Erzpreise explodieren - Stahlindustrie kocht

Rohstoffe Erzpreise explodieren Stahlindustrie
Rohstoffe Erzpreise explodieren Stahlindustrie(c) Www.BilderBox.com
  • Drucken

Die Voest wird die Stahlpreise erhöhen, die Verteuerung kann aber mit den Erzkosten nicht mithalten.

Wien/Duisburg (APA/eid). Die Stahlindustrie, die von der Wirtschaftskrise besonders betroffen war, fürchtet weltweit um die Nachhaltigkeit des langsam einsetzenden Aufschwungs. Der Grund: Die drei Erzriesen BHP Billiton, Rio Tinto und Vale setzen der Stahlindustrie mit einer kräftigen Erhöhung der Eisenerzpreise die Daumenschrauben an.

Die brasilianische Vale hat vor wenigen Tagen bei Nippon Steel und Posco eine 90-prozentige Preissteigerung durchgesetzt. Gleichzeitig haben alle drei Erzförderer mit der 40-jährigen Tradition von Einjahresverträgen gebrochen und auf Quartallaufzeiten umgestellt. Schon Anfang März hat das Trio die Preise für Kokskohle, einem weiteren wichtigen Rohstoff für die Stahlerzeugung, um 60 Prozent erhöht.

Die Voestalpine bezieht zwar nur zehn Prozent ihres Erzbedarfs von der Vale (ein gutes Viertel kommt vom Erzberg, ein weiteres Drittel aus Osteuropa), in Linz stehen die Zeichen dennoch auf Sturm. Denn in Europa laufen gerade Preisverhandlungen. „Die Abschlüsse in Asien sind ein Signal, das heißt, auch wir gehen von einer massiven Verteuerung der Erzpreise aus“, sagt Voest-Sprecher Peter Schiefer.

Auslastung bei 80 Prozent

Voest-Chef Wolfgang Eder kündigte im Februar für das zweite Quartal Preiserhöhungen bei Stahl an. Die müsse es geben, „weil sonst unsere Margen nicht mehr stimmen“, erklärt Schiefer. So große Sprünge wie bei den Rohstoffen seien aber nicht möglich. Denn die Nachfrage ist zwar besser als vor einem Jahr, aber nach wie vor nicht auf Topniveau. Durchschnittlich dürften die europäischen Stahlwerke heuer zu 80 Prozent ausgelastet sein, nach nur 50 Prozent im Vorjahr. Verteuerungen bei Erz und dann bei Stahl wirken sich auf viele Konsumgüter aus – vom Auto bis zur Waschmaschine.

Appelle an Merkel und Barroso

In Deutschland machen die Stahlarbeiter mobil. Sollten sich die Erzkonzerne durchsetzen, stehe ein Drittel der in Summe 90.000 Arbeitsplätze auf dem Spiel, sagte der Betriebsratschef von ThyssenKrupp, Wilhelm Segerath. „Wir Arbeitnehmervertreter fordern den Stopp der Rohstoffspekulationen, die Einhaltung fairer Wettbewerbsregeln und konsequentes Vorgehen gegen Rohstoffkartelle.“ Der Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, Hans Jürgen Kerkhoff, bezifferte die zusätzliche Belastung für die deutsche Stahlindustrie auf 4,5 Mrd. Euro pro Jahr. In einer „Duisburger Appell“ genannten Erklärung fordern die ThyssenKrupp-Beschäftigten Bundeskanzlerin Angela Merkel und EU-Präsidenten José Manuel Barroso auf, sich für den Erhalt der industriellen Arbeitsplätze einzusetzen.

Der Weltstahlverband, in dem rund 180 Konzerne vertreten sind, ist auch alarmiert. „Für die Wettbewerbsbehörden besteht die dringende Notwendigkeit, den Eisenerzmarkt und das Vorgehen der drei Unternehmen zu untersuchen, die den Markt beherrschen“, forderte der Chef der World Steel Association, Ian Christmas. Vale, BHP und Rio Tinto kontrollieren 70 Prozent des Erzgeschäfts.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.04.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.