Mindestlohn: Wirtschaft fordert Staatszuschuss

Symbolbild: Mindestlohn
Symbolbild: Mindestlohn(c) Clemens Fabry
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Die Niedriglohnbranchen fordern bei der Einführung eines Mindestlohns Übergangsfristen bis 2025 oder einen Kombilohn mit staatlichen Zuschüssen.

Wien. In Österreich gibt es mehrere Niedriglohnbranchen wie Textilreiniger, Floristen und Konditoren. Dort verdienen Hilfskräfte weniger als 1300 Euro brutto im Monat (auf Vollzeitbasis). Vertreter dieser Firmen schlugen am Dienstag Alarm. Denn die Regierung verlangt, dass sich die Sozialpartner bis Ende Juni auf die Einführung eines Mindestlohns von 1500 Euro brutto einigen, andernfalls werde der Gesetzgeber eingreifen. Vertreter der Niedriglohnbranchen sagten am Dienstag vor Journalisten, dass sie den Hilfskräften nicht so schnell 1500 Euro zahlen können. Sie verlangen bei der Einführung eines Mindestlohns Übergangsfristen bis 2023 oder 2025. Eine Alternative wäre auch ein Kombilohn mit staatlichen Zuschüssen.

In Österreich gibt es laut Schätzung der Wirtschaftskammer rund 200.000 Menschen, die weniger als 1300 Euro brutto verdienen. Die Floristen und Textilreiniger betonen, dass sie ihren Hilfskräften gerne mehr zahlen wollen. Doch sie seien dazu wirtschaftlich nicht in der Lage. Die Floristen beispielsweise spüren einen massiven Wettbewerbsdruck durch die Bau- und Supermärkte, wo Blumen viel billiger erhältlich sind. „Ein Mindestlohn von 1500 Euro bedeutet ja nicht nur, dass untere Lohngruppen angehoben werden, sondern auch, dass es zu einer Parallelverschiebung kommt, weil die Löhne qualifizierter Mitarbeiter ebenfalls angehoben werden“, sagt Ursula Krepp, Vertreterin der Wirtschaftskammer und Unternehmerin aus Oberösterreich. „Damit verdoppelt sich die Belastung für die Branche“, so Krepp.

Falls es zu einer schnellen Einführung des Mindestlohns kommt, müssen die Preise für die Kunden deutlich angehoben werden, was nicht immer möglich sei. Oder viele Unternehmen in den Niedriglohnbranchen seien gezwungen, ihre Tätigkeit einzustellen. Damit gehen Arbeitsplätze verloren. Krepp betont, dass der Staat bei einer Einführung des Mindestlohns zu den großen Gewinnern gehört. Denn ein Mindestlohn von 1500 Euro bedeute knapp 28.000 Euro Jahreskosten für den Betrieb. Davon kommen aber nur etwas mehr als 16.700 Euro bei den Arbeitnehmern an.

Auch Wifo-Chef will eine Entlastung

Vor Kurzem sprach sich auch Wifo-Chef Christoph Badelt für die Entlastung der unterein Einkommen aus. Badelt kann sich beispielsweise vorstellen, dass die Sozialversicherungsträge bei den Niedrigverdienern vollständig wegfallen. Dann würden diese Menschen netto mehr vom Brutto erhalten.

Verärgert ist die Wirtschaftskammer auch, dass in der aktuellen Diskussion über den Mindestlohn viele Fakten unter den Tisch fallen. Denn im Gegensatz zu anderen Ländern werden in Österreich die Löhne nicht zwölf mal, sondern 14 mal ausbezahlt. Ein Mindestlohn von 1500 Euro brutto bedeutet auf zwölf mal umgerechnet 1750 Euro brutto, sagt die Wirtschaftskammer. Damit liege Österreich im europäischen Vergleich an der zweiten Stelle nach Luxemburg (siehe Grafik). In Deutschland hingegen liege der Mindestlohn, der dort zwölf mal ausbezahlt werde, bei 1498 Euro.

Besonders drastisch fällt der Vergleich zwischen Österreich und den östlichen Nachbarländern aus. In Ungarn liegt der Mindestlohn bei 411,52 Euro und in der Slowakei bei 435 Euro.

Die Gewerkschaften und die Arbeiterkammer lehnen die Forderung der Wirtschaft nach Übergangsfristen für den Mindestlohn bis 2023 oder 2025 ab. Vertreter der Arbeiterkammer erklärten am Dienstag, dass 1500 brutto ohnehin nur der erste Schritt sein kann. In weiterer Folge soll der Mindestlohn auf 1700 Euro brutto angehoben werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.04.2017)

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