Mitterlehner: "Höhere Mineralölsteuer diskutieren"

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner:
Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner: "Höhere Mineralölsteuer diskutieren"(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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Der Tanktourismus belastet die CO2-Bilanz, sagt Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) im "Presse"-Interview. Daher stelle sich die Frage, ob die Mineralölsteuer auf deutsches Niveau angehoben werden soll.

"Die Presse": Vor Kurzem ist der Klimagipfel in Kopenhagen mit einem kaum nennenswerten Ergebnis zu Ende gegangen. Danach haben Sie gemeint, dass erneuerbare Energieträger exklusive Wasserkraft zum Klimaschutz ohnehin kaum etwas beitragen können. Gibt es derzeit eine negative Einstellung in der Politik zu erneuerbarer Energie und Klimaschutz?


Reinhold Mitterlehner: Keineswegs. Es gibt eine ausgesprochen positive Einstellung zu erneuerbarer Energie. Sie unterstützt uns stark bei der Erreichung der Klimaschutzziele. Nur sollte man den Anteil, der über die Wasserkraft hinausgeht, nicht überschätzen. Dort sind die Produktionskosten relativ teuer und noch weit vom Marktpreis entfernt. Am Gesamtenergieverbrauch wird der geförderte Ökostrom auch nach der jüngsten Ausweitung nur zwei Prozent betragen. Das heißt, die Klimaschutzziele müssen wir vor allem mit mehr Effizienz erreichen.

Dennoch wurden die regulierten Preise für Ökostrom unlängst angehoben. Wie passt das zusammen?

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner im Interview mit
Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner im Interview mit "Der Presse"(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)

Mitterlehner: Wir wollten attraktive Tarife vereinbaren, damit beispielsweise ein Ausbau der Windkraft auch in jenen mittleren Lagen möglich wird, die bislang nicht rentabel waren. Dennoch muss die Förderung eine Förderung der Technologie sein und nicht eine Förderung der Projektwerber. In fernerer Zukunft sollte der geförderte Bereich einmal dem Markt entsprechen.

Wann könnte das sein?

Mitterlehner: Das hängt von der Wirtschaftsentwicklung und somit der Preisentwicklung bei der fossilen Energie ab. Jetzt sind die Preise natürlich im Keller, weshalb es für die Alternativen schwierig ist, marktfähig zu werden. Aber die Marktfähigkeit ist das Ziel, das man nicht aus den Augen verlieren darf. Im Zuge der Diskussionen um das Ökostromgesetz ist etwa der Irrtum entstanden, dass die beste Investition jene in die Fotovoltaik wäre. Und das kann ich beim derzeitigen Stand der Technik nicht nachvollziehen. So liegen die Vermeidungskosten für eine Tonne CO2 bei der Fotovoltaik bei 1300 Euro. Der Marktwert (von CO2-Zertifikaten, Anm.) liegt bei zehn bis 15 Euro.


Warum fördert man Fotovoltaik dann überhaupt?

Mitterlehner: Es gibt die Hoffnung, dass durch die Förderung technologische Fortschritte erreicht werden. Wenn die Konditionen im Förderbereich allerdings zu gut sind - wie in Deutschland -, dann ist der Druck für vermehrte Forschung und Entwicklung zu gering. Technologisch hat es in den jüngsten acht bis zehn Jahren kaum eine Bewegung gegeben.


Die Förderung von Ökostrom ist ja nur ein Teil der gesamten Energie-Klimaschutz-Thematik. Zusätzlich geht es auch um Effizienz oder Versorgungssicherheit. Sie und der Umweltminister arbeiten zur Zeit an einer nationalen Energiestrategie. Welche konkreten Maßnahmen werden darin enthalten sein?

Mitterlehner: Die Strategie wird rund 100 Maßnahmen beinhalten. Diese sind von ihren Kosten und ihrem Nutzen hinsichtlich der Klimaziele bewertet. So geht es um Anreize für thermische Sanierung oder für die Kommunen, damit Ortsbeleuchtungen großflächig erneuert werden. Auch steuerliche Maßnahmen sind enthalten. Ein ganz konkretes Problem ist ja beispielsweise der Tanktourismus. Wir haben acht Millionen Tonnen CO2, die uns durch Tanktourismus zugerechnet werden. Und da muss der Finanzminister entscheiden, ob er ein steuerliches Gleichziehen mit den Nachbarländern will. Das wäre sicherlich mit Einnahmenausfällen verbunden, würde aber zu einer Verbesserung der CO2-Bilanz führen.


Man könnte die zusätzlichen Einnahmen aus der Mineralölsteuer auch für Klimaschutzmaßnahmen nutzen.

Mitterlehner: Man könnte auch Zertifikate kaufen, das ist richtig. Diese Auseinandersetzung werden wir zu führen haben. Die Vorlage der Energiestrategie ist ja nicht das Ende der Diskussion, sondern der Beginn.


Würden Sie eine Anhebung der Mineralölsteuer auf deutsches Niveau für sinnvoll erachten? (In Deutschland macht die Steuer je Liter Benzin 21,2 Cent mehr und je Liter Diesel 12,3 Cent mehr aus.)


Mitterlehner:
Ohne dem Konzept vorgreifen zu wollen - das ist eine Frage, die sich stellt. Man muss das jedoch im gesamten Kontext mit dem Finanzminister diskutieren. Aber es wird in Richtung Auto etwas passieren müssen.

Die E-Control hat bereits vor rund zwei Jahren das „Grünbuch Energieeffizienz" erstellt. Seither liegt es in einer Schublade im Ministerium. Warum soll es jetzt anders sein?

Mitterlehner: Ein Papier realisiert sich nicht von selbst. Es benötigt den Willen von allen betroffenen Parteien. Und in den jetzigen Prozess rund um die Energiestrategie wurden Vertreter von Ländern, NGOs oder Sozialpartnern eingebunden. Und da 2020 kontrolliert wird, was man erreicht hat, wird sich die Bundesregierung zu Maßnahmen durchringen müssen.


Hat man mit der Krise nicht eine Chance vertan? Ökonomen - unter anderem vom Wifo - haben mehrfach kritisiert, dass die Konjunkturprogramme zu wenig in Richtung „grüne" Investitionen gezielt haben.

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner im Interview mit
Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner im Interview mit "Presse"-Redakteuer Jakob Zirm(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)

Mitterlehner: Man kann immer über die Dosierung streiten. Aber von der Grundausrichtung ist ein Teil durchaus in Richtung Ökologisierung gegangen. Beispielsweise gab es finanzielle Anreize zur thermischen Sanierung und in der Forschung Weichenstellungen vom klassischen Auto hin zur E-Mobilität. Dass die Größenordnung möglicherweise hätte ausgeweitet werden können, möchte ich nicht abstreiten. Aber das ist eine Frage der Finanzierbarkeit.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30. Jänner 2010)

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