Studie: Frauen scheuen den Wettbewerb

(c) Clemens Fabry
  • Drucken

Konkurrenzverhalten im Labortest: Erst Frauenquoten wecken weiblichen Ehrgeiz. Dies stärkte das Selbstbewusstsein: Jede zweite war bereit, sich dem Wettbewerb zu stellen.

Wien (b.l.). Als einer der Gründe, warum Frauen weniger verdienen und seltener Führungspositionen innehaben als Männer, gilt das unterschiedliche Verhalten in Wettbewerbssituationen. Konkurrenzdruck, so lautet die These, motiviert Männer zu mehr Leistung, Frauen aber zum Rückzug – auch dann, wenn sie gute Chancen auf einen Sieg hätten. Um diese These zu überprüfen, haben Forscher am Institut für Finanzwissenschaft an der Universität Innsbruck ein Experiment durchgeführt.

Dabei mussten Frauen und Männer in kurzer Zeit möglichst viele Rechenaufgaben lösen. Für jede richtige Aufgabe erhielten sie 50 Cent. Danach hatten sie die Wahl: Sie konnten entweder weiterhin für jede richtige Aufgabe belohnt werden– oder mit anderen in Wettbewerb treten. Nur die zwei Besten aus einer sechsköpfigen Gruppe – also jeder Dritte – würden dann für jede richtige Lösung 1,50 Euro erhalten, die anderen vier würden leer ausgehen.

Männer überschätzen sich, ...

Nun hatten die Männer zuvor geringfügig besser abgeschnitten. Die Wahl, die sie daraufhin trafen, stand jedoch in keiner Relation zu ihrem tatsächlichen Abschneiden: Zwei Drittel der Männer, aber nur 30 Prozent der Frauen setzten darauf, zum besten Drittel zu gehören – und wählten die Wettbewerbsvariante. Dabei waren es nicht die Frauen, die mit ihrer Selbstwahrnehmung daneben lagen: „Frauen schätzen sich ziemlich realistisch ein“, stellt Studienautor Matthias Sutter fest. Männer hingegen neigen dazu, sich viel besser einzuschätzen, als sie tatsächlich sind.

Das zeigte sich auch, als man „Frauenquoten“ einführte: Es wurde festgelegt, dass unter den beiden Siegern mindestens eine Frau sein muss. Das stärkte das Selbstbewusstsein der Frauen: Jede zweite war nun bereit, sich dem Wettbewerb zu stellen. Bei den Männern lag der Anteil derer, die glaubten, trotz Frauenquote zum erfolgreichsten Drittel zu gehören, noch immer bei 60 Prozent. Erst als man den Frauen eine Rechenaufgabe schenkte, überstieg der Anteil der Frauen, die sich messen wollten, mit 58 Prozent jenen der Männer (55 Prozent).

... Quoten schrecken sie nicht ab

Sutters Konsequenz: Auf dem Arbeitsmarkt würden Quoten und positive Diskriminierung (bei gleicher Qualifikation wird die Frau bevorzugt) Frauen vermehrt dazu bewegen, sich für Führungspositionen zu bewerben – ohne dass man Angst haben muss, dass geeignete Männer abgeschreckt werden. Das bloße Wiederholen des Tests (oder der Ausschreibung), falls es keine weibliche Gewinnerin gibt, helfe dagegen wenig.

Der Forscher räumt ein, dass es im wirklichen Leben noch zahlreiche andere Gründe gibt, warum Frauen seltener eine Führungsposition innehaben – etwa unterschiedliche Interessen oder tatsächliche Diskriminierung. „Doch auch wenn alle anderen Faktoren gleich sind, gibt es einen signifikanten Unterschied zwischen den Geschlechtern: wenn es darum geht, in Wettbewerb zu treten.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 6. Juli 2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.