Nachdem Kulterer Ende März in erster Instanz freigesprochen wurde, startet die Staatsanwaltschaft einen neuen Versuch, den Ex-Hypo-Chef hinter Gitter zu bringen. Im Mittelpunkt steht eine Finanzkonstruktion aus 2004.
Wien. Mit ihrer ersten Anklage gegen Ex-Hypo-Chef Wolfgang Kulterer konnte die Staatsanwaltschaft Klagenfurt wenig ausrichten. Kulterer wurde Ende März in erster Instanz freigesprochen. Nun nehmen die Justizbehörden wieder Anlauf, sie klagen Kulterer neuerlich an. Diesmal geht es um eine umstrittene Geldbeschaffungsaktion aus dem Jahr 2004.
Neben Kulterer soll drei weiteren Personen der Prozess gemacht werden: Ex-Vorstand Günter Striedinger, dem früheren Hypo-Steuerberater Hermann Gabriel und Gerhard Kucher, dem einstigen Anwalt der Bank. Sie müssen sich laut Mitteilung der Staatsanwaltschaft wegen des „Verbrechens der Untreue“ verantworten, wobei Gabriel und Kucher „Beitragstäterschaft“ vorgeworfen wird.
Kredite über Liechtenstein
Die Angeklagten sollen der Hypo-Alpe-Adria über eine komplizierte Finanztransaktion, die teilweise über Liechtenstein gelaufen ist, einen Schaden in Millionenhöhe zugefügt haben. Die ehemaligen Manager sollen dabei ihre Befugnisse missbraucht und die Eigenmittelvorschriften des österreichischen Bankwesengesetzes verletzt haben. Die Betroffenen bestreiten alle Vorwürfe. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Was ist im Jahr 2004 vorgefallen? Damals wollte das Kärntner Institut seine Kapitaldecke auffüllen. Dazu soll die Leasingtochter HLH Vorzugsaktien im Volumen von 100 Mio. Euro ausgegeben haben. Ein beachtlicher Teil dieser Aktien soll bei der Klagenfurter Gesellschaft BC Holding gelandet sein. Zur Finanzierung des Kaufs wurde eine komplizierte Konstruktion entworfen.
Die Hypo-Tochter in Liechtenstein soll an elf im Fürstentum ansässige Anstalten Kredite in Höhe von 55 Mio. Euro vergeben haben. Über eine zwölfte liechtensteinische Anstalt soll das Geld an die BC Holding transferiert worden sein. Diese zeichnete dann die Vorzugsaktien. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft ist dieses Ringelspiel aus mehreren Gründen bemerkenswert: Denn die Inhaber der Vorzugsaktien sollen eine Dividende von 6,25 Prozent pro Jahr erhalten haben. Doch für die Liechtenstein-Kredite sollen sie deutlich niedrigere Zinsen bezahlt haben. Laut Angaben der Justizbehörden soll der Hypo-Alpe-Adria ein Schaden in Höhe von 5,49 Mio. Euro entstanden sein.
Vorwürfe werden bestritten
Der Betrag ergibt sich laut Anklageschrift aus der Differenz zwischen den 2005 und 2007 ausgeschütteten Dividenden und den niedrigeren Kreditzinsen. Der nächste Punkt betrifft die mutmaßliche Verletzung des Bankwesengesetzes. Die Justiz ist der Ansicht, dass die Hypo die Vorzugsaktien nicht in vollem Umfang als Eigenmittel anrechnen konnte, weil der Aktienkauf zu Teilen von der Hypo-Alpe-Adria selbst finanziert wurde. Die Anwälte aller vier Angeklagten weisen den Vorwurf, dass ihre Mandanten an Untreuehandlungen beteiligt gewesen seien, scharf zurück. Einige von ihnen haben zwei Gegengutachten bei den Universitätsprofessoren Klaus Hirschler und Sabine Kirchmayr ausarbeiten lassen. Demnach hätten die Käufer der Vorzugsaktien das wirtschaftliche Risiko übernommen, es sei nicht bei der Hypo geblieben.
Auf Hochdruck laufen auch die Erhebungen der Staatsanwaltschaft zu einer weiteren Kapitalerhöhung aus den Jahren 2006/2007. Hier wird gegen den Vizechef der Grazer Wechselseitigen-Versicherung, Siegfried Grigg, ermittelt. Dieser war als Ex-Hypo-Chef für die Bilanz 2006 verantwortlich. Er bestreitet alle Vorwürfe. Es gilt die Unschuldsvermutung.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.08.2011)