RH kritisiert Flughafen: "Chaos de luxe" bei Skylink

THEMENBILD SKYLINK BAUT�TIGKEIT WIEDERAUFGENOMMEN: SKYLINK PLAKAT
THEMENBILD SKYLINK BAUT�TIGKEIT WIEDERAUFGENOMMEN: SKYLINK PLAKAT(c) APA/ROBERT JAEGER (Robert Jaeger)
  • Drucken

Die Prüfer gehen mit dem Flughafen-Vorstand hart ins Gericht. Bei der Errichtung des „Skylink“ fehlte es an Bau-Management und Kontrolle, zudem wurden die Kosten künstlich nach unten gedrückt.

Wien. Die aus sieben Damen und Herren bestehende Prüfertruppe hat seit 23. Oktober jedes Büro durchforstet, jeden Ordner umgedreht, jedes Papier unter die Lupe genommen – und zig Kisten an Material mitgenommen. Jetzt ist der Rohbericht des Rechnungshofs (RH) zum neuen Terminal „Skylink“ des Flughafens Wien fast fertig. Morgen, Freitag, findet die Schlussbesprechung mit dem Flughafen-Vorstand statt. Die Nerven von Herbert Kaufmann, Ernest Gabmann und Gerhard Schmid liegen blank – alles andere als ein vernichtendes Urteil wird in Flughafen-Kreisen als Wunder gewertet. Dieses wird, wie Details der RH-Prüfung zeigen, die der „Presse“ exklusiv vorliegen, aber nicht geschehen.

Kosten mehr als verdoppelt

„Chaos de luxe“ bei der Planung, beim Bau-Management und vor allem der Kontrolle – was schon lange hinter vorgehaltener Hand als Grund für die Kostenexplosion und mehrfache Verschiebung der Fertigstellung kolportiert worden ist, wird jetzt vom Rechnungshof offiziell bestätigt. Skylink sollte ursprünglich 400 Millionen Euro kosten und zur Fußball-Europameisterschaft 2008 in Betrieb gehen. Jetzt ist von 830 Millionen Euro die Rede, die Inbetriebnahme ist für Mitte 2012 vorgesehen.
Die Hauptpunkte der RH-Kritik:

  • Die Wurzel des Debakels reicht recht weit vor den Baubeginn zurück. Man habe „Architektur, nicht Funktionalität“ gewählt, heißt es zur Architekten-Entscheidung. Die Jury hatte im Jahr 2000 zwei völlig verschiedene Architektenprojekte erstgereiht. Den Zuschlag erhielt Itten+Brechbühl/Baumschlager-Eberle – nicht von der inzwischen abgesetzten Jury, sondern vom Vorstand selbst. Die unterlegene Gruppe Frank&Partner klagte übrigens, weil sie einen Gutteil ihrer Ideen in dem mehrmals umgearbeiteten Itten-Plan verwirklicht sah, und bekam nach sieben Jahren in einem der seltenen Prozesse um geistiges Eigentum vom OGH Recht.
  • Es wurde auf den Generalunternehmer verzichtet. Weil die Planung offenbar nicht abgeschlossen war, wurden alle Gewerke einzeln vergeben – was die Kosten nach oben trieb. Diese Methode sei möglich, heißt es, sie funktioniere aber nur mit einem starken Bauherren-Management. Das hat allerdings gefehlt.
  • Das Flughafen-Management habe seine Verantwortung als Bauherr in keiner Weise wahrgenommen, heißt es im RH-Bericht. Statt dessen wurden zig Konsulenten und Berater engagiert, wodurch über 100 Mio. Euro zusätzliche Kosten entstanden seien und das Chaos noch verschärft worden sei.
  • Mängel ortet der RH auch beim Nachtragsmanagement: Als Firmen Nachzahlungen forderten, habe das Management nicht genügend dagegen gehalten.
  • Angesichts des völlig aus dem Ruder laufenden Budgets seien „Sonderprojekte“ – wie die Gepäckbeförderung, die Arbeiten am Vorfeld und die Sicherheitsmaßnahmen – „ausgelagert“ worden. Diese Projekte im Volumen von rund 150 Mio. Euro gehörten laut RH aber zum Skylink. Die Gesamtkosten würden dann aber über der Mrd. Euro liegen, die von der Flughafen-Spitze immer in Abrede gestellt worden ist.

Gegensatz zu Jud-Gutachten

Die RH-Expertise – der Rohbericht soll Mitte/Ende Juli vorliegen – steht völlig im Gegensatz zum Gutachten des Grazer Universitätsprofessors Waldemar Jud. Dieser hat den Vorständen (als Finanzer werkte bis Februar 2009 Gabmann-Vorgänger Christian Domany) im Dezember 2009 einen Persilschein ausgestellt. Alle Manager seien beim Skylink ihrer Verantwortung nachgekommen, ihnen sei keine Schuld am Kostendebakel anzulasten, schrieb Jud im Gutachten. Domany erhielt daraufhin seine Ansprüche, Kaufmann nicht abgelöst.

Insider gehen davon aus, dass der RH-Bericht Konsequenzen im Management auslösen dürfte. Wobei das nicht der Aufsichtsrat allein entscheidet, sondern  die Hauptaktionäre, die Länder Wien und Niederösterreich. Weshalb erst nach den Gemeinderatswahlen in Wien Köpfe rollen dürften.

(Die Presse, Printausgabe, 17. 06. 2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

VULKANAUSBRUCH STOPPT FLUGVERKEHR IN SCHWECHAT
International

Flughafen Wien: "Vorstand arbeitet selten konstruktiv"

16 Bereiche und 21 Töchter seien schlicht zu viel, urteilt die Beratungsfirma Roland Berger in einem Strategiepapier. Es entstünden überflüssige Kosten. Und: Das Management verdiene zu viel und leiste zu wenig.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.