Starke Firmen, schwacher Standort

Manufacture Of Mercedes Benz AG G-Class Automobiles
Manufacture Of Mercedes Benz AG G-Class Automobiles(c) Bloomberg (Akos Stiller)
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Heimische Unternehmen haben in Europa eine hohe Bedeutung als Investoren. Als Ziel ausländischer Investitionen ist Österreich jedoch kaum attraktiv, so eine Studie von EY.

Wien. Standort-Rankings sind oft nur schwer greifbar. Zwar werden dabei die Länder in Kategorien wie Steuerbelastung, Bürokratie oder Unternehmerfreundlichkeit von Managern und anderen Experten bewertet. Welche Bedeutung das in der Realität hat, lässt sich meist aber nicht sagen. Anders sieht das bei der „Attractiveness Survey“ der Unternehmensberatung EY aus. Hierbei wird einfach gezählt. Wie viele Investitionen haben österreichische Firmen im Ausland getätigt? Und wie viele Investitionen wurden von ausländischen Firmen in Österreich durchgeführt?

Das Ergebnis zeigt dabei einen deutlichen Überhang bei den österreichischen Investitionen im Ausland. Während heimische Firmen im Vorjahr 140 Projekte im restlichen Europa durchführten und damit 6138 Jobs schufen, verwirklichten ausländische Investoren hierzulande lediglich 49 Projekte mit 4759 Arbeitsplätzen. Und die Zahl der Jobs hing dabei vor allem von einer Großinvestition bei Magna Steyr in Graz ab, die rund 3000 neue Stellen brachte. 2015 schufen ähnlich viele Projekte in Österreich nämlich nur knapp 1400 Jobs. Österreich ist somit in Summe der elftwichtigste Investor in Europa. Bei der Attraktivität des Standortes liegt das Land jedoch nur an 21. Stelle.

Bekannte Hindernisse

„Wir haben gute Unternehmen und gute Unternehmer in Österreich. Allerdings finden sie im eigenen Land nicht das richtige Umfeld“, sagt Helmut Maukner von EY zur „Presse“. Gerade als kleine Volkswirtschaft müsste sich das Land eigentlich „doppelt so stark“ anstrengen. „In Wirklichkeit geschieht jedoch das Gegenteil.“ Österreich sei ein Hochsteuerland, habe ein sehr hohes Maß an Bürokratie, das oft zur Überregulierung tendiert, und strahle gegenüber ausländischen Investoren oft auch das Bild der fehlenden politischen Verlässlichkeit aus, zitiert er jenes Urteil, das in den in ihrer Auswirkung oft nicht greifbaren Standortrankings des World Economic Forum oder des Schweizer Instituts IMD Österreich regelmäßig ausgestellt wird.

Ein Urteil, das von den von EY erhobenen realen Investitionszahlen bestätigt wird. Das zeigt etwa auch der Vergleich mit Deutschland. So wurden in Österreichs wichtigstem Handelspartner im Vorjahr 1063 Investitionsprojekte umgesetzt. Setzt man den üblichen Faktor eins zu zehn an, liegt Österreich mit den 49 angelockten Projekten gerade einmal bei der Hälfte der Investitionen.

Und selbst das bilaterale Bild bringt ein überraschendes Ergebnis. Denn österreichische Unternehmen investierten 2016 in 51 Projekten in Deutschland, während deutsche Firmen in Österreich lediglich 18 Investitionsprojekte vollzogen haben. Dass die Zahl der geschaffenen Jobs dabei mit je rund hundert etwa gleich groß war, ist nur ein schwacher Trost. Angesichts der Größe der Volkswirtschaften sollte es hier Potenzial für wesentlich mehr deutsche Investitionen in Österreich geben.

Bayern ist freundlicher

Die starke Aktivität heimischer Firmen in Deutschland hänge natürlich auch mit der engen Verzahnung der österreichischen mit der deutschen Wirtschaft zusammen, so Maukner weiter. Dennoch gebe es immer wieder auch Fälle, in denen österreichische Firmen neue Betriebsstätten aus standortpolitischen Überlegungen über der Grenze in Bayern oder Baden-Württemberg errichteten; einfach nur, weil das Umfeld dort unternehmensfreundlicher ist.

Im Gegenzug würden potenzielle Investoren durch die Situation in Österreich verschreckt, vor allem, wenn sie von weiter entfernt – wie etwa aus China – kommen. Solche Investoren würden nämlich sämtliche Regeln nach Punkt und Beistrich erfüllen wollen. Zu viel Bürokratie, beispielsweise beim Arbeitsrecht, sei dann ein Investitionshindernis. „Für Österreicher ist es okay, hier in einem Graubereich zu leben. Andere wollen das nicht“, sagt Maukner.

Zudem würden innenpolitisch motivierte öffentliche Diskussionen – etwa über eine Abschaffung der Gruppenbesteuerung – verunsichern. „Es gibt immer wieder ausländische Unternehmen, die sich den Standort sehr genau ansehen und dann in einer Gesamtbewertung zu dem Schluss kommen, dass es attraktivere Orte gibt. Nur mit hoher Lebensqualität kann man da nicht punkten.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2017)

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