Schulschikurse: „Verlieren eine Generation Skifahrer“

(c) Clemens Fabry
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Die Wirtschaftskammer will die Pflicht zum Schulskikurs wieder einführen, um den Nachwuchs auf den Pisten zu sichern. Im Ministerium will man die Wahlfreiheit beibehalten.

WIEN (cim). Wenn der Nachwuchs nicht freiwillig auf die Skipisten kommt, dann müsse man ihn dazu eben verpflichten. So oder so ähnlich stellt man sich in der Wirtschaftskammer (WKÖ) die Zukunftssicherung des Wintersports vor. Hans Schenner, Obmann der Bundessparte Tourismus der WKÖ, fordert die Wiedereinführung der Skikurspflicht. Immerhin haben 1995 noch 240.000 Schüler an Skikursen teilgenommen, derzeit sind es etwa 150.000 pro Jahr. Einerseits, weil die Schülerzahl sinkt. Aber der Wintersport verliert auch gegenüber anderen Sportarten oder Sprachwochen.

„Wir haben fast eine Generation Skifahrer verloren“, so Schenner. Eine halbe Million Schüler sei seit der Abschaffung der Pflicht zum Skikurs Mitte der 1990er nicht auf Wintersportwoche gefahren.

Schenner fordert die Einführung verpflichtender „Österreich-Wochen“. Je eine Woche in der Unter- und Oberstufe soll als Sportwoche in Österreich verbracht werden, eine davon im Sommer, eine im Winter. Zwei solche „Bewegungswochen“ sind auch jetzt vorgeschrieben. Allerdings werde das oft nicht ernst genommen, meint Ewald Bauer, der Leiter der Abteilung für Bewegung und Sport im Bildungsministerium. Die letzte Erhebung habe ergeben, dass etwa 70Prozent der Schulen Sportwochen anbieten. „Auch dann kann aber niemand die Schüler zwingen, daran teilzunehmen“, sagt Bauer.

Teurer Spaß im Schnee

Im Ministerium sieht man keinen Grund für eine neuerliche Skikurs-Pflicht. Schließlich sei die Wahlfreiheit eingeführt worden, weil es ein „enormes Interesse“ an anderen Angeboten gegeben habe, sagt Nikolaus Pelinka, der Sprecher von Ministerin Claudia Schmied. Da die Sportwochen großteils in Österreich abgehalten werden, bleibe die Wertschöpfung ohnehin im Land.

Für den Tourismus bedeutet es dennoch einen enormen Verlust, wenn immer weniger Kinder Skifahren oder Snowboarden lernen. Immerhin hat der Schulskikurs jeden fünften österreichischen Wintersportler auf die Bretter gebracht, besagt eine Studie des Instituts für Sportökonomie (SpEA).

Jemand, der mit weniger als zehn Jahren mit dem Skifahren beginnt, gibt während eines Skifahrerlebens für dieses Hobby im Schnitt etwa 47.000 Euro aus, so eine Erhebung der Seilbahnbetreiber. Der hohe Preis hält viele Kinder von den Pisten fern. Eine Woche Skikurs kostet derzeit zwischen 280 und 450 Euro. Die WKÖ rechnet vor: Eine Woche in Radstadt kommt auf 330 Euro, 200 Euro davon für die Unterkunft, 75 Euro für eine (stark vergünstigte) Liftkarte, 50 Euro für den Transfer, 35 Euro für den Verleih von Ausrüstung.

Kinder aus ärmeren Familien werden unterstützt. Entweder direkt in den Schulen, durch Elternvereine oder private Sponsoren. Wenn eine gewisse Einkommensgrenze unterschritten wird, gibt es öffentliche Zuschüsse von maximal etwa 180 Euro. Schenners Ziel ist, dass jedes Kind, auch wenn es aus einer Migrantenfamilie ohne Bezug zum Wintersport stammt, zumindest einmal auf Skikurs war. Sozial benachteiligten Kindern müsse man den teuren Sport durch Förderungen zugänglich machen.

Aufregung um Mehrwertsteuer

In naher Zukunft will Schenner das Geschäft der Wintersportregionen mit einem höheren Budget für die Österreich Werbung sichern. Das sei ihm wichtiger als eine Mehrwertsteuersenkung. In Deutschland zahlen Beherbergungsbetriebe ab 2010 nur mehr sieben statt 19 Prozent Mehrwertsteuer.

„Bei einer Stagnation einen Mitbewerber zu bekommen, der Preise senken kann, ist eine Katastrophe“, meint Peter Peer, der Präsident der Österreichischen Hoteliervereinigung, und fordert eine Senkung von zehn auf sieben Prozent.

AUF EINEN BLICK

Eine Pflicht zum Skikurs soll die Kinder wieder zum Wintersport bringen und die „Tradition des Skifahrens“ für die Zukunft sichern, fordert Hans Schenner, Tourismus-Obmann der WKÖ.

Seit Mitte der 1990er können Schulen wählen, ob sie lieber Ski fahren, klettern oder segeln. Seither hat die Zahl der Teilnehmer an Schulskikursen von 240.000 pro Jahr auf 150.000 abgenommen. Im Ministerium will man die Wahlfreiheit beibehalten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.11.2009)

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