Leerverkäufe: Viel Kritik an Verbot

Der deutsche Alleingang beim Verbot ungedeckter Leerverkäufe sorgt am Markt für jede Menge Ärger.

Wien (ag./jaz). Mit Überraschung und Kritik reagierten Marktteilnehmer und Politiker außerhalb Deutschlands auf dessen Alleingang, ungedeckte Leerverkäufe von Eurostaatsanleihen und einiger Aktien von Finanzinstituten zu verbieten. „Wir haben monatelang über die Möglichkeit einer solchen Maßnahme gesprochen, aber ich wünschte, wir hätten die Debatte beendet, bevor Deutschland eine einseitige Entscheidung getroffen hat“, sagte etwa der luxemburgische Ministerpräsident und Vorsitzende der Eurogruppe Jean-Claude Juncker.

Das Verbot wird aber auch in seiner Wirksamkeit bezweifelt. So meinte der Präsident des Bundesverbands Deutscher Banken, Andreas Schmitz, dass der Markt sich auch künftig ein Ventil suchen wird, und entsprechende Geschäfte halt in anderen Ländern abgewickelt werden. Kritik kommt auch vom Chefökonomen der Deutschen Bank, Thomas Mayer: „Meine Einschätzung ist, dass es nicht spekulative, ungedeckte Leerverkäufe sind, die die Märkte getrieben haben, sondern die echte Sorge über die tatsächlichen Entwicklungen.“ Helfen würde gegen die Spekulationen nur die nachhaltige Sanierung der Budgets der betroffenen Länder.

„Märkte sind außer Kontrolle“

Vom deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble wird das Verbot jedoch weiterhin verteidigt. Die Märkte seien „außer Kontrolle“, sagte er in einem Interview mit der „Financial Times“. Daher sei eine effektive Regulierung notwendig, dazu gehöre auch das vorgenommene Verbot. Dabei wird untersagt, Wertpapiere leer zu veräußern, die sich nicht im Besitz des Verkäufers befinden (die Lieferung der Papiere erfolgt erst ein paar Tage nach deren Verkauf). Dadurch können fallende Kurse weiter nach unten getrieben und hohe Renditen erzielt werden. Der gedeckte Leerverkauf (die Wertpapiere werden vom Verkäufer von einem Dritten ausgeliehen) bleibt weiterhin erlaubt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.05.2010)

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