Thalia kämpft auf allen Kanälen um lesende Kunden

Thomas Zehetner: �Das hochwertige Buch geh�rt in den Mittelpunkt gestellt�
Thomas Zehetner: �Das hochwertige Buch geh�rt in den Mittelpunkt gestellt�(c) Thalia Buch und Medien GmbH/APA (Ludwig Schedl)
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Der neue Österreich-Chef Thomas Zehetner soll Thalia gegen die Onlinekonkurrenz positionieren. Er setzt auf Omni-Channel und eine Renaissance von gebundenen Ausgaben. Vor Amazons neuen Buchläden fürchtet er sich nicht.

Wien. Amazon-Gründer Jeff Bezos begann 1994, Bücher online zu verkaufen. Die Branche war entsprechend unter den ersten, die die plötzliche Internetkonkurrenz spürten. Mit Thalia erklärte jedoch im Vorjahr der größte deutschsprachige Buchhändler seine finanzielle Krise für beendet. Seit dem Geschäftsjahr 2015/16 zurück in den schwarzen Zahlen, setzen die neuen Mehrheitseigentümer, die Verlegerfamilie Herder, in den 280 Filialen im DACH-Raum auf das Zauberwort Omni-Channel.

Mit 1. April ist mit Thomas Zehetner die nächste Generation an die Spitze der Österreich-Tochter nachgerückt, um auch hier die Verzahnung des klassischen Geschäfts mit dem Internetshop und dem E-Book-Angebot in den 35 österreichischen Geschäften flächendeckend anzutreiben.

165 Mio. Euro erwirtschaftete Thalia Österreich 2016 mit allen Kanälen, rund 20 Prozent kamen aus dem Onlinegeschäft, sagte Zehetner am Montag vor Journalisten. Seinen Kunden wolle er zwar mit einer Handy-App, der Zwei-Stunden-Abholung von online vorbestellten Büchern oder einer zurzeit getesteten Leihbibliothek für E-Books zusätzliche Services bieten. Im Mittelpunkt und als Gegenpol zur Digitalisierung sieht er aber die Notwendigkeit, das „Kulturgut Buch“ aufzuwerten. Er diskutiere zurzeit mit seinen Verlagen, mehr gebundene Bücher ins Sortiment aufzunehmen. Derzeit liegt der Anteil von Hardcover gegenüber billigeren Taschenbüchern bei der Belletristiksparte von Thalia bei 50:50. Aber sind Herstellungskosten nicht eine überlebensentscheidende Frage im Kampf mit dem Onlinehandel? „Die Erfahrung zeigt uns, dass das wertvolle Buch sehr gut angenommen wird“, sagt Zehetner nur.

Über die 35 bestehenden Filialen in Österreich hinaus, mit denen Thalia ein Viertel des 730 Mio. Euro schweren Buchmarkts hält, will er in nächster Zeit nicht expandieren. Neugestaltungen und Lesungen sollen sie aber in Szene setzen – die Kette soll zum „größten Lesezimmer des Landes“ werden. Auch Onliner Amazon versucht sich aktuell darin, Lesezimmer aus Stein und Beton zu bauen. Still und leise eröffnete er bereits fünf Buchgeschäfte in den USA, sieben weitere sollen laut Firmenhomepage bald folgen. Kunden können in den Shops mittels App die gewünschten Bücher im Geschäft suchen und Infos wie Rezensionen, Preise und Versand abrufen. „Thalia braucht sich mit 280 Filialen im deutschen Sprachraum nicht zu verstecken“, so Zehetner – sollte Amazon mit seinem klassischen Ladenkonzept nach Europa kommen, könne es mit den zentralen Lagen und dem Kundenservice der Kette schwer konkurrieren. (loan)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.04.2017)

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