Flughafen Wien: Kaufmann geht, Herbst übernimmt

Flughafen Finaler Beschluss jedenfalls
Flughafen Finaler Beschluss jedenfalls(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Herbert Kaufmann scheidet aus der Führung der Flughafen Wien AG aus. Aufsichtsratschef Christoph Herbst übernimmt für maximal ein Jahr den Vorstandsvorsitz. Damit zieht der Aufsichtsrat die Konsequenzen aus dem "Skylink"-Debakel.

Wien. Als Herbert Kaufmann, damals Arbeiterkämmerer, und Gerhard Schmid, einst Büroleiter von Altbürgermeister Helmut Zilk, am 1. Oktober 1999 ihre Jobs als neue Vorstände des Wiener Flughafens antraten, sollten sie eigentlich gewusst haben, dass sie sich auf einen Schleudersitz setzen. Denn ihre beiden Vorgänger Franz Kotruba und Gerhard Kastelic wurden vorzeitig abgelöst – nach massiver Kritik des Rechnungshofs (RH) an Bauprojekten.

Gestern, Mittwoch, ging es um die Ablöse von Kaufmann, Schmid und Gabmann, der seit März 2009 Finanzvorstand ist. Die „Entscheidungshilfe“ stellt einmal mehr ein RH-Bericht dar. Ging es vor zehn Jahren um den Pier West und die Umbauten, die im Zusammenhang mit dem Schengen-Abkommen notwendig geworden waren, so steht diesmal der neue Terminal Skylink im Mittelpunkt.

15 Stunden dauerte die Nervenschlacht, wobei die vier ÖVP-nahen Aufsichtsräte unter Führung von Christoph Herbst den fünf SPÖ-nahen Kontrolloren nichts schuldig blieben. Um 23 Uhr war es dann endlich soweit und die ungewöhnliche Entscheidung stand fest: Kaufmann geht mit Ende des Jahres und Herbst übernimmt interimistisch für ein Jahr die Führung des Flughafens. Ende 2011 scheiden dann auch Gabmann und Schmid aus – und machen den Weg für ein neues Flughafen-Management frei.

Über die Höhe der Abfertigungen dürfte jedoch noch weiter gefeilscht werden. Da die Verträge des Führungstrios erst im Februar 2009 um fünf Jahre verlängert worden sind – wobei sich dabei die roten Aufsichtsräte durchgesetzt hatten – stehen Kaufmann, Gabmann und Schmid in Summe rund fünf Mio. Euro an Abfertigungen zu. Zuletzt hatte es jedoch schon geheißen, dass es zu Kompromissen kommen dürfte.

Zu Beginn der Sitzung Mittwochfrüh hatte alles noch ganz einfach ausgesehen. Aber im Laufe der Sitzung scheint es sich dann wieder heftig gespießt zu haben. Eine Ende ohne Entscheidung konnte und wollte sich der Aufsichtsrat aber nicht leisten. Schließlich ging es darum, den börsenotierten Konzern, der durch das Skylink-Debakel ohnedies schwer unter Beschuss steht, nicht noch weiter zu beschädigen.

„Mehr als ein Terminal“ – so bezeichnet die Flughafen-Führung selbst in Hochglanzbroschüren das Bauwerk. In der Tat entwickelte sich das Projekt zum Milliardengrab: „Die Kosten erreichen – unter Einrechnung aller im Zusammenhang mit dem Skylink stehenden Investitionen – mehr als 952 Mio. Euro und haben sich damit im Vergleich zu den ersten Schätzungen von 402 Mio. Euro mehr als verdoppelt“, lautet die trockene Analyse der RH-Prüfer.

Kosten wurden ausgelagert

Wie „Die Presse“ exklusiv berichtete (24. August 2010) hat der Flughafen Schnittstellenprojekte ausgelagert, um die festgezurrten Kosten von 830 Mio. Euro nicht zu überschreiten. Diese Projekte betreffen unter anderem die Gepäckförderanlage, das Besucherzentrum und das Passagierleitsystem.

Der RH führt in seinem Bericht, der entgegen allen Beteuerungen strafrechtlich relevante Vorwürfe enthält, weshalb sich auch die Staatsanwaltschaft Korneuburg intensiv der Lektüre widmet, viele Gründe für die Kostenexplosion an. Auf einen Nenner gebracht: „Schwere Planungs-, Koordinations- und Durchführungsmängel.“ Die Fertigstellung des schwarzen Kolosses, der wie ein Mahnmal für Missmanagement neben dem alten Terminal steht, verzögert sich um rund 4,5 Jahre – so der vom Management vorgegebene Termin für die Eröffnung Mitte 2012 auch tatsächlich hält.

„Aus früheren Fehlern nichts gelernt“, meinte Ex-RH-Präsident Franz Fiedler, als erste Details über das Skylink-Debakel an die Öffentlichkeit drangen. Zumal einige der zuvor beschäftigten Firmen beim Skylink wieder zum Zug kamen.

Derzeit bremst nicht nur der Schneefall die Bauarbeiten. Die Querelen um die Führung des mit ÖBB, Asfinag, Verbund, Telekom Austria und Post zu den größten Infrastrukturunternehmen Österreichs zählenden Konzerns lähmen das Fortkommen auf der Großbaustelle. Entscheidungen werden, so heißt es, seit Wochen nicht getroffen. Jetzt hat Generalsekretär Johannes Freiler, der auch das Rechtswesen leitet, den Hut genommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16. 12. 2010)

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