Post: „Der größte Konkurrent ist das E-Mail“

Post bdquoDer groesste Konkurrent
Post bdquoDer groesste Konkurrent(c) Michaela Bruckberger
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Post-Generaldirektor Georg Pölzl krempelt angesichts der Marktliberalisierung das Zustellsystem und die Filialen um. Jährlich werden 50 Mio. Euro eingespart. Die Cashcow des Konzerns ist die Briefsparte.

Wien. Vier Tage noch – dann beginnt für die Österreichische Post eine neue Zeit: Auch die letzte noch vom Monopol geschützte Bastion, der Brief bis 50Gramm, fällt mit 1.Jänner durch die von der EU vorgegebene Marktliberalisierung. Ein Grund für Post-General Georg Pölzl, noch mehr als bisher an der Stellschraube zu drehen, obwohl er nicht glaubt, dass viele neue ausländische Mitbewerber nach Österreich drängen werden. Aber: „Unsere größte Konkurrenz gibt es schon, es ist das E-Mail, das die Umsätze im Briefbereich jährlich um bis zu fünf Prozent schrumpfen lässt“, sagt Pölzl im Gespräch mit der „Presse“. Die Briefsparte ist zudem die Cashcow des Konzerns, im Vorjahr erzielte die Post nur in diesem Bereich Gewinne.

Pölzl geht davon aus, dass jene Unternehmen in das Briefgeschäft drängen werden, die schon in den seit Längerem liberalisierten Bereichen Paket bzw. Werbepost aktiv sind. Dazu zählen die Swisspost, Redmail und DHL. Denn bei dem nun geöffneten Sektor gehe es nur um ein Volumen von 500 Mio. Euro – das sei etwas mehr als ein Viertel des Post-Umsatzes und damit des österreichischen Marktvolumens. Davon wiederum entfalle die Hälfte auf den Universaldienst – die flächendeckende Versorgung mit Postleistungen. Das sei nicht wirklich attraktiv. Gekämpft werde vielmehr mit Rabatten um Großkunden – „da tobt die Schlacht“.

Konkurrenz frisst 100 Millionen

„In den nächsten Jahren könnten rund 100 Mio. Euro, also ein Fünftel des Briefumsatzes, an die Konkurrenz gehen – die elektronische Substitution eingeschlossen“, meint Pölzl. Angesichts dieser Perspektive, die nicht nur für die österreichische, sondern für alle „klassischen“ Postgesellschaften gilt, gibt es für Pölzl nur eine Strategie: einerseits die Kosten zu senken und die Effizienz zu steigern, andererseits die Servicequalität zu verbessern und Wachstumschancen – vor allem im Paket und Logistikbereich in Südosteuropa – zu nutzen.

Denn eines sei klar: Auch wenn die noch im einstelligen Millionenbereich liegenden Umsätze mit elektronischen Diensten, wie etwa dem E-Brief, steigen – „sie werden den Erlösverfall nicht annähernd wettmachen“.

Kostensenkung bedeutet für den Post-General keinesfalls nur Personalabbau, obwohl auch 2010 der Mitarbeiterstand in Österreich um 950 Stellen auf rund 21.000 reduziert worden ist. Ein mittelfristiges Ziel beim Personalstand will Pölzl nicht nennen, nur, dass der Abbau in diesem Ausmaß weitergehen werde. Allein um die Personalkosten auf dem – ohnedies sehr hohen – Niveau von einer Mrd. Euro zu halten, müssten 20 bis 30Mio. Euro jährlich eingespart werden, denn so viel machten die Biennalsprünge und KV-Erhöhungen aus. Das Ziel laute daher 50 Mio. Euro. „Das schaffen wir auch, aber es wird schwieriger, denn früher war mehr Luft drin.“

Post nicht mehr täglich?

Von dem Angebot, zur Polizei zu wechseln, haben bisher 151 Postler Gebrauch gemacht. 37 arbeiten künftig bei der Finanz, weitere zwölf bei der Justiz. Das „Karriere- und Entwicklungscenter“, in dem unkündbare Beamte ohne Arbeit geparkt waren, wurde abgeschafft. Mit dem AMS sollen die Betroffenen umgeschult werden.

Als größte Herausforderung sieht Pölzl jedoch die Steigerung der Effizienz, die eng mit einer Anpassung der Serviceleistungen zusammenhänge. „Die Frage ist doch, ob jeder Kunde die Post täglich braucht“, beschreibt Pölzl ein Konzept, das auf eine Kombination von optimalem Kundennutzen mit bestmöglicher Kostenstruktur abzielt. Eine Differenzierung in Eilbriefe und solche, die nicht am nächsten Tag zugestellt werden müssen, soll gleichermaßen die Kosten senken und die Effizienz im Zustellsystem steigern. Ein weiterer Punkt betrifft die Optimierung der Einsatzpläne. „Wir haben rund 8000 Autos, die am Nachmittag stehen“, sagt Pölzl. Das soll sich ändern, indem die Zeitabläufe bei der Zustellung geändert werden.

Während sich Pölzl bei der Neuorganisation der Zustellung noch nicht detailliert in die Karten blicken lässt, ist der Umbau des Filialnetzes schon weitgehend fortgeschritten. Derzeit hat das Unternehmen 757 eigene Postämter und rund 1100Post-Partner. Schlussendlich soll es nur noch 500 eigene beziehungsweise gemeinsam mit dem Kooperationspartner Bawag betriebene Filialen und rund 1500 Post-Partner geben.

„Wir müssen die Qualitäts- und Kostenführerschaft behalten“, lautet die hohe Vorgabe. Pölzl weiß, dass dazu nicht nur die Schlagzahl im Unternehmen erhöht werden muss. „Wir brauchen einen Kulturwandel, denn Gewinner wird der Konzern sein, der es schafft, mit der schlanksten Kostenstruktur am besten auf die Kundenbedürfnisse zu reagieren.“

„Wir alle sind die Post“

Um alle Postler mit dem neuen Leitbild – der Kunde steht im Mittelpunkt, zukunftsorientiertes Handeln im Vordergrund – vertraut zu machen, wurde ein Werteprojekt aufgesetzt. 200 Mitarbeiter wurden in Workshops ausgebildet, sie sollen die „Botschaft“ allen Kollegen weitergeben.

Auf einen Blick

Der Postmarkt ist mit 1.1.2011 voll liberalisiert. Post-General Georg Pölzl glaubt nicht, dass viele Mitbewerber kommen werden. Die größte Konkurrenz ist das E-Mail, das die Umsätze um fünf Prozent jährlich schrumpfen lässt. Pölzl baut deshalb das Zustellsystem und das Filialnetz um, um Kosten zu senken und die Effizienz zu steigern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.12.2010)

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