Leitl: „Wir sind nicht schlecht unterwegs“

„Wir haben den Details den Teufel ausgetrieben“, sagt Christoph Leitl.
„Wir haben den Details den Teufel ausgetrieben“, sagt Christoph Leitl.(c) Clemens Fabry
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Der Wirtschaftskammer-Präsident zieht seine Reform durch und will beim EU-Ratsvorsitz Österreichs nächstes Jahr aktiv mitwirken.

Die Presse: Herr Präsident, Sie haben im Urlaub einen kritischen Brief von einigen Landeskammer-Präsidenten bekommen. Schlechtes Timing?

Christoph Leitl: Wie heißt es: Unverhofft kommt oft. Aber mit solchen Dingen muss man in meiner Funktion leben, das gehört dazu.

Briefe sind in heutiger Zeit wirklich selten geworden. Gibt es in der WKO-Führungsriege Kommunikationsprobleme?

Den Eindruck konnte man gewinnen, aber wenn Sie sich den Brief ansehen, dann geht es da um rein sachliche Details. Etwa um die Gewerbeordnung. Diese Details werden wir noch einmal einer internen Begutachtung unterziehen.

Sie hatten ein Gespräch mit den Landeschefs. Wurden nun alle Missverständnisse geklärt?

Es kam zu einer sehr eindringlichen, aber einvernehmlichen Abklärung aller Details.

Wird Ihre Reform wie geplant am 6. April vom Wirtschaftsparlament verabschiedet werden?

Ich bin sehr zuversichtlich, es sind im Grunde genommen nur noch ein bis zwei Fragen zu klären.

Und an den 134 Millionen Euro, die die Kammern einsparen sollen, wird nicht gerüttelt?

Die Entlastung wird es im geplanten Ausmaß geben.

Die offenen Fragen betreffen nicht zufällig Ihre Nachfolge in der Wirtschaftskammer?

Nein, das war bei den Treffen überhaupt kein Thema.

Aber vielleicht können Sie sagen, wie lang Sie noch gedenken, im Amt zu bleiben?

Wissen Sie, das hängt von vielen sachlichen Dingen ab. Wir starten jetzt die Reform der Wirtschaftskammer. Dann kommen die Vorbereitungen auf den Vorsitz in der Europäischen Union. Da kommt dem wirtschaftlichen Input sehr große Bedeutung zu.

Den Ratsvorsitz hat Österreich in der zweiten Jahreshälfte 2018. Werden Sie da noch dabei sein?

Ich glaube, dass ich mit meiner Vernetzung in Europa einen Beitrag leisten kann. Ich habe schließlich auch europäische Wirtschaftskammer-Funktionen. Vor allem die Wirtschaft kann dazu beitragen, dass Europa ein Erfolgsprojekt ist.

Ihre Kammerreform wird nicht überall als Erfolgsprojekt gesehen. Die Industriellenvereinigung spricht von einem „ersten Schritt“, fordert aber mehr.

Ich verstehe durchaus, dass es Leute gibt, die meinen, es müsse mehr geschehen. Aber es gibt auch Leute, denen es schon zu weit geht. Immerhin hat es die Wirtschaftskammer geschafft, innerhalb eines Jahrzehnts die Kosten zu reduzieren, gleichzeitig die Leistungen auszuweiten. Wir sind nicht schlecht unterwegs.

Die Kammerbeiträge wuchsen aber stärker als die Wirtschaft.

Ja, das habe ich auch in der „Presse“ so gelesen. Was aber nicht erwähnt wurde: Seit 2004 haben wir um zwei Drittel mehr Mitglieder. Wir sind ein wachsendes Unternehmen, jedes Jahr kommen 20.000 Mitglieder dazu.

Aber es gibt zehn Parallelorganisationen.

Diese Kritik ist auch nicht unrichtig. Und darauf zielt ja die Reform ab. Durch die neuen digitalen Instrumente gibt es die Möglichkeit, Mehrfachtätigkeiten zu reduzieren. Das wollen wir tun.

Und in einer digitalen Kammer müssen Länderchefs auch keine Briefe mehr schreiben?

Aus meiner Sicht ist nun alles ausgeräumt. Der Teufel steckt im Detail. Wir haben den Details den Teufel ausgetrieben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.03.2017)

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