Erholung auf dem Arbeitsmarkt

Symbolbild: Arbeit
Symbolbild: Arbeit(c) Clemens Fabry
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Nach vielen Jahren geht in Österreich die Arbeitslosigkeit zurück. Dies hängt mit dem überraschend starken Wirtschaftsaufschwung zusammen.

Wien. So schnell ändern sich die Zeiten. Noch im Dezember 2016 waren die Wirtschaftsforscher davon ausgegangen, dass die Arbeitslosigkeit in Österreich auch heuer steigen wird. Doch nun gibt es einen unerwartet kräftigen Wirtschaftsaufschwung. Im März ist daher die Zahl der Arbeitslosen und Schulungsteilnehmer auf 430.758 Personen gesunken.

Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Rückgang um 1,8 Prozent, wie das Arbeitsmarktservice (AMS) am Montag mitteilte. „Jetzt ist sie aber wohl wirklich da, die Trendwende auf dem Arbeitsmarkt“, freut sich AMS-Vorstand Johannes Kopf. „Nach fünf langen Jahren war es auch Zeit.“ Die Zahl der offenen Stellen kletterte um 44,5 Prozent auf 53.142. Vor allem im Bau und im Bereich der Herstellung von Waren ist die Arbeitslosigkeit deutlich gesunken. Dies lasse laut Kopf „auf einen echten Konjunkturaufschwung“ schließen.

Trotzdem gibt es Gruppen, die sich weiterhin auf dem Arbeitsmarkt schwertun. Dazu gehören Personen, die älter als 50 Jahre sind. Hier ist die Zahl der Jobsuchenden um 5,2 Prozent gestiegen. Zurückgegangen ist die Arbeitslosigkeit bei Personen, die nur eine Pflichtschulausbildung haben (minus 2,8 Prozent). Dafür gibt es immer mehr Arbeitslose mit einer akademischen Ausbildung (plus 7,7 Prozent) und einer höheren Ausbildung (plus 6,4 Prozent).

Wie nachhaltig der Aufschwung ist, lässt sich noch nicht sagen. Das Institut für Höhere Studien befürchtet, dass die Arbeitslosigkeit im nächsten Jahr wieder leicht steigen könnte. Um eine nachhaltige Trendwende zu erzeugen, greift die Regierung nun mit zwei umstrittenen Maßnahmen in den Arbeitsmarkt ein. Dabei handelt es sich um die Aktion 20.000 neue Jobs für ältere Langzeitarbeitslose und um den Beschäftigungsbonus, durch den ausländische Arbeitnehmer diskriminiert werden. Für beide Projekte gibt der Staat Milliardenbeträge aus.

Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) nimmt sich dabei Bruno Kreisky zum Vorbild. Dieser erklärte, dass ihm ein paar Milliarden Schulden weniger schlaflose Nächte bereiten als ein paar Hunderttausend Arbeitslose mehr.

Vor allem die Beschäftigungsaktion für ältere Langzeitarbeitslose sorgte am Montag für Kritik. Auf Wunsch der Regierung sollen Gemeinden, soziale und gemeinnützige Organisationen jährlich 20.000 neue Jobs schaffen. Der Staat übernimmt dabei die Lohn- und Lohnnebenkosten bis zu 100 Prozent. Durchschnittlich soll jeder Arbeitsplatz mit 27.000 Euro pro Jahr gefördert werden.

Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) schlug am Montag längere Öffnungszeiten für Altstoffsammelzentren vor, damit dort ältere Langzeitarbeitlose unterkommen. Auch von Diensten im Altersheim oder von Tätigkeiten in städtischen Schwimmbädern ist die Rede.

Quelle: AMS-Grafik "Die Presse" GK

Die DDR als Vorbild?

Die FPÖ spricht von einem „DDR-Modell“. Stöger wolle den Arbeitsmarkt der über 50-Jährigen in einen großen sozioökonomischen Betrieb umwandeln. Die Neos verlangen andere Arbeitsmarktreformen wie Änderungen beim Senioritätsprinzip und bei den Zumutbarkeitsbestimmungen.

Die Grünen hingegen schlugen am Montag vor, dass die Aktion auch auf Menschen, die jünger als 50 Jahre sind, ausgedehnt wird. Die Wirtschaftskammer will, dass nicht nur Gemeinden und soziale Organisationen, sondern auch Unternehmen Zugang zu den Fördertöpfen erhalten. Man müsse verhindern, dass mit der Maßnahme Jobs auf dem regulären Arbeitsmarkt vernichtet und durch temporäre Stellen auf dem geförderten Arbeitsmarkt ersetzt werden, meinte Martin Gleitsmann von der Wirtschaftskammer. Die Gesamtkosten für dieses Projekt werden vom Sozialministerium für die Jahre 2017 bis 2019 mit 1,05 Milliarden Euro bis 1,25 Milliarden Euro (je nach Evaluierungsergebnis) angegeben.

Noch mehr Geld, nämlich zwei Milliarden Euro, stellt die Regierung für den Beschäftigungsbonus zur Verfügung. Dabei erhalten Firmen ab Juli für jede neue Stelle drei Jahre lang 50 Prozent der Lohnnebenkosten rückerstattet. Gefördert werden in erster Linie Inländer, was in Ungarn für Empörung sorgt. Ob die Regelung EU-konform ist, bleibt abzuwarten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.04.2017)

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