredite von Privatpersonen holen. Rechtlich bewegt man sich damit in einer Grauzone.

"Borg mir ein paar Hunderter, du kriegst sie ganz sicher übernächstes Monat wieder", sprach der sympathische Kollege aus dem Stammlokal und ward nie mehr gesehen. Dieses Risiko zu minimieren und dennoch die Kreditvergabe und -aufnahme unter Privatpersonen zu ermöglichen ist Zweck der Plattform "bankless-life.at".

Denn in der Krise sind Banken vorsichtig bei der Geldvergabe, Firmen wie Privatpersonen müssen sich vielfach nach Finanzierungsalternativen umsehen.

Nur für Mitglieder

Die Plattform wird vom erst vor drei Monaten gegründeten Verein "Von Menschen für Menschen" - nicht zu verwechseln mit Karlheinz Böhms "Menschen für Menschen" - betrieben. Aufgrund der österreichischen Rechtslage können sich nur Vereinsmitglieder (derzeit 1800) gegenseitig Geld leihen, erklärte Vereinsobmann und Unternehmensberater Siegfried Fischer. Seit die Homepage vor zwei Wochen ans Netz ging, hätten 20 Kreditgeber elf Personen zusammen 50000 Euro geliehen.

Zinsen sind Verhandlungssache

Das Prinzip hinter bankless-life.at ist einfach. Interessenten geben online bekannt, wofür sie wieviel Geld brauchen und schlagen Zinshöhe und Laufzeit vor. Im Schnitt seien die Zinsen rund ein Drittel unter jenen von Banken und im Normalfall wird ein "Wunschprojekt" von mehreren Personen finanziert, so Fischer.

Alles bleibt anonym

Kreditnehmer und -geber kennen voneinander nur Nicknamen, Alter, Beruf und Bundesland. Alle Beteiligten unterschreiben aber einen Darlehensvertrag, um den sich ein Wirtschaftstreuhänder kümmert. Wer ins Geschäft kommen will, muss eine Haushaltsrechnung erstellen und dem Verein Lohnzettel und eine Ausweiskopie übermitteln. Mitglieder können sich über bankless-life.at nur Geld leihen, wenn die Kreditrate den vom Verein festgelegten monatlich frei verfügbaren Betrag nicht übersteigt.

Keine Plattform für chronische Pleitiers

Die Plattform solle nicht Personen anlocken, die "sonst nirgends mehr Geld bekommen", meinte Fischer. Der Verein arbeite mit einer Wirtschaftsauskunftei zusammen, die die Bonität der Kreditnehmer prüft. Den Kreditgebern versichere der Verein, dass sie ihr Kapital zu 100 Prozent zurückbekommen. Dafür werde von jedem Darlehen ein Teil einbehalten und in einen Pool gelegt, aus dem nicht beglichene Raten gezahlt werden. Säumigen Schuldnern wird nach nur einer Mahnung ein Inkassobüro geschickt.

Rechtlich in der Grauzone

Rechtlich bewegen sich Kreditvermittlungsplattformen oft in der Grauzone. In Österreich definiert das Bankwesengesetz das Kreditgeschäft als Sache von Banken. Wer gewerblich - also zumindest mehr als einmal - einen Kredit gewährt, braucht dafür eine Konzession. Auch die Vermittlung von Krediten ist an sich ein Bankgeschäft. Daneben gibt es aber einige Gewerbescheine, die zur Kreditvermittlung berechtigen. Ab wann der Geldverleih gewerblich ist, ist im Einzelfall zu prüfen.

Weltweit noch in der Nische

Derzeit gibt es rund 20 Internetplattformen für Peer-to-Peer-Kredite, so Fischer. Die größte Site in Deutschland, smava.de, etwa hat seit ihrer Gründung im März 2007 Kredite mit einem Volumen von rund 16 Millionen Euro vermittelt. Derzeit sind rund 10.000 Anleger und 2.500 Kreditnehmer auf der Plattform aktiv. Die Geldsuchenden sind zu je einem Drittel Privatpersonen, die sich zum Beispiel ein Auto kaufen wollen, Selbstständige und Personen, die umschulden müssen. Die Krise merkt smava "deutlich". Seit Frühjahr 2009 seien die Anfragen um 30 Prozent gestiegen. Smava ist im Gegensatz zu bankless-life nicht als Verein organisiert und kassiert bei einem 36-Monatskredit zwei Prozent der Gesamtsumme, mindestens aber 40 Euro. Im Schnitt leihen sich Mitglieder 8.000 Euro.

Der größte Kreditvermittlungsplatz der USA ist prosper.com. Die 2006 gegründete Plattform hat 870.000 Mitglieder und bereits 181 Millionen Dollar (121,7 Mio. Euro) vermittelt.

(Ag./Red)

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