Saudis verbünden sich mit Moskau

Historischer Besuch: Der 81-jährige Salman bei Putin, der morgen 65 wird.
Historischer Besuch: Der 81-jährige Salman bei Putin, der morgen 65 wird.(c) imago/ITAR-TASS (Mikhail Metzel)
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Zum ersten Mal ist ein saudischer König auf Staatsbesuch im Kreml. Er hat allen Grund dazu. Vor allem wollen beide Staaten zeigen, dass sie für eine Intervention auf dem Ölmarkt bereitstehen.

Moskau/Wien. Ausnahmslose alle Fünfsternehotels nahe dem Kreml sind dieser Tage in den Händen der Scheichs. An die 1000 Begleiter nämlich hatte Salman bin Abdelaziz al-Saud im Tross, als er Mitte der Woche als erster saudiarabischer König zu einem Staatsbesuch nach Moskau aufgebrochen war. Von einem „signifikanten Ereignis“ sprach denn auch Kreml-Chef Wladimir Putin am Donnerstag: Er sei überzeugt, dass der Besuch ein guter Anstoß zur Entwicklung der bilateralen Beziehungen werde.

In der Tat waren sie das ganze 20. Jahrhundert über bis vor Kurzem alles andere als gut. Als Verbündeter der USA hat Riad die im Nahen Osten schon damals umtriebige Sowjetunion mit Argusaugen betrachtet und ihr dann in den 1980er-Jahren durch das preisvernichtende Aufdrehen des Ölhahns den wirtschaftlichen Todesstoß versetzt. Zuletzt kollidierten Russen und Saudis in Syrien, wo Riad die Aufständischen bis zu ihrer Niederlage unterstützte.

Probleme verbinden

Aber je mehr die Politik die beiden Mächte trennt, umso mehr werden sie nun durch ein gemeinsames Problem verbunden: die instabile Preissituation beim Öl. Der Preisverfall seit Sommer 2014 hat beide Staaten, die fast ein Viertel der globalen Förderung decken, in eine Wirtschaftskrise gestürzt, die sich erst jetzt abzuschwächen beginnt. Das Moskauer Treffen versteht sich daher als bislang stärkste Demonstration der Entschlossenheit, so koordiniert und gut wie möglich auf den Ölpreis einzuwirken.

Nicht einmal ein Jahr ist es her, dass sich der wichtigste Opec-Staat, Saudiarabien, und das Nicht-Opec-Mitglied Russland zum ersten Mal auf eine Drosselung der Förderung einigen konnten und die restlichen Opec-Staaten und ein knappes Dutzend Nicht-Opec-Staaten zum Mitmachen animierten. Die neue Allianz, die seither als Opec+ firmiert, könnte diese Einigung Ende März bei Bedarf um mindestens neun Monate verlängern, sagte Putin bereits am Mittwoch.

Russland greift damit einen Gedanken auf, den die Saudis und andere bereits vor Wochen ähnlich geäußert haben. Tatsächlich steht die Frage im Raum, ob der Preis, der sich seit 2014 halbiert hat, bereits stabilisiert ist oder abermals durch eine Ausweitung der US-Förderung gedrückt werden wird. Letzteres sei der Fall, zumal sowohl die Opec-Staaten als auch die USA im September die Ölexporte gesteigert hätten, schrieben die Rohstoffanalysten der Commerzbank gestern und nannten Putins Aussage einen „Verzweiflungsakt“, „weil die gewünschte Bereinigung des Ölmarktes von den Überschüssen bei Weitem noch nicht erreicht ist.“ Und weiter: „Die Opec und Russland wollen weiterhin nicht einsehen, dass ihre Strategie einer künstlichen Verknappung zum Scheitern verurteilt ist und vor allem der US-Schieferölindustrie nutzt, die ihre Produktion auf deren Kosten ausweitet.“

Moskau als Moderator

Das Problem bleibt vorerst also bestehen und wird nur insofern verringert, als die Nachfrageprognosen nach oben korrigiert wurden.

Derweil jedoch festigen Moskau und Riad ihre noch zarten Bande, um das Vertrauen zu stärken. Das Verhältnis könnte zu einer strategischen Partnerschaft führen, meinen Beobachter. Noch ist etwa der Handelsaustausch nicht der Rede wert, obwohl er im ersten Halbjahr um 30 Prozent (auf mickrige 430 Mio. Dollar) gestiegen ist. Nun soll ein gemeinsamer Energie- und Technologiefonds von je einer Mrd. Dollar für Investitionen in Russland aufgelegt werden. Russland soll im Gegenzug am saudischen Reformvorhaben Vision 2030 teilnehmen. Ob es auch zu den von den Russen erhofften Waffenlieferungen kommt, war zu Redaktionsschluss nicht bekannt.

Aber auch ohne Waffendeal demonstriert der Besuch, dass Moskau auch von den Saudis als neue Macht im Nahen Osten respektiert wird. Das Kalkül und die Hoffnung der Saudis sind schnell umrissen: Moskau möge gewährleisten, dass der mit ihm verbündete Iran in Syrien nicht zu viel Macht gewinne.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.10.2017)

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