"Aufsichtsräte verdienen in Österreich zu wenig"

Aufsichtsraete verdienen oesterreich wenig
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Aufsichtsräte Österreichischer Unternehmen verdienten 2008 im Schnitt 18.700 Euro jährlich. Das bremst den Arbeitseifer, außerdem sei es schwer, geeignete Aufsichtsräte zu finden, ergab eine Studie

Wien (ju). Österreichs Aufsichtsräte sind im Vergleich zu ihren deutschen Kollegen und in Relation zu der auf ihren Schultern lastenden Verantwortung stark unterbezahlt. Zu diesem Schluss kommt eine soeben veröffentlichte, auf Basis der Geschäftsberichte 2008 erhobene Studie des Beratungsunternehmens Kienbaum. Die „immer anspruchsvoller werdende Tätigkeit“ von Aufsichtsräten komme den Unternehmen so „kaum teurer als das Tageshonorar eines qualifizierten Unternehmensberaters“, heißt es in der Studie.

18.700 Euro im Schnitt pro Jahr

Konkret verdiente ein Durchschnittsaufsichtsrat (Gesamtvergütung geteilt durch Zahl der Aufsichtsräte) in einem österreichischen Unternehmen im Jahr 2008 18.700 Euro. In Deutschland liegt der Schnitt mit 23.400 Euro zwar nicht gerade deutlich darüber, die „Spreizung“ ist dort aber höher. Von Jahresgagen von 464.000 Euro (E.On-Aufsichtsratschef Ulrich Hartmann) oder 455.000 Euro (Henkel-Oberaufseherin Simone Bagel-Trah) können hiesige Aufsichtsräte nur träumen.

Große Branchenunterschiede

Die Branchenunterschiede und Größenklassen sind aber hierzulande enorm: Während der Durchschnittsaufsichtsrat in der Nahrungsmittelbranche 9000 Euro brutto einsackt, kommen im Schnitt der Industrie immerhin 25.600 Euro zusammen. Betriebe mit weniger als 100 Mitarbeitern zahlen rund 14.300 Euro pro Aufsichtsrat und Jahr, Unternehmen mit über 5000 Beschäftigten ist ein Aufsichtsrat 29.400 Euro wert.

ATX-Unternehmen zahlen mehr

Wer in einen Aufsichtsrat gebeten wird, sollte zudem darauf achten, dass sein Unternehmen börsenotiert und die Aktie im Leitindex ATX vertreten ist. Dann kann er mit 30.900 Euro rechnen.

Allerdings: Auch innerhalb der Aufsichtsräte gibt es Differenzierungen: Aufsichtsratsvorsitzende verdienen im Schnitt 28.300 Euro und damit fast doppelt so viel wie einfache AR-Mitglieder. Stellvertreter des Vorsitzenden können mit 23.300 Euro im Jahr rechnen.

Entschädigung zu gering

Nach Ansicht der Studienautoren (Projektleitung: Maria Smid) entspricht diese Spreizung keineswegs der Verteilung der Arbeitsbelastung und der Verantwortung: Vorsitzende sollten demnach dreimal so viel verdienen wie einfache Mitglieder, Stellvertreter das Doppelte.

Unter dem Strich konzediert die Studie österreichischen Aufsichtsräten ein „Vergütungsdefizit“. Das lasse befürchten, dass das „geringe Entgelt den Mitgliedern zum Maßstab ihres persönlichen Arbeitseinsatzes wird“. Zudem erschwere die im internationalen Vergleich geringe Vergütung die „Suche nach Personen mit der erforderlichen Qualifikation und dem notwendigen Sachverstand“.

Zu viel führt zu Interessenskonflikt

Das mit dem Mandat verbundene zunehmende Haftungsrisiko (das in der Praxis freilich so gut wie nie schlagend wird, Anm.) sollte bei der Abgeltung auch nicht vergessen werden, heißt es in der Studie. Grundsätzlich plädieren die Autoren dafür, Aufsichtsräte fix, also ohne Bonussysteme, zu vergüten. Eine Vergütung, die ähnlich der von Vorständen sei, würde zu Interessenskollisionen führen.

Hinweis

Verdienen Manager, was sie verdienen? Darüber diskutieren Experten am 28. April um 18.30 Uhr im K47 in Wien. Anmeldungen sind noch bis zum 19. April möglich. Informationen erhalten Sie unter: www.kienbaum.at/event

(Die Presse, Printausgabe, 17. 04. 2010)

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