Air Berlin: Time to Say Goodbye

Die rot-weißen Flugzeuge fliegen nun nicht mehr.
Die rot-weißen Flugzeuge fliegen nun nicht mehr.APA/Ralf Hirschberger
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Am Freitag war der letzte Tag für Air Berlin. Für die 8000 Mitarbeiter war es ein schwarzer Tag. Da half es auch nicht, dass der Air-Berlin-Sanierer Optimismus versprühte und versprach, 80 Prozent der Jobs zu retten.

Wien. Das war's dann wohl. Am Freitag stand der letzte Flug der Air Berlin von München nach Berlin auf dem Flugplan. Damit gehen fast 39 Jahre Luftfahrtgeschichte mit viel Wehmut zu Ende. Im April 1979 hob die Air Berlin das erste Mal mit einer Boeing 707 in Berlin ab, um nach Mallorca zu fliegen. Tausende weitere Flügen sollten folgen.

Doch vorbei: Dem Unternehmen wurde seine allzu schnelle Expansion zum Verhängnis. Schlussendlich konnte sich die Air Berlin im harten Konkurrenzkampf, mit Billigfliegern auf der einen und Premium-Airlines auf der anderen Seite, nicht mehr behaupten. Berlins Bürgermeister, Michael Müller, ist betroffen: „Es ist ein tiefer Einschnitt“, sagte er. Die Airline sei auf der ganzen Welt ein sympathischer Botschafter Berlins gewesen. Am einschneidendsten ist die Insolvenz der Fluglinie aber für die rund 8000 Mitarbeiter, die bisher für die Air Berlin gearbeitet haben. Die meisten wissen noch nicht, wie ihre berufliche Zukunft aussehen soll. Es ist kein Zufall, dass sich Frank Kebekus, der Generalbevollmächtigte im laufenden Insolvenzverfahren, ausgerechnet am Tag des letzten Air-Berlin-Flugs zuversichtlich gibt: „Wir gehen davon aus, dass wir 70 bis 80 Prozent der Arbeitsplätze überleiten können“, sagte er.

Warten auf Easyjet und Condor

Einen Großteil der bisherigen Air-Berlin-Maschinen will AUA-Mutter Lufthansa übernehmen, genauso wie die österreichische Air-Berlin-Tochter Niki. Das bedeutet, dass voraussichtlich 1700 Air-Berlinern Arbeitslosigkeit erspart bleiben wird.

Weitere 3000 Mitarbeiter sollen bei der Lufthansa-Tochter Eurowings unterkommen, heißt es. Entscheidend für die gekündigten Mitarbeiter ist auch, wie sich die Verkaufsverhandlungen der Air Berlin mit Easyjet und Condor weiterentwickeln. Auch hier versprüht Kebekus Optimismus. Es gebe gute Aussichten, betonte er. „Wir verhandeln ja noch mit einem zweiten und dritten Interessenten. Ich gehe davon aus, dass wir hoffentlich innerhalb der nächsten Tage Vollzug melden können“, sagte er. Ist das der Fall, würde das vielleicht dazu führen, „dass wir weitere 1000 Arbeitsplätze anbieten könnten“.

Und auch bei der Wartungstochter Air-Berlin-Technik zeichnet sich eine Lösung ab, sagte der Sanierer: Die Berliner Logistikfirma Zeitfracht will das Unternehmen zusammen mit dem Kölner Airport-Dienstleister Nayak – und damit 300 Mitarbeiter – übernehmen. Für die 550 übrigen soll es eine Auffanggesellschaft geben. Ein Betriebsübergang aller Mitarbeiter, für den sich auch die Gewerkschaft Verdi mit Vehemenz eingesetzt hatte, sei nicht realistisch, stellte Kebekus klar.

„80 Prozent sind der größte Beschiss“

Das verärgert freilich nicht nur die Gewerkschaften. Auch Experten halten das sonnige Szenario, welches Kebekus und Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann derzeit zu zeichnen bemüht sind, für gänzlich unrealistisch. So krass wie ein Betriebsratsvertreter der insolventen Luftlinie äußerte sich bis dato jedoch noch niemand: „Die genannten 80 Prozent sind der größte Beschiss“, sagte er. „Tausenden Mitarbeitern droht die Kündigung.“ Hauptgrund ist für ihn das Versagen der Politik: Eine große Transitgesellschaft über rund 50 Mio. Euro für etwa 4000 Mitarbeiter war gescheitert, nachdem sich Bund und Länder – allen voran Bayern – nicht ausreichend an der Finanzierung beteiligen wollten. Auch die Lufthansa lehnte es ab, sich noch an der Gesellschaft zu beteiligen, die ehemalige Beschäftigte nun weiter ausbilden und neue Arbeitsplätze vermitteln soll. Lediglich für die 1200 Beschäftigten des Bodenpersonals soll es eine Auffanglösung geben, die der Berliner Senat und die Air Berlin selbst finanzieren werden.

Berlin sei bereit gewesen, Geld für eine kleine Lösung beizusteuern, sagt die Verdi-Sprecherin: „Leider muss ich sagen, dass Bayern überhaupt nicht bereit war, dafür Geld zur Verfügung zu stellen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.10.2017)

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