Wolford: Bei Strümpfen an der Spitze

Wolford Struempfen Spitze
Wolford Struempfen Spitze(c) APA (ROLAND SCHLAGER)
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Die Nobelmarke hat die Krise vorerst hinter sich gelassen. Das Angebot für Frauen wächst. Knapp die Hälfte des Umsatzes macht Wolford mittlerweile mit Wäsche, Kleidern oder Bademode.

Bregenz (cim). Wolford hat einen großen Feind: nackte Beine. „Sind Strümpfe out, ist das für uns eine Katastrophe“, sagt Andreas Röhrich, der Leiter der Entwicklungsabteilung des Strumpfherstellers. Ein Glück, dass Promis oder Models ihre Beine seit ein paar Jahren wieder bedecken. „In den 90ern hätte man jemanden mit Strumpfhosen eine Zeitlang fast ausgelacht“, erzählt Röhrich bei einer Werksbesichtigung in Bregenz. Pünktlich zum 60-jährigen Jubiläum der Weltmarke aus Vorarlberg sind Strumpfhosen, Strümpfe oder Leggins beliebt wie lange nicht.

Abgesehen von nackter Haut gibt es wenig Konkurrenz – Wolford spielt in der Preisklasse fast allein. Bei zwei- oder dreistelligen Eurobeträgen für so wenig Stoff kann man sich keine Fehler erlauben: So sitzen in Bregenz 180 Näherinnen, die Fußteile zusammen- oder Höschen annähen (in Summe arbeiten in Bregenz in der Produktion 800 Menschen), während der größte Teil der Branche längst ausgewandert ist. Bald werden wieder 290 Textilarbeiter ihren Job verlieren: Das Triumph-Werk in Hartberg sperrt Anfang 2011 zu.

„Es gab einmal Überlegungen, in den Fernen Osten zu gehen, dann könnten wir im Qualitätssegment aber nicht mitspielen“, sagt Wolford-Vorstandschef Holger Dahmen. In Jänner wurde die erste Näherei in Slowenien eröffnet. Nun werden einfachere Teile dort genäht, bald sollen in Slowenien 170 Menschen für Wolford arbeiten. Auch in Bregenz hat Wolford Millionen investiert, in den vergangenen drei Monaten wurden 40 Menschen eingestellt (nach einem Abbau zuvor), so will Dahmen die Angst vor einer Abwanderung zerstreuen. Auch wenn er das nicht „definitiv bis in alle Zeiten“ ausschließen könne.

Keine Strümpfe für Männer

„Faden rein – Strumpfhose raus, so einfach funktioniert das nicht“, erklärt Röhrich. Wieder und wieder werden die hauchdünnen Stoffe von Hand auf Metallbeine aufgezogen: Um den Strumpf per Dampf in Form zu bringen, Ziehfäden zu entfernen oder für die finale Qualitätskontrolle. Bei manchen – sehr speziellen – Strümpfen macht der Personalanteil mehr als 80 Prozent des Preises aus.

Auch abgesehen vom Preis sind Produkte von Wolford sehr exklusiv: „Das erfolgreichste Stück, den ,Fatal Tube‘, kann vielleicht ein Prozent der Frauen anziehen.“ Schließlich offenbart der Schlauch – als Kleid, Top oder Rock tragbar – jedes falsch platzierte Kilo.

Sündteure Produkte, die kaum jemand tragen kann, als Konzept? Bei sechs Milliarden Menschen wollen genug Frauen genau das, meint Dahmen. Männer lässt man links liegen. Vor Jahren wollte man ihnen Strumpfhosen verkaufen und scheiterte. Nun müssen sie sich mit Socken begnügen.

Kehrtwende gelungen

Das Angebot für Frauen wächst dafür. Knapp die Hälfte des Umsatzes macht Wolford mittlerweile mit Wäsche, Kleidern oder Bademode. Mit diesen Produkten, eigenen Läden, einem neuen Management und einer Rundum-Erneuerung der Marke ist dem Konzern nach schweren Verlusten zwischen 2001 und 2005 der Turnaround gelungen. Bis die Krise kam. „Lehman hat uns, wie andere Luxushersteller, aus der Kurve getragen“, so Dahmen. Schließlich habe diese Krise das betuchte Klientel zunächst stärker getroffen.

Im Geschäftsjahr 2009/10 ist der Umsatz um 2,2 Prozent auf 144 Mio. Euro gefallen, vor allem in den ersten sechs Monaten lief das Geschäft schlecht. Danach ging es bergauf, das Jahr wurde mit einem Überschuss von 2,6 Mio. Euro abgeschlossen. Im ersten Quartal 2010/11 stand unterm Strich ein Minus, aber dieses Quartal schließe bei Wolford immer negativ, so Dahmen. Er will nun das Geschäft im Ausland stärken – vor allem mit mehr eigenen Boutiquen.

Internationalität schwebte schon den Gründern Reinhold Wolff und Walter Palmers vor. Sie erfanden den Namen „Wolford“ als Kombination aus Wolff und Oxford – das sollte internationaler klingen, so besagt es die Legende. Und es gelang: Schon Vivienne Westwood, Giorgio Armani oder Karl Lagerfeld arbeiteten mit dem Bregenzer Strumpfhersteller zusammen.

Auf einen Blick

Edlere und teurere Strumpfhosen als jene von Wolford gibt es weltweit kaum. Das noble Unternehmen aus Bregenz ist eine Weltmarke – und hat die Krisen und das Sterben der heimischen Textilindustrie überstanden. Nach schweren Turbulenzen hat Wolford den Turnaround geschafft, sich neu positioniert und feiert heuer 60-jähriges Jubiläum.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.09.2010)

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