Ein Minister im Waxingstudio. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner schaute am Mittwoch bei Katja Wagner, Inhaberin der "Beauty Bar" am Schwedenplatz, vorbei. Maniküre gab es keine, dafür aber die Forderung nach einer Reform des Arbeitnehmerschutzes.
"Da schaut's gut aus", stellt Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner fest, als er am Mittwoch den Beauty-Salon von Katja Wagner in der Wiener Innenstadt betritt. Der Vizekanzler wollte sich ein Bild machen von dem Unternehmen, das in den vergangenen Wochen durch die Medien ging.
Was war passiert? Katja Wagner, Inhaberin der "Beauty Bar" am Schwedenplatz, verfasste am 10. Jänner ein Posting auf Facebook, in dem sie den Besuch des Arbeitsinspektorats Revue passieren ließ. Die Mitarbeiter der Behörde bemängelten demnach, dass in den Behandlungsräumen, in denen Intimhaarentfernung mit Wachsstreifen durchgeführt werden, kein "Sichtkontakt ins Freie" bestehe.
Wagners Posting verbreite sich rasch, Christoph Ertl, Pressesprecher des Sozialministeriums nahm dazu Stellung. Das Arbeitsinspektorat habe in diesem Fall ein "chaotisches Gesamtbild" feststellen müssen. Gravierende Mängel, wie ein fehlender Notausgang oder eine fehlende Be- und Entlüftungsanlage in den Arbeitsräumen, seien aufgefallen. Zudem würden keine Arbeitszeitaufzeichnungen der 30 Mitarbeiter geführt.
Mitterlehner fordert Reform des Arbeitnehmerschutzes
"Die Arbeitsinspektorin, die uns damals die Weisung zukommen ließ, ist nun nicht mehr länger für den Salon zuständig", so Wagner gegenüber der "Presse". "Wir haben nun sogar zwei Arbeitsinspektoren, die sich mit uns beschäftigen", führt die 29-Jährige aus. Man sei in Gesprächen, die sich prinzipiell konstruktiv gestalten. Auch das Thema der fehlenden Notausgänge, sowie jenes der Arbeitszeitaufzeichnungen "seien vom Tisch", so Wagner. Der fehlende "Sichtkontakt ins Freie" bleibt jedoch weiterhin ein Streitpunkt. "Ich werde in den Kabinen keine Fenster einbauen", betont Wagner. Bis zum 1. März hat die Unternehmerin Zeit die Weisung umzusetzen - "Wir werden sehen, was passiert, ich kann mir aber auch vorstellen den Fall verfassungsrechtlich prüfen zu lassen."
Vorher schaute aber Vizekanzler Reinhold Mitterlehner vorbei. Spannungsverhältnisse in Prüfungssituationen seien nicht unüblich, so der Minister, der das Angebot einer Maniküre oder eines Waxings dankend ablehnte, aber betonte, dass man das Arbeitnehmerschutzgesetz einer gründlichen Evaluierung unterziehe. Die Gesetze und Vorschriften im Arbeitnehmerschutz müssten praxistauglicher vollzogen werden, fordert Mitterlehner. "Wenn man den Fall von Frau Wagner hört, dann denkt der gemeine Menschenverstand das ist doch eigenartig."
Zwar liege es ihm fern voreilige Schlüsse zu ziehen, doch die Beispiele häufen sich, dass sich die Arbeitswelt von heute und die Ansprüche der Konsumenten gravierend veränderten. "Da liegt es nah, dass man ein 40 Jahre altes Gesetz überarbeitet, das an der Lebensrealität vorbeigeht", so der Minister.
"Ich möchte kein Wahlkampf-Püppchen sein"
Christoph Ertl, Sprecher des Sozialministeriums, steht dem Besuch des Ministers im Salon skeptisch gegenüber - "solch einen Eifer hätte ich mir von Herrn Mitterlehner im Bezug auf die Gewerbeordnung gewünscht."
Katja Wagner selbst freut sich über den Besuch des Ministers. Nachdem kein Vertreter der sozialdemokratischen Partei ihre Einladung angenommen habe, den Salon zu besuchen, schätzt sie die Präsenz von Herrn Mitterlehner und ist gespannt, was eine Reform des Arbeitnehmerschutzes bringt. "Ich möchte kein Wahlkampf-Püppchen sein", so Wagner gegenüber der "Presse". Vielmehr gehe es ihr darum aufzuzeigen, mit welchen Schwierigkeiten und Hürden heimische Unternehmen zu kämpfen hätten. "Der Kanzler erschafft keine Jobs, das machen die Unternehmer. Seit vier Jahren knüppelt man uns mit Auflagen, jedes Jahr gab es, auf gut Deutsch, eine Watschn vom Arbeitsinspektorat. Damit ist nun Schluss."
Die anwaltliche Aufforderung an den Sozialminister, sich bei ihr zu entschuldigen, wurde verschickt. Die Entschuldigung steht noch aus. Sollte sich die Situation nicht bessern, denkt Frau Wagner daran, ihren Salon auch zu schließen. "Auswandern wäre durchaus eine Option."