Frankreich und Deutschland ziehen Europa mit

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Die Wirtschaftsaussichten sind in Frankreich zum ersten Mal seit 2012 besser als in Deutschland. Die Wirtschaftstreibenden der ganzen Eurozone blicken optimistischer in die Zukunft. Die EZB wird an ihrer Geldpolitik festhalten.

Wien/Berlin/Paris. Es ist eine Überraschung: Die wirtschaftlichen Aktivitäten sind in der Eurozone zuletzt viel stärker gewachsen als erwartet. Voran geht ausgerechnet das Sorgenkind Frankreich. Der Einkaufsmanagerindex von IHS Markit ist für Frankreich von 54,1 auf 56,2 Punkte gestiegen. Ein Wert über 50 zeigt eine positive Grundstimmung in der Wirtschaft an.

Für den Index werden Manager in ganz Europa über ihre Zukunftsaussichten befragt. Für Frankreich war sogar ein fallender Einkaufsmanager-Index erwartet worden. Stattdessen liegt Frankreich erstmals seit 2012 sogar besser als Deutschland.

Aber auch dort konnte der neueste Einkaufsmanagerindex positiv überraschen. Dieser steht nun bei 56,1. Im Jänner wurden noch 54,8 gemessen. Die Deutsche Wirtschaft ist in den letzten drei Monaten des Jahres 2016 um 0,4 Prozent gewachsen.

Inflation in Deutschland

Für das erste Quartal 2017 erwartet Markit in Deutschland und Frankreich ein Wachstum von 0,6 bis 0,7 Prozent. In Frankreich ist der Dienstleistungssektor besonders stark, während der Aufschwung in Deutschland von der produzierenden Industrie getragen wird.

„Die Wiederbelebung Frankreichs weist auf eine dringend benötigte Verbreiterung des Aufschwungs in der Eurozone hin und darauf, dass dieser immer stärker selbsttragend wird“, sagte Chris Williamson, der Chefökonom von IHS Markit am Dienstag. In der Eurozone soll es im ersten Quartal ein Wirtschaftswachstum von insgesamt 0,6 Prozent geben. Im Windschatten der positiven Zahlen aus den beiden wichtigen Volkswirtschaften Mitteleuropas fällt auch der Einkaufsmanagerindex für die ganze Eurozone besonders gut aus. Der ist im Jänner von 54,4 auf 56 gestiegen – statt wie erwartet auf 54,3 zu fallen.

„Die Europäische Zentralbank wird sich über die Anzeichen eines robusteren Aufschwungs sicherlich freuen“, sagte Chris Williamson. „Aber die Notenbanker werden zweifellos weiterhin besorgt sein ob der Brexit-Risken für das Wirtschaftsklima in diesem Jahr.“

Die EZB hat sich festgelegt, ihre umstrittenen Anleihenkäufe bis mindestens Ende dieses Jahres fortzusetzen, um den immer robusteren Aufschwung in der Eurozone nicht zu gefährden – und weiter zu unterstützen. Weil aber eine besser laufende Wirtschaft auch zu einem stärkeren Inflationsdruck führt, wird vor allem aus Deutschland wieder Kritik an der EZB kommen.

Erst recht, da Frankreich und Deutschland unterschiedliche Preisstrukturen aufweisen. So sind die Kosten für Material und Rohstoffe zuletzt gestiegen, aber diese Preissteigerungen wurden in Frankreich nicht an die Konsumenten weitergegeben. Anders in Deutschland, wo der Aufschwung auch schon zu einer merklich höheren Teuerung geführt hat. Nichtsdestotrotz: EZB-Chef Mario Draghi hat zuletzt mehrmals darauf hingewiesen, dass weitere monetäre Stimuli durch die Notenbank nötig wären. (jil)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.02.2017)

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