Verbot für staatliche Spekulationen in der Karibik

Verbot fuer staatliche Spekulationsgeschaefte
Verbot fuer staatliche Spekulationsgeschaefte(c) AP (JUSTIN UZZELL)
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Finanzminister Josef Pröll wird die Reform der Bundesfinanzierungsagentur präsentieren. Geschäfte mit Zweckgesellschaften in Offshore-Zentren werden künftig untersagt. Das Ministerium erhält ein Weisungsrecht.

Wien. Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) plant eine Reform der Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA), die für das Schuldenmanagement des Staates, verantwortlich ist. Die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen sollen am Dienstag vom Ministerrat fixiert werden.

ÖBFA

Die Agentur gilt als „monetäre Visitenkarte Österreichs“. Sie nimmt für den Staat an den Kapitalmärkten Geld in Form von Anleihen auf. Käufer der Staatspapiere sind meist große institutionelle Investoren wie Versicherungen, Notenbanken und Investmentfonds. Alleine heuer sind Emissionen im Gesamtvolumen von 25 bis 28 Milliarden Euro geplant.

Laut „Presse“-Informationen ist es der Agentur künftig untersagt, Geschäfte mit so genannten Sitz- oder Zweckgesellschaften in Offshore-Zentren zu machen. Damit reagiert Pröll auf die Kritik vom vergangenen Sommer, als riskante Veranlagungen der ÖBFA aufgeflogen waren.

Stresstests vorgesehen

Die Agentur hatte einen Teil des ihr zur Verfügung stehenden Geldes in Zweckgesellschaften auf den Cayman Islands investiert. Laut Rechnungshof drohen daraus Verluste von bis zu 380 Millionen Euro, mittlerweile konnte das Minus aber eingegrenzt werden. Die Regierungsparteien ÖVP und SPÖ setzten daraufhin eine Expertengruppe unter der Leitung von Stefan Pichler vom Institut für Kreditwirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien ein. Deren Vorschläge fließen nun in das Gesetz ein. „Mit dieser Reform wird unser Schuldenmanagement zu einem der modernsten der Welt, wobei der Fokus in allen Bereichen auf Risikominimierung liegt“, sagte Finanzminister Pröll der „Presse“.


Das sind die wichtigsten Reformschritte:

  • Trennung der Geschäftsbereiche
    Vorgesehen wird eine Trennung zwischen jener Stelle, die Geschäfte abwickelt, und jener, die das Risiko beurteilt.
  • Interne Revision
    Das Finanzministerium nimmt die ÖBFA enger an die Brust: Künftig soll auch die interne Revision des Finanzministeriums die Geschäfte der Agentur unter die Lupe nehmen. Der Vorstand der ÖBFA ist außerdem verpflichtet, bis zum 31. Oktober eines jeden Kalenderjahres einen Vorschlag zu unterbreiten, der grundlegende Aussagen zur Veranlagungsstruktur des Bundes und zur geplanten Mittelaufnahme des Folgejahres enthält. Auf Basis dieses Vorschlags legt das Finanzministerium die geschäftspolitische Auslegung der ÖBFA für das Folgejahr fest.
  • Weisungsrecht
    Das Finanzministerium hat gegenüber der Agentur ein Weisungsrecht.
  • Stresstests
    Unter Einbeziehung externer Experten werden sämtliche bereits bestehende Risikoprozesse überarbeitet. Die Agentur muss regelmäßig Stress- und Risikotests durchführen. Sie ist weiters verpflichtet, quartalsweise einen Risikobericht an das Finanzministerium und monatlich an den Rechnungshof sowie an den Aufsichtsrat zu senden.
  • Fremdwährungen absichern
    Die Expertengruppe hatte zum Ausstieg aus Fremdwährungspositionen geraten. Auch wenn man bisher gut verdient habe, sei das Risiko zu groß.  Laut Vorschlag von Pröll dürften Fremdwährungspositionen „künftig nur in abgesicherter Form“ eingegangen werden dürfen. Wenn der Bund etwa eine US-Dollaranleihe begibt, wird diese umgehend in Euro konvertiert. Die Altpositionen an offenen Fremdwährungen werden bis Ende 2012 eliminiert.
  • Limits bei der Veranlagung
    Umstritten war die Frage, wie viel Geld die Finanzagentur als sogenannte „Liquiditätsreserve“ aufnehmen und veranlagen darf. Der Rechnungshof hatte im Vorjahr kritisiert, dass die Agentur seit 2002 deutlich mehr Kapital an den Kapitalmärkten aufgenommen hatte als wirtschaftlich notwendig gewesen wäre. 2007 hatte die Liquiditätsreserve einen Spitzenwert von 27 Mrd. Euro erreicht. Bereits im Vorjahr wurden der Agentur hier Grenzen gesetzt. Seit damals darf die sogenannte Liquiditätsreserve bei maximal einem Drittel des jährlichen Finanzierungsrahmen des Bundes (das sind heuer 25 bis 28 Mrd. Euro) liegen. Diese Vorgabe soll beibehalten werden.
  • Vier-Augen-Prinzip
    Einzelentscheidungen eines ÖBFA-Vorstands sind nicht mehr möglich. Alle Verträge und Willenserklärungen müssen künftig mit zwei Unterschriften versehen werden.
  • Terrorismus
    Die ÖBFA und der Bereich bundesschatz.at hat sich an alle „Sorgfaltspflichten zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung“ zu halten.

(Die Presse, Printausgabe, 26. 04. 2010)

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