Das Kapital-Verbrechen

(c) APA (Barabara Gindl)
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Die Hypo-Rettung wird noch viele Milliarden kosten – und dafür wollen wir Zahler von den politischen Tätern nicht auch noch verhöhnt werden.

Die viel gefeierte Rettung der Hypo Alpe Adria ist natürlich noch keine: Jetzt ist einmal sichergestellt, dass das Institut eine Bilanz 2009 legen kann. Wie es dann weitergeht, wird man sehen. Festzustehen scheint, dass am Ende des Tages die österreichischen Steuerzahler wohl um vier, fünf Milliarden Euro ärmer sein werden. Mindestens.

Angesichts dieser Misere packt einen als unfreiwilligen Mitzahler die blanke Wut, wenn man die abgrundtief dummdreisten Sager der Kärntner BZÖ-Bankrotteure samt deren VP-Komplizen Martinz („erfolgreicher Abwehrkampf gegen Wien“) oder die arrogant-dreisten des rechtskräftig wegen Bilanzfälschung verurteilten früheren Hypo-Chefs Kulterer („Bankgeschäft ist halt Risiko“) hört.

Um die mäßig talentierten Kärntner Politikerdarsteller wird sich jetzt hoffentlich der Bund kümmern. Das wird ja wohl den Anstoß für eine Föderalismusreform geben. Denn dass außer Rand und Band geratene Amateure aus der Regionalliga mit blödsinnigen Haftungsübernahmen einen ganzen Staat an den Rand des Bankrotts bringen können, das darf nicht mehr passieren.

Wenn die Regierung das lustige Treiben jetzt per Verfassungsgesetz begrenzen will, dann sollte sie das schnell tun. Und gleich noch die Möglichkeit mitschaffen, bei Gefahr im Verzug – und die ist in Kärnten ja wohl gegeben – die Landesregierung zum Teufel jagen zu können. „Wenn jemand das Neunfache seines Jahreseinkommens an Haftungen übernimmt“, hat WKÖ-Präsident Christoph Leitl im Gespräch mit der „Presse“ zu den abenteuerlichen Haftungsübernahmen des Landes Kärnten gesagt, „dann sollte er sich möglichst schnell bei der nächsten Klapsmühle anmelden.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.

Etwas näher sollte man freilich auch auf die Wortmeldung des Herrn Kulterer aus dem fernen London eingehen. Bankgeschäft hat zwar tatsächlich sehr viel mit Risiko zu tun, ja ist ohne Risikoübernahmen gar nicht denkbar. (Und Risken können auch schlagend werden.)

Bei der Hypo hat aber vieles mit normalen Bankrisken nichts mehr gemein. Die Bank ist bei ihrem schnellen Wachstum sozusagen zur Hausbank der Balkanmafia geworden. So sehen viele Geschäfte und deren Ergebnisse auch aus. Eine Reihe der früheren Hypo-Geschäftspartner aus Südosteuropa sitzt ein. Am Balkan halten sich hartnäckige Gerüchte, dass es im Umfeld von Immobiliendeals zu sehr unschönen Dingen (etwa bei der Erzeugung von freundlicher Stimmung bei politischen Entscheidungsträgern) gekommen sein könnte.

Viele Leasingautos und mehrere hundert Leasingjachten sind „verschwunden“. Präziser gesagt: die dazugehörenden Verträge. Da geht es nicht um Peanuts: Bei einer Jachtfinanzierung ist man schneller im siebenstelligen Bereich, als man „Hypo“ sagen kann. Das deutet entweder auf einen organisatorischen Sauhaufen hin – oder auf Dinge, für die sich der Staatsanwalt stärker interessieren sollte.

Das alles ist nicht in den vergangenen drei Jahren passiert, sondern in der Ära Kulterer, in der das Land Kärnten Haupteigentümer der Bank und Jörg Haider deren Mastermind war. Sich jetzt auf die Finanzkrise oder die (auch nicht gerade toll agierende) BayernLB auszureden, greift da zu kurz.

Der „Treiber“ kann nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden, weil er sich im Vorjahr im Vollrausch selbst aus dem Spiel genommen hat. Aber den Rest der Truppe wird sich die Staatsanwaltschaft jetzt hoffentlich ganz genau anschauen. Denn gegen die Schadenssumme, die hier für den Steuerzahler entsteht, sieht die Bawag-Affäre (die für die Steuerzahler übrigens glimpflich ausgegangen ist) wie das Werk von blutigen Anfängern aus.

Aus Sicht der Zahler – und das sind wir alle – ist hier ein aufklärungswürdiges Kapital-Verbrechen (für ironiefreie Anwälte: nicht zu verwechseln mit „Kapitalverbrechen“, zumindest, solange die Unschuldsvermutung gilt) passiert. Das wollen wir bis auf den Grund geklärt haben. Die vom Innenministerium eingesetzte „Soko Hypo Alpe Adria“ ist da ein guter Anfang. Und noch eine Bitte nach Klagenfurt: Wir finden es unappetitlich, als Opfer von den politischen Tätern auch noch verhöhnt zu werden.


josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.12.2009)

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