Riesen-Lkw könnten doch nach Europa kommen

(c) AP (JOERG SARBACH)
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Studie: Gigaliner würden den Transport wieder auf die Straße holen und CO2-Emissionen steigern. Außerdem seien zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur nötig, vor allem Autobahnbrücken müssten verstärkt werden.

Wien (jaz). Eigentlich galt das Thema als abgehakt – im Dezember 2007 lehnte eine Mehrheit der EU-Länder die Einführung sogenannter Gigaliner (Lkw mit bis zu 60 Tonnen Gewicht) ab. Im Sommer könnten die Riesen wieder aufs politische Tapet kommen, sagt Infrastrukturministerin Doris Bures.

„Die EU-Kommission hat eine Studie zum Thema in Auftrag gegeben, die im Sommer vorliegen soll. Solche Studien sind oft der Anstoß für einen Richtlinienentwurf. Die EU-Kommission befürwortet die Gigaliner.“ Bures selbst hat zwei Studien beauftragt, die zu einem vernichtenden Ergebnis über die Gigaliner kommen. Diese präsentierte sie am Dienstagabend vor Journalisten.

„Auf den ersten Blick klingt die Einführung von Gigalinern genial“, sagt Andreas Käfer, einer der Studienautoren. Durch die Steigerung des Maximalgewichts von 40 auf 60 Tonnen braucht man nur mehr zwei statt drei Lkw, um dieselbe Menge an Waren zu transportieren. Dies bringt Einsparungen bei Personalkosten, aber auch beim Dieselverbrauch – weshalb Gigaliner von den Befürwortern häufig Ökoliner genannt werden.

„In Summe fallen die Kosten pro Tonnenkilometer um 20 Prozent“, sagt Käfer. Wird der Straßentransport so viel billiger, würden laut Studie um 74 Prozent weniger Waren auf Schiene transportiert. Die CO2-Emissionen würden pro Jahr um 200.000 Tonnen steigen, etwa 0,2 Prozent des jährlichen Kohlendioxidausstoßes in Österreich.

Außerdem seien zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur nötig. Vor allem Autobahnbrücken müssten verstärkt werden, um die zusätzliche Last auszuhalten, so die zweite Studie. Auch Autobahnparkplätze müssten vergrößert und zusätzliche Leitschienen gebaut werden. Insgesamt würde das Kosten von mindestens 5,4 Mrd. Euro verursachen.

Umstrittener Investitionsbedarf

Der zusätzliche Investitionsbedarf wird in früheren Studien allerdings anders gesehen. Demnach mache es keinen Unterschied, ob zwei 60-Tonner oder drei 40-Tonner über eine Brücke fahren, da sich die Last bei Gigalinern auch auf mehr Achsen verteile.

Auf EU-Ebene befürworten vor allem die Skandinavier die Gigaliner – in Schweden und Finnland sind sie seit Jahren Realität auf den Straßen. Inzwischen gibt es auch in Deutschland, Dänemark oder den Niederlanden Pilotversuche. Bures erhält in ihrer Ablehnung Unterstützung von unerwarteter Seite. „Wir sind ganz klar gegen Gigaliner“, sagt Wolfgang Herzer, Obmann des Fachverbands der Transporteure. „Das österreichische Straßennetz ist dafür nicht ausgelegt.“

Dass sich der Preis für die Transporte verringere, sei kein Argument. „Diesen Kostenvorteil bekommt nur der Auftraggeber.“ Ein Grund für die Ablehnung der heimischen Frächter dürfte auch sein, dass es in den Nachbarländern mehr größere Transportfirmen gibt, die sich die neuen Riesen-Lkw leichter leisten könnten. Dadurch würde der Preisdruck auf die kleinteilige heimische Transportwirtschaft steigen. Trotz aller Ablehnung erwartet Herzer, dass hierzulande künftig Gigaliner unterwegs sein werden. „EU-weit wird das nicht aufzuhalten sein.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.03.2010)

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