Keine Ausschreibung: Hauptverband muss zahlen

Keine Ausschreibung Hauptverband muss
Keine Ausschreibung Hauptverband muss(c) APA (GUENTER R. ARTINGER)
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E-Medikation. Das Bundesvergabeamt verdonnert den Hauptverband der Sozialversicherungsträger zu 24.000 Euro Geldbuße.

(Wien) Der Bescheid des Bundesvergabeamtes ist druckfrisch, umfasst 35 Seiten und bietet starken Tobak. Jedenfalls handelt es sich um eine Premiere in der Geschichte des Amtes: Erstmals wurde eine Geldbuße wegen einer widerrechtlich nicht erfolgten Ausschreibung verhängt. Sie macht 24.000 Euro aus - und ist von niemand Geringerem als dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger zu berappen.

Die Geldbuße entspricht rund einem Zehntel des beanstandeten Vertragswertes. Trotzdem wird der Betrag vom Hauptverband wohl finanziell zu verschmerzen sein. Viel unangenehmer ist da schon die Tatsache, dass der Bescheid einen herben Rückschlag für die in Österreich geplante E-Medikationsdatenbank (und für die Elektronische Gesundheitsakte ELGA) bedeutet.

Rückschlag für Projekt

Dieses Projekt läuft derzeit in einer Pilotphase und hat an sich ein hehres Ziel: Es soll eine österreichweite Datenbank für Verbraucher von Medikamenten errichtet werden, die von Ärzten und Apothekern abgerufen werden kann. Damit soll vor allem vermieden werden, dass es bei der Verschreibung von Arzneien zu Wechselwirkungen aufgrund anderer eingenommener Medikamente kommt. Medikamente, von denen der Arzt/Apotheker ohne Blick in die Datenbank möglicherweise nichts wüsste.

Anfang April hatte ein Tiroler Arzt beim Bundesvergabeamt Einspruch gegen die Auftragsvergabe durch den Hauptverband eingebracht - diese sei nicht EU-konform erfolgt. Der nun fertig gestellte Bescheid des Bundesvergabeamtes gilt unter Juristen als mittlere Sensation: Zwar wurde der Beschwerde wegen der Vergabe des Großauftrages an Siemens nicht stattgegeben - dies aber nur, weil die Einspruchsfrist nicht eingehalten wurde. Allerdings wurde dem Antragssteller in einem anderen Punkt recht gegeben: Die Verträge des Hauptverbandes mit Firmen, die Ärztesoftware anbieten, wurden widerrechtlich abgeschlossen. Weil es keine Ausschreibung gab.

Zum besseren Verständnis: Damit Ärzte auf die E-Medikationsdatenbank zugreifen können, muss ihre Software aufgerüstet werden. Der Hauptverband der Sozialversicherungsträger hatte die Aufträge dafür freihändig an drei Anbieter vergeben, weil diese auch die ursprüngliche Software der Ärzte implementiert hätten, wie es beim Hauptverband heißt. Egal, findet das Bundesvergabeamt: Der Auftrag hätte ausgeschrieben werden müssen.

Dies werde nun nachgeholt, erklärte Hauptverbandssprecher Dieter Holzweber gestern der „Presse". Ein Rückschlag für das Projekt ist die Angelegenheit aber allemal: Der Bescheid des Bundesvergabeamtes bedeutet nämlich, dass es vorerst zu keiner weiteren Installierung von Software bei Ärzten kommen darf. Und bei der bereits implementierten Software sind Wartung und Support durch die beauftragten Firmen auch nicht mehr erlaubt. Derzeit gibt es die Software schon bei 87 Ärzten, geplant war die Implementierung bei 139 Ärzten.

Verwaltungsgerichtshof am Zug

Der Tiroler Arzt, der die Sache ins Rollen gebracht hatte, will sich mit dem Bescheid trotzdem nicht zufrieden geben. Laut seinem Rechtsanwalt Martin Oder ist der Gang zum Verwaltungsgerichtshof geplant - und vermutlich werden sich auch andere Ärzte der Klage anschließen. Der Beschwerde gegen den mit Siemens abgeschlossenen Hauptvertrag für die E-Medikationsdatenbank wegen mangelhafter Ausschreibungsmodalitäten wurde nämlich nicht stattgegeben. Die Begründung: Die gesetzlich vorgeschriebene Einspruchsfrist wurde nicht eingehalten. Was formal durchaus seine Richtigkeit hat, trotzdem aber einigermaßen originell ist: Der Vertrag im Wert von 1,5 Mio. Euro wurde im Jahre 2008 an Siemens vergeben - unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Offiziell bekannt wurde die Auftragsvergabe erst viel später.

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