Ökostrom: Industrie warnt vor „endloser Förderung“

(c) AP (Christof Stache)
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Das Ökostromgesetz sorgt für viel Kritik. Die Ökostromproduzenten sind gegen automatische Tarifsenkungen. Die Industrie kritisiert, dass es auch nach Ablauf der Förderdauer bei Biomasse eigene Tarife geben soll.

Wien. Kaum ein Thema sorgt in der Energiepolitik für so viel Emotionen wie das Ökostromgesetz. Vor zwei Wochen schickte Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) die jüngste Novelle in Begutachtung. Wie berichtet, soll der jährliche Förderzuwachs für neue Anlagen von 21 auf 30 Mio. Euro angehoben, im Gegenzug aber die erhöhten Tarife für den grünen Strom gesenkt werden.

Seither vergeht kaum ein Tag ohne Kritik aus den Reihen der Ökostrombetreiber und NGOs. Das Gesetz verhindere die „Energiewende“, heißt es. Die jährliche Förderbegrenzung solle daher komplett aufgehoben werden, fordern Grüne und auch die FPÖ.

„Wir verstehen das Jammern der Förderungsnehmer nicht“, meint dazu Peter Koren, Vize-Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV). Die Industrie finanziert zusammen mit den privaten Haushalten durch erhöhte Stromkosten die Förderung des Ökostroms. Die Produzenten des grünen Stroms erhalten nämlich für ihre ins Netz eingespeiste Energie einen Preis, der über jenem liegt, der für Strom aus konventionellen Kraftwerken bezahlt werden muss. 2010 bedeutete das für die Stromverbraucher Mehrkosten von 340 Mio. Euro. Laut der Novelle würde die jährliche Förderung 2012 auf 450 Mio. Euro ansteigen – etwa 45 Euro pro Jahr für einen durchschnittlichen Haushalt.

„Mogelpackung“ Förderzuwachs?

„Durch die Novelle erhalten die Ökostrombetreiber um 43Prozent mehr Förderung pro Jahr. Ein Gesetz ohne Deckelung der Förderung kann es nicht geben“, so Koren. Laut Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ), der Vereinigung der Ökostromproduzenten, ist die vom Minister verlautbarte Anhebung der zusätzlichen Förderung auf 30 Mio. Euro pro Jahr jedoch eine „Mogelpackung“. Im Gesetz ist nämlich nicht der Förderbetrag, sondern ein Gesamtvolumen von Marktpreis und Förderbetrag festgeschrieben. „Wenn der Marktpreis steigt, fällt die Förderung geringer aus“, so der Verband.

Ein weiterer Dorn im Auge ist den Ökostrombetreibern die automatische Absenkung der Einspeistarife um zehn Prozent, wenn zu viele Anträge eingebracht werden. Damit will Mitterlehner eine „Überförderung“ verhindern. Dies führt laut Ökostrombetreibern zu einer „Planungsunsicherheit“ bei den mehrjährigen Vorbereitungsarbeiten. „Es ist ein falscher Schluss zu sagen, wenn es viele Anträge gibt, ist der Tarif auf jeden Fall zu hoch“, sagt EEÖ-Generalsekretärin Martina Prechtl. Der Minister könne die Tarife bei Bedarf auch wie bisher per Verordnung verändern.

Bei der IV ist man wiederum über einen Passus schockiert, wonach der Minister bei Biomasse- und Biogasanlagen auch nach Ablauf der auf 15 Jahre beschränkten Förderdauer einen Nachfolgetarif festlegen muss. „Das ist die von uns befürchtete endlose Förderung des Ökostroms. So ein System hätten viele gerne“, meint Koren. Zudem gibt es für diese Anlagen auch einen „Betriebskostenzuschlag“ in Höhe von bis zu vier Cent je Kilowattstunde, wenn sie ansonst nicht kostendeckend betrieben werden können.

Mitterlehner sucht Balance

Mitterlehner reagierte auf die anhaltende Kritik Anfang der Woche mit der Aussage, dass es bei dem Gesetz um die „Balance zwischen den Ökostromtarifen und dem Marktpreis“ gehe. Die Kritik an der Novelle zeige, wie schwer das zu erreichen sei. Man werde sich die Stellungnahmen der Interessengruppe jedoch genau ansehen.

Die Fronten zwischen Ökostrom- und Industrielobby sind dabei ziemlich verhärtet. So meinte jüngst etwa Gerhard Heiligenbrunner, Präsident des Umweltdachverbands, dass die IV die Gesetze für den Wirtschaftsminister schreiben würde. Koren meint dazu: „Die Vorschläge der Öko-Community zielen immer nur darauf ab, in die Geldtaschen anderer Menschen zu greifen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.04.2011)

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