Nikis Zukunft entscheidet Air Berlin

File photo of Air Berlin technician opening cover of jet engine of Air Berlin plane
File photo of Air Berlin technician opening cover of jet engine of Air Berlin plane(c) REUTERS (THOMAS PETER)
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Die Fusion der österreichischen Fluglinie mit TUIfly ist geplatzt. Der arabische Großaktionär Etihad will sich offenbar ganz zurückziehen. Wird die AUA-Mutter Lufthansa zum Retter?

Wien/Frankfurt. Es wäre zu schön gewesen: Weg von der insolvenzgefährdeten Mutter Air Berlin und Fusion mit TUIfly zu einer großen europäischen Ferienfluggesellschaft. Das hätte der österreichischen Airline Niki, die vom finanziellen Absturz der Deutschen mitgerissen zu werden drohte, neuen Auftrieb gegeben. Jetzt ist alles anders – und die Zukunft von Niki, die bis zuletzt profitabel war, ungewiss. Der Reisekonzern TUI und der Air-Berlin-Großaktionär Etihad haben die Verhandlungen abgebrochen, teilten sie am Donnerstag mit.

Niki stehe nicht mehr für den Bund zur Verfügung, teilte TUI mit, ohne auf Details einzugehen. In einem Brief an die Mitarbeiter, aus dem die Agentur Reuters zitierte, wurde TUI-Vorstand Sebastian Ebel deutlicher: Die staatliche Airline aus Abu Dhabi habe die Gespräche abgebrochen, weil sie nun offenbar eine Perspektive für Air Berlin und Niki unter einem Dach verfolge. „Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass Etihad mit Blick auf seine Investments in Europa neue Pläne verfolgt.“

Das Platzen des im Oktober 2016 bekannt gegebenen Airline-Verbunds, der von der TUIfly-Belegschaft abgelehnt wurde und dessen Gelingen von den EU-Kartellbehörden abhing, bedeutet eine komplette Kehrtwendung in den Sanierungsplänen für die schwer angeschlagene Air Berlin. Die Araber, die 29 Prozent an der Air Berlin halten und die Airline bisher mit geschätzt einer Mrd. Euro in der Luft gehalten haben, halten sich offiziell bedeckt. Viel spricht dafür, dass Etihad aussteigt und die Beteiligung samt Niki verkauft, zumal auch das zweite europäische Engagement – bei der insolventen Alitalia – nicht gerade von Erfolg gekrönt war.

Vielleicht ist es kein Zufall, dass Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann, der übrigens von der Lufthansa kommt, just gestern, Donnerstag, in einem „Zeit“-Interview betonte, „wir müssen 2017 einen Partner finden, und die Lufthansa ist einer von einigen möglichen“.

In der Tat könnte der Retter der große Rivale sein. Lufthansa-Boss Carsten Spohr soll einen fertigen Plan für eine Übernahme in der Schublade haben, er soll auch bereits Fragen des Kartellrechts – die einzige wirkliche Hürde neben den Schulden – ausgelotet haben. Die könnten über den Kniff eines Leasingkonstrukts gelöst werden – das wurde schon angewendet, als die Lufthansa 38 Air-Berlin-Flugzeuge samt Crews übernahm (fünf gingen an die AUA).

Wichtige Slots

Was interessiert die Lufthansa, die auch schon für den Fall einer Air-Berlin-Pleite gerüstet sein soll, an einer Airline, die zehn Jahre in Folge Verluste macht? Die durchaus moderne Flotte und vor allem die Slots (Start- und Landerechte) in Deutschland und vielen europäischen Ferienzielen. Diese Assets würden – gepaart mit der Niki – perfekt zur Eurowings passen. Spohr will die Lufthansa-Tochter zur Nummer eins in der Billig-Branche machen – ein angesichts der Vormachtstellung der Ryanair recht ambitioniertes Vorhaben.

Aber noch ist es nicht so weit und sind viele Fragen offen: So etwa, was mit jenen 300 Mio. Euro passiert, die Etihad der Air Berlin für die Übernahme von Niki schon überwiesen hat. Der Preis erschien sehr hoch, da die gesamte Air Berlin an der Börse weniger als ein Viertel wert war. Vor einigen Jahren verkaufte sie schon ihr Vielfliegerprogramm Topbonus an Etihad, auch zu einem sehr hohen Preis. Das Geld brauchen die Deutschen dringend zum Überleben. Laut „Welt“ hat die Air Berlin bei den Landesregierungen von Berlin und Nordrhein-Westfalen eine Anfrage auf Prüfung eines Bürgschaftsantrags gestellt.

Völlig unsicher ist, was mit Niki passiert: Betriebsratschef Stefan Tankovits in einer ersten Reaktion zur „Presse“: „Wir haben unser Geschäft schon auf das Joint Venture ausgerichtet und mit der Geschäftsführung Vereinbarungen für die Niki-Mitarbeiter ausverhandelt. Jetzt wissen wir nicht, wie es weitergeht.“ Inzwischen hat Niki mit Oliver Lackmann wieder einen neuen Geschäftsführer – den sechsten seit 2015.

Auch für die Passagiere heißt es Nerven bewahren. Die Krise bei Air Berlin schlägt sich in Flugausfällen und massiven Verspätungen nieder. Das dürfte sich so bald nicht ändern. Reisende sollten sich genau informieren, möglicherweise haben sie Anspruch auf Ausgleichsleistungen bis zu 600 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.06.2017)

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