Insider-Anklage: "Ruttenstorfer wohl nur ungeschickt"

WILHELM RASINGER
WILHELM RASINGER(c) APA/HANS KLAUS TECHT (Hans Klaus Techt)
  • Drucken

Kleinanlegervertreter Wilhelm Rasinger sieht "keinen großen Skandal" bei Ruttentorfers Kauf von OMV-Aktien. Die Faktenlage sein "sehr dünn".

OMV-Chef Wolfgang Ruttenstorfer hat kurz vor seinem geplanten Ausscheiden aus dem Mineralölkonzern Ende März 2011 eine Insider-Anklage am Hals. Es geht um einen umstrittenen Kauf eigener Aktien vor eineinhalb Jahren unmittelbar vor dem Ausstieg des Konzerns aus der MOL. Die Justiz schloss sich den Vorwürfen der Börseaufseher an. Ruttenstorfer beteuert, korrekt gehandelt zu haben, er besitzt die Aktien aus einem Stock-Option-Programm immer noch. Rückendeckung erhielt der OMV-Chef am Donnerstag vom Kleinanlegervertreter Wilhelm Rasinger. Der ortet bei Ruttenstorfer lediglich eine "Ungeschicklichkeit".

Er sehe darin keinen großen Skandal oder beabsichtigte Handlungen, um Aktionären oder Gesellschaft zu schaden, wie Rasinger im Hörfunk-Morgenjournal sagte. Es sei immer problematisch, wenn Manager mit Aktien der eigenen Gesellschaft handelten. Er hielte es für besser, würden Manager grundsätzlich nur zu bestimmten Zeitpunkten zukaufen, etwa bei Kapitalerhöhungen. Er sei weder Richter noch Staatsanwalt, räumte Rasinger ein, aber "aus meiner Sicht der Faktenlage ist die Suppe sehr, sehr wässrig". Er würde sich wünschen, dass Anlegerskandale wie Meinl oder jetzt auch die Causa A-Tec mit selber Intensität behandelt würden.

Vorstand hinter Ruttenstorfer

OMV-Vizegeneraldirektor Gerhard Roiss, designierter Nachfolger von Wolfgang Ruttenstorfer als Konzernchef ab April 2011, verteidigt den jetzigen Vorstandschef in Sachen Insider-Anklage ebenfalls. Die gegen Ruttenstorfer im Zusammenhang mit einem Erwerb von OMV-Aktien im März 2009 erhobenen Vorwürfe seien "absurd und entbehren jeglicher Grundlage", sagte Roiss. Der gesamte Vorstand stehe geschlossen hinter Ruttenstorfer. Die Hauptverhandlung im Insider-Verfahren gegen den OMV-Chef ist erst für 2011 zu erwarten, hieß es am Montag aus Justizkreisen.

Roiss zeigte sich "persönlich erschüttert, wie leicht es in Österreich ist, eine höchst anständige Person in Misskredit zu bringen". Er kenne den OMV-Chef seit zwei Jahrzehnten, dieser sei ein "absolut korrekter, fairer und immer sozial orientierter Kollege". Zudem werde hier versucht, ein ganzes Unternehmen zu diskreditieren.

OMV-Vertreter einvernommen


Es sei für ihn "schwer nachvollziehbar", dass nach Sichtung der Faktenlage in dieser Causa ein Verfahren eingeleitet worden sei, sagte Roiss weiter. Im Zuge der Erhebungen seien auch Vertreter der OMV einvernommen worden, ebenso wie Vertreter einer Investmentbank.

Er frage sich, warum man in diesem Verfahren offensichtlich den Einschätzungen von Investmentbankern mehr Glauben schenke als den Organen des eigenen Unternehmens, so Roiss. Die Vertreter einer Investmentbank hätten naturgemäß großes finanzielles Interesse an einem Abschluss und würden daher die Möglichkeit einer Transaktion - diesfalls den Verkauf des damaligen OMV-Anteils an der ungarischen MOL - stets optimistisch einschätzen.

Ausstiegszeitpunkt bekannt?

Kernfrage in dem Insider-Verfahren gegen Ruttenstorfer ist, ob der OMV-Chef zum Zeitpunkt seines OMV-Aktienkaufs wusste, dass der MOL-Anteil demnächst veräußert werden kann - denn dieser Ausstieg bei den Ungarn hätte sich zweifellos positiv auf den OMV-Aktienkurs auswirken müssen, nachdem der österreichische Mineralölkonzern in Ungarn mittlerweile zu einem ungeliebten MOL-Aktionär geworden war.

Mit dem - damals überraschenden - Ausstieg bei der MOL durch den Verkauf des 21,2-Prozent-Anteils an den russischen Ölkonzern Surgutneftegas (Surgutneftegaz) um 1,4 Mrd. Euro habe man einen "konsequenten Schlussstrich" unter die Übernahmebemühungen um den ungarischen Konkurrenten gezogen, erklärte die OMV seinerzeit. Bis zum Nachmittag legte damals (am 30. März 2009) der OMV-Aktienkurs um über 3 Prozent zu, jener der MOL sogar um gut 8,5 Prozent.

Flotter Verkauf


Relativ flott war der Verkauf offenbar auch für die OMV selbst gekommen, wie schon damals - Ende März - berichtet wurde: Im "profil" (Ausgabe vom 23. März) hatte OMV-Chef Ruttenstorfer in einem am 18. März geführten Interview erklärt, dass ein Verkauf des MOL-Anteils vorerst nicht geplant sei. Das gelte aber nicht für die Ewigkeit.

Die von ihm vor eineinhalb Jahren angeschafften OMV-Aktien hält Ruttenstorfer noch heute, er hat sie also noch nicht zu Geld gemacht. "Ich habe diese Aktien korrekt gekauft, sofort den Kauf gemeldet. Und ich habe diese Aktien auch im Rahmen unseres langfristigen Vergütungsprogrammes erworben. Was heißt, dass ich sie auch noch die nächsten Jahre halten muss", so der OMV-Chef Mittwochabend in der "ZiB" des ORF-Fernsehens: "Damit waren sie von vornherein völlig ungeeignet, kurzfristig Kursschwankungen zu nutzen." Ruttenstorfer hatte am 23. März 2009 für rund 632.000 Euro OMV-Aktien erworben. Dass der OMV-Chef im Frühjahr 2011 nach Vollendung seines 60. Lebensjahres ausscheidet und von Roiss beerbt wird, wurde vom Aufsichtsrat bereits Anfang Jänner d.J. fixiert.

Keine Strafhöhe beantragt

Zum Insider-Verfahren, das nicht mehr für heuer zu erwarten ist, wurde dem Vernehmen nach bereits ein Strafantrag gestellt, in dem aber keine bestimmte Strafhöhe beantragt wurde. Der Vorwurf lautet auf Missbrauch von Insiderinformationen. Das Höchstmaß liegt bei fünf Jahren Freiheitsstrafe. Mit der Causa ist die Strafrichterin Claudia Moravec-Loidolt betraut, hieß es am Donnerstag seitens des Wiener Landesgerichts für Strafsachen.

Haupteigentümer der OMV AG ist mit 31,5 Prozent die österreichische Staatsholding ÖIAG, weitere 20 Prozent hält die International Petroleum Investment Company (IPIC), die staatliche Investmentgesellschaft des Emirats Abu Dhabi. ÖIAG und IPIC haben ihre Anteil syndiziert. Donnerstagvormittag legte die OMV-Aktie in einem freundlichen Umfeld bisher um 1,51 Prozent auf 27,19 Euro zu.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Kommentare

Ein unwürdiger Schauprozess

OMV-Chef Ruttenstorfer muss sich für ein Phantomgeschäft rechtfertigen. Vor Gericht.
International

Ruttenstorfer: „Ich trete nicht zurück“

Die Staatsanwaltschaft klagt OMV-Chef Wolfgang Ruttenstorfer wegen des Verdachts auf Insiderhandel an. Der OMV-Aufsichtsrat will sich umgehend mit dem Thema beschäftigen. Michaelis verteidigt Ruttenstorfer.
Wolfgang Ruttenstorfer
Österreich

Aufsichtsrat: "FMA hat OMV schwer geschädigt"

Nach der Insider-Anzeige gegen OMV-Konzernchef Wolfgang Ruttenstorfer vermutet Aufsichtsrat Norbert Zimmermann, dass die Justiz ein Interesse unter dem Motto "Wir schlagen einen Bonzen" habe.
International

Ruttenstorfer: „Ich trete nicht zurück“

Die Staatsanwaltschaft klagt OMV-Chef Wolfgang Ruttenstorfer wegen des Verdachts auf Insiderhandel an. Der OMV-Aufsichtsrat will sich umgehend mit dem Thema beschäftigen. Michaelis verteidigt Ruttenstorfer.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.