Jedes zweite Mädchen wählt aus nur drei Lehrberufen

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Ministerin Heinisch-Hosek schlägt Alarm. Weibliche Lehrlinge sollten nicht nur Friseuse, Sekretärin oder Verkäuferin werden, sie sollen das Angebot von 270 Lehrberufen besser ausschöpfen.

Wien. Seit den 1950er-Jahren hat sich nicht viel geändert: Die beliebtesten Ausbildungen für junge Frauen sind immer noch die zur Friseuse, zur Sekretärin oder zur Verkäuferin. Immerhin 48 Prozent der weiblichen Lehrlinge wählen heute aus nur diesen drei Berufen. Am beliebtesten ist es gemäß der aktuellen Lehrlingsstatistik der Wirtschaftskammer, Einzelhandelskauffrau zu werden: Das will jeder vierte weibliche Lehrling. Immerhin zwölf Prozent wollen Bürokauffrau werden, elf Prozent entscheiden sich für eine Karriere als Friseuse. 52 Prozent der 44.400 weiblichen Lehrlinge wählen einen anderen Lehrberuf als einen der „Top drei“ der Mädchen; insgesamt 69 Prozent wählen aus nur zehn Lehrberufen.

Geht es nach Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ), dann sollten junge Frauen – so wie die jungen Männer – das Angebot von 270 Lehrberufen besser ausschöpfen: von der Köchin bis zur Maurerin, von der Verwaltungsassistentin bis zur Elektrotechnikerin. Die Ausbildung zum Elektrotechniker ist auch jene Lehre, die unter Burschen am beliebtesten ist: Für sie entscheiden sich 10,6 Prozent, für jene zum Kfz-Techniker 9,1 Prozent, und für jene zum Installations- und Gebäudetechniker 6,1 Prozent. Macht insgesamt „nur“ 25,8 Prozent aller männlichen Lehrlinge, die sich für die „Top drei“ der Burschen entscheiden; 53,7 Prozent wählen aus den „Top Ten“ der Burschen.

Auch die Mädchen sollten sich breiter aufstellen, sagte Heinisch-Hosek anlässlich des diesjährigen Girls' Day gestern, Donnerstag, bei dem junge Mädchen in verschiedenen Betrieben in ganz Österreich – und auch im Staatsdienst – „schnuppern“ durften. Verkäuferin, Sekretärin und Friseuse seien „wichtige Berufe, keine Frage“, so Heinisch-Hosek. „Wichtig zu wissen ist aber, dass viele andere Berufe mehr Karrierechancen bieten. Und vor allem: Vom ersten Tag an verdient man in einem typischen Frauenberuf wie Friseurin deutlich weniger als eine Mechanikerin.“

Kfz: 150 Euro mehr

Konkret bekommt ein Friseurlehrling im ersten Lehrjahr aktuell eine Entschädigung von 346 Euro im Monat, ein Automechanikerlehrling hingegen 496 Euro im Monat. Von den besseren Aussichten auf eine Lehrstelle in weniger überlaufenen Ausbildungen als jener der Friseuse oder des Friseurs ganz zu schweigen. Nach dem Lehrabschluss verdienen Friseurinnen/Friseure 1530 Euro im Monat brutto, Kfz-Mechaniker/innen 1750 Euro. Dazu Heinisch-Hosek: „Schon die Berufswahl entscheidet über die Lohnschere. Gut informieren und dann entscheiden, das will ich den Mädchen mitgeben.“

Die Wirtschaftskammer empfiehlt nach „Presse“-Informationen (gemessen an den offenen Stellen gegenüber den beim AMS gemeldeten Arbeitslosen) eine Karriere etwa als Koch/Köchin, als allgemeine Handelskaufleute oder Lebensmittelverkäufer/in, als Elektro- oder Rohrinstallateur/in oder in einem Gesundheitsberuf, etwa als diplomierte Krankenschwester/diplomierter Krankenpfleger oder nicht diplomiertes Krankenpflegepersonal. Auch die Nachfrage nach IT-Kräften sei stabil bis leicht steigend, heißt es.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.04.2011)

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