EMA, EBA: Zieht Österreich noch ein Los?

Finanzminister Hans Jörg Schelling hofft auf Zuschlag für EMA oder EBA
Finanzminister Hans Jörg Schelling hofft auf Zuschlag für EMA oder EBAAPA/HERBERT NEUBAUER
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Vor der Abstimmung über die EU-Agenturen EMA (Arzneimittel) und EBA (Bankenaufsicht) in Brüssel hatten sich die meisten Außen- und Europaminister in Schweigen über ihr eigenes Abstimmungsverhalten gehüllt. Österreichs Finanzminister war zuversichtlich, dass Wien zum Zug kommen werd. Es bleibt die Hoffnung auf einen Zuschlag für EBA.

Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) hatte sich Montag Vormittag vor der Abstimmung über die Verlagerung der beiden EU-Agenturen EMA (Arzneimittel) und EBA (Bankenaufsicht) optimisch gezeigt. "Ich hoffe, dass wir zumindest bei einer der Agenturen zum Zug kommen", sagte Schelling am Montag in Brüssel. Österreich habe für beide Agenturen ein sehr gutes Angebot gelegt. Bei der EBA würden sich weniger Standorte herauskristallisieren, weil es auch weniger Bewerber gebe. Hier geht es um die Frage, ob ein osteuropäisches Land, Deutschland oder Österreich vielleicht zum Zug komme. Bei der EMA gebe es dagegen so viele Kandidaten, "dass man sich das genau anschauen muss".

Im Rennen um die EU-Arzneimittelagentur EMA schieden Zagreb, Valletta und Dublin vorzeitig aus dem Rennen, denn  Kroatien, Malta und Irland zogen ihre Bewerbungen zurück.

Österreich werde zuerst für sich selbst stimmen, sagte Finanzminister Schelling. Die restlichen Punkte "werden wir sehen, wie sich das jetzt ergibt". Insgesamt sei das Abstimmungsverfahren schwierig. "Wir haben immer gesagt, wir sind für beide Agenturen gerüstet. Wir hätten auch gerne die EMA. Wir werden in beiden Bereichen versuchen, ein gutes Abstimmungsergebnis zu erreichen."

Schelling räumte ein, dass es im Vorfeld viele politische Dialoge und Diskussionen gegeben habe. "Es wird ganz davon abhängen, wie die erste Runde ausgeht." Deals habe es immer gegeben auf europäischer Ebene, und werde es auch in Zukunft geben. Er hoffe, dass von allen zuerst die Kompetenzen des Standorts betrachtet würden und dann die politischen Entscheidungen fallen. "Aber es ist ohne Zweifel am Ende des Tages eine politische Entscheidung." Es habe viele Anfragen im Hintergrund gegeben, wer für wen stimme.

Schelling: "Wien ist attraktiver Standort"

Einen Zusammenhang zwischen den EU-Agenturen und der Entscheidung über den nächsten Eurogruppenchef, für den Schelling die Unterstützung der EVP genießt, sieht Schelling nicht. "Ich glaube, es hat überhaupt keine Bedeutung." Bisher habe man gesagt, die EBA sollte außerhalb eines Eurolandes sein, doch werde sich das mittelfristig anders entwickeln, weil die Diskussion über die Bankenunion fortlaufe. "Wien ist ein attraktiver Standort im Herzen Europas."

Schelling sagte, die neuen EU-Staaten wünschten sich, dass die Entscheidung geografisch ausgewogen sei. "Das ist durchaus ein korrektes Ansinnen." Deshalb hätten sich auch viele dieser Länder wie die Slowakei und Tschechien beworben. "Wir wollen ja ein zusammenwachsendes Europa und nicht ein auseinanderdriftendes Europa." Ob die Bewerber auch die Fortsetzung der Geschäftstätigkeit der EU-Agenturen gewährleisten, sei dann zu beurteilen, "Österreich kann das jedenfalls". Wenn man sich die Entwicklungen wie in Tschechien anschaue, sehe man, dass das Land stark aufgeholt habe und Tschechien heute ein zentraleuropäisches Land sei. "Und bei allen anderen wird die Frage zu diskutieren sein."

Für die EMA lagen ursprünglich 19 Bewerbungen vor, nämlich Wien (Österreich), Amsterdam (Niederlande), Athen (Griechenland), Barcelona (Spanien), Bonn (Deutschland), Bratislava (Slowakei), Brüssel (Belgien), Bukarest (Rumänien), Kopenhagen (Dänemark), Dublin (Irland), Helsinki (Finnland), Lille (Frankreich), Mailand (Italien), Porto (Portugal), Sofia (Bulgarien), Stockholm (Schweden), Valletta (Malta), Warschau (Polen) und Zagreb (Kroatien). Für die EBA gab es acht Bewerbungen, dies sind Wien, Brüssel, Dublin, Frankfurt/Main (Deutschland), Paris (Frankreich), Prag (Tschechien), Luxemburg und Warschau. Ein Land kann nur eine der beiden Agenturen erhalten.

Mailand und Amsterdam rittern um EMA

Die Abstimmung über die EU-Agenturen EMA  und EBA hat am Nachmittag begonnen. Zuerst wird über die EMA abgestimmt, dann über die EBA. Es stimmen die 27 EU-Staaten ohne Großbritannien ab. In beiden Fällen gibt es eine geheime Abstimmung mit jeweils bis zu drei Wahlgängen.

Wie Diplomaten berichteten, lag Mailand nach der ersten Runde vor Amsterdam und Kopenhagen in Führung. Wien war demnach aus dem Rennen wie der Viertplatzierte Bratislava.

In Runde zwei setzte sich Mailand vor Amsterdam durch, allerdings nicht ausreichend, weshalb eine dritte Runde notwenig ist.

Laut Diplomaten erhielt Mailand in der ersten Runde bereits 25 Punkte, gefolgt von Amsterdam und Kopenhagen mit jeweils 20 Punkten. Mit fast 900 Mitarbeitern zählt die EMA zu den größten EU-Agenturen. Wien erhielt dem Vernehmen nach nur vier Punkte.

In der ersten Runde hatten die Staaten insgesamt sechs Punkte zu vergeben, drei für das bevorzugte Angebot, zwei für das zweitbeste und einen für das drittbeste. Erhält ein Angebot von 14 Staaten (einfache Mehrheit) jeweils drei Punkte, bekommt es den Zuschlag. Ist dies nicht der Fall, kommen die drei Bestplatzierten - oder mehr bei Punktegleichstand - in die zweite Runde.

Im zweiten Wahlgang haben die EU-Staaten nur noch einen Punkt für das bevorzugte Angebot ihrer Wahl zu vergeben. Erhält eine Bewerbung mindestens 14 Punkte, bekommt sie den Zuschlag. Ist dies nicht der Fall, gehen die beiden Bestplatzierten - oder bei Punktegleichstand mehr - in die dritte Runde. Jedes Land hat wieder einen Punkt zu vergeben. Es gewinnt der Bewerber mit den meisten Punkten, bei Punktegleichstand lässt die estnische EU-Ratspräsidentschaft das Los entscheiden. Die Abstimmung ist geheim, veröffentlicht sollen nur die Gewinner werden, aber keine Punkte und Zwischenstände. Die Stimmzettel sollen nach der Abstimmung vernichtet werden.

(APA)

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