Immobilienpreise seit 2010 um 41 Prozent gestiegen

FOLTIN Jindrich / WB
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Die niedrigen Zinsen und die dadurch günstigen Kredite heizen die Nachfrage nach Häusern und Eigentumswohnungen an.

Die Preise für Wohnraum schnellen in die Höhe: Seit 2010 kam es in Österreich zu einer Teuerung von durchschnittlich 41,3 Prozent, wie aus den aktuellen Daten der Statistik Austria (bis inklusive 3. Quartal 2016) hervorgeht. Allein im Vorjahr zogen die Preise um 8,5 Prozent an.

"2016 ist, glaube ich, durch die besondere Zinslandschaft gekennzeichnet", sagte Statistik-Austria-Chef Konrad Pesendorfer heute, Dienstag, im Rahmen einer Pressekonferenz zur APA. Zum einen seien die Finanzierungskosten sehr niedrig und Kredite billig; zum anderen habe es "nicht viel Anlagemöglichkeiten für Kapital gegeben". Daher kam es zu einem Ausweichen auf den Immobilienmarkt, der "sehr attraktiv" gewesen sei. Da vor allem Veranlagungsimmobilien verstärkt gesucht waren, hätten sich bestehende Wohnungen massiver verteuert (plus 9,4 Prozent) als neu gebauter Wohnraum (plus 3,8 Prozent).

Wirksam wurde aber auch ein demografischer Effekt: Die Nachfragesteigerung nach billigem Wohnraum kann laut Pesendorfer aus dem Zustrom von Migranten nach Österreich abgeleitet werden. "Des Weiteren hatten wir im ersten Quartal 2015 eine außergewöhnlich starke Kaufzurückhaltung und im ersten Quartal 2016 dann einen besonders starken Preisanstieg bei bestehendem Wohnraum", erklärte der Statistik-Austria-Generaldirektor.

Mit dem mehr als 40-prozentigen Preisauftrieb für Häuser und Wohnungen seit 2010 reiht sich Österreich unter die Top-5 in Europa und liegt auch drastisch über dem Durchschnitt der EU (plus 5,4 Prozent) bzw. des Euroraums (plus 1,6 Prozent).

Stärker als hierzulande verteuerte sich Wohnraum im gleichen Zeitraum nur in Estland (plus 62,1 Prozent), Island (plus 49,2 Prozent) und Schweden (plus 45,9 Prozent). Knapp hinter Österreich rangiert Norwegen mit einem Anstieg von 40,8 Prozent.

Es gibt aber auch Länder, in denen Wohnraum - nach einer entsprechenden Überhitzung des Immobilienmarktes - in den vergangenen Jahren billiger wurde. Den EU- bzw. Euroraum-Schnitt entsprechend nach unten drücken vor allem die fünf Länder Spanien (minus 22,5 Prozent), Italien (minus 14,6 Prozent), Zypern (minus 13,1 Prozent), Slowenien (minus 12,6 Prozent) und Rumänien (minus 11,9 Prozent). Weniger für Immobilien auf den Tisch zu legen als noch 2010 ist auch in Kroatien (minus 8,6 Prozent), den Niederlanden (minus 6,6 Prozent), Polen (minus 4,2 Prozent), Irland (minus 1,1 Prozent) und Portugal (minus 1 Prozent).

Extremer Preisschub in Wien

Beim Preisschub für Immobilien gab es im langjährigen Vergleich auch extreme Ausreißer nach oben: Die stärkste Teuerung bei Wohnungen gab es zwischen 2010 und 2016 in Wien mit einem Anstieg von 71,8 Prozent, wie aus den aktuellen Daten der Statistik Austria von heute, Dienstag, hervorgeht. Allein im Jahr 2016 erhöhten sich die Preise gegenüber dem Jahr davor um 10,9 Prozent.

"Bei der Preisdynamik unterliegen wir hier sicher einem starken Aufholeffekt", sagte Statistik-Austria-Chef Pesendorfer unter Verweis auf die besonders teuren europäischen Metropolen London und München. Wien sei in der Vergangenheit "eher im moderaten Preisbereich" angesiedelt gewesen.

Drastisch nach oben geschnellt sind die Wohnungspreise 2016 aber nicht nur in der Bundeshauptstadt, sondern auch in der Stadt Salzburg (plus 58,2 Prozent seit 2010 und plus 8,2 Prozent allein im Vorjahr), in Bregenz und Innsbruck (plus 50,6 Prozent bzw. 12,1 Prozent), in Graz (plus 41,6 Prozent bzw. 14 Prozent) und in Linz (plus 36,1 Prozent bzw. 5,4 Prozent).

In den ländlichen Gebieten verteuert sich Wohnraum ebenfalls zusehends. Den stärksten Anstieg bei den Häuserpreisen seit 2010 wies das Bundesland Salzburg (ohne Salzburg-Stadt) mit einem Plus von 35,3 Prozent aus. Und das obwohl Häuser dort 2016 gegenüber dem Jahr davor sogar um 3,2 Prozent billiger wurden. Doch auch in allen anderen Bundesländern zogen die Häuserpreise seit 2010 zwischen 25 Prozent (westliches Niederösterreich) und 32,9 Prozent (Kärnten) an. Allein gegenüber dem Jahr davor kam es dort 2016 zu einer Teuerung von 4,9 (ebenfalls im westlichen NÖ) bis 10,6 Prozent (ebenfalls in Kärnten).

Deutlich mehr für Häuser zu bezahlen war 2016 weiters in der Steiermark (plus 32,8 Prozent gegenüber 2010 und plus 12 Prozent gegenüber dem Jahr davor), in Tirol und Vorarlberg (plus 31,1 Prozent bzw. 11,1 Prozent), Oberösterreich (plus 30,7 Prozent bzw. 10,4 Prozent), im Burgenland (plus 28,7 Prozent bzw. 13,8 Prozent) sowie im östlichen Niederösterreich (plus 25,7 bzw. 5,2 Prozent).

Zu den generell hochpreisigen Regionen in Österreich gehören bei Häusern und Wohnungen die Zentralregion Wien sowie Salzburg, Tirol und Vorarlberg - sie alle lagen auch 2016 bei den Durchschnittspreisen "wieder an der Spitze", berichtete Statistik-Austria-Experte Josef Auer am Dienstag in einer Pressekonferenz. Ein niedriges Preisniveau ist bei Wohnungen vor allem noch im Burgenland, im Waldviertel und in der Obersteiermark vorzufinden.

Keine Blase, die platzen könnte

Für das laufende Jahr rechnet Pesendorfer mit einer etwas weniger dynamischen Aufwärtsentwicklung der Immobilienpreise: "Wir haben 2016 einen Spitzenwert verzeichnet, von dem wir nicht ausgehen, dass der sich wiederholt - plus 8,5 Prozent war ein Anstieg, den Sie in der Zukunft nicht so schnell wieder finden werden." Wenn sich das Zinsniveau ändere, werde sich auch das Anlageverhalten der Investoren ändern, so der Statistik-Austria-Experte. Er erwartet etwas höhere Zinsen und damit auch teurere Immobilienkredite. Das dämpft dann die Nachfrage nach Immobilien und in weiterer Folge den Preisanstieg. Auch die Flüchtlingsströme nach Österreich sollten nicht mehr so stark ausfallen wie in den Jahren 2015 und 2016.

Überhitzt sei der heimische Immobilienmarkt trotz der bisher starken Teuerung noch nicht - Pesendorfer ortet jedenfalls keine Immobilienblase, die bald platzen könnte wie etwa in Spanien. "Ich sehe diese Entwicklung in Österreich so noch nicht, wenngleich das Jahr 2016 sehr starke Preissteigerungen ausgewiesen hat."

(APA)

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