NÖ: Staatsanwalt ermittelt wegen Spekulationsgeschäften

Staatsanwalt ermittelt wegen Spekulationsgeschaeften
Staatsanwalt ermittelt wegen Spekulationsgeschaeften(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Hochrangige Manager des Landes Niederösterreich müssen sich wegen Untreueverdachts verantworten. Bei dem Fibeg-Verfahren geht es um eines der Herzstücke der niederösterreichischen Budgetpolitik.

[wien]Die Justiz weitet die Erhebungen im Zusammenhang mit den Finanz- und Bankgeschäften des Landes Niederösterreich aus. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft St. Pölten sagte am Freitag auf Anfrage, man habe Ermittlungen gegen derzeitige und frühere Manager der landeseigenen Finanz- und Beteiligungsgesellschaft (Fibeg) aufgenommen. Diese sind für die Veranlagungen der Wohnbaugelder zuständig. Wie lange das Verfahren dauern wird, hänge von den Recherchen der Polizei ab und sei noch nicht absehbar, so der Justizsprecher.

Damit tut sich für Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll und Finanzlandesrat Wolfgang Sobotka (beide ÖVP) eine weitere Front auf. Die Justiz ermittelt schon seit Längerem gegen Verantwortliche der landeseigenen Hypo Niederösterreich wegen des Verdachts der Untreue und der Bilanzfälschung.

Alle Betroffenen weisen die Vorwürfe zurück. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Herzstück von Prölls Budgetpolitik

Bei dem Fibeg-Verfahren geht es um eines der Herzstücke der niederösterreichischen Budgetpolitik. Pröll hatte vor neun Jahren Wohnbauanleihen in mehreren Tranchen verkauft. Die Erlöse von 4,4 Mrd. Euro wurden von der Fibeg veranlagt. Im Frühjahr hatte der Rechnungshof die Spekulationsgeschäfte des Landes scharf angegriffen. Im September brachten die Nationalratsabgeordneten Anton Heinzl und Hubert Kuzdas (beide SPÖ) deswegen eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft ein. Auf Basis dieser Anzeige wird nun ermittelt.

Der Vorwurf lautet: Laut Beschlüssen des niederösterreichischen Landtages sollte die Fibeg 60 Prozent des Vermögens in Anleihen und 40 Prozent in Aktien investieren. Der Beirat und der Aufsichtsrat der Fibeg hätten diese Veranlagungsstrategie „zwingend vorgegeben“, heißt es in der Anzeige. Tatsächlich sollen die Fibeg-Manager aber einen „ungewöhnlich hohen Anteil“ an riskanten Produkten (im Fachjargon „Alternative Investments“) gehalten haben.

Als die Finanzkrise im September 2008 nach der Pleite der US-Bank Lehman Brothers den Höhepunkt erreichte, soll die Fibeg zunächst an den „treuewidrigen Veranlagungen“ festgehalten haben. Die verspätete Reaktion der Organe soll „einen zusätzlichen Verlust von etwa 50 Mio. Euro im Portefeuille des Landes Niederösterreich“ ergeben haben, so die Anzeige, die sich auf den Rechnungshofbericht stützt.

In der Causa „Hypo Niederösterreich“ will das Justizministerium dem Vernehmen nach bis Mitte November entscheiden, wie es mit dem Verfahren gegen Bankchef Peter Harold und Ex-Vorstand Richard Juill weitergeht. Es gilt als so gut wie fix, dass die Ermittlungen nicht eingestellt werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.10.2010)

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