Handel: Neue Allianz gegen die Riesen

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Zielpunkt, Nah&Frisch, MPreis und Co. starten eine Billigmarkenoffensive. Das neue, gemeinsame Billiglabel „Jeden Tag“ soll Eigenmarken ersetzen. Das könnte der Start für neue Kooperationen im Einzelhandel sein.

Wien/Cim. Die Regale der kleineren heimischen Händler werden bald ausgemistet. Fast ein Dutzend Händler – Nah&Frisch, MPreis, Kastner, Kiennast, Pfeiffer, Wedl, Unimarkt, Tabor, Pro Kaufland, Welas und Zielpunkt – wollen einen Teil ihrer billigen Eigenmarken durch das neue, gemeinsame Billiglabel „Jeden Tag“ ersetzen. Seit März wird die neue Marke Schritt für Schritt eingeführt. Derzeit umfasst das „Jeden Tag“-Sortiment etwa 100 Produkte, am Ende sollen es 400 sein.

Eine Kampfansage an die großen Konkurrenten solle das aber nicht sein, sagt Erwin Wichtl, der Chef des Einkaufsverbandes Markant, der unter anderem die Nah&Frisch-Kaufleute versorgt. „Wir passen uns einfach nur dem Markt an.“ Mit der neuen Marke wollen die kleineren Händler den Vorsprung, den die Riesen Spar und Rewe mit ihren Eigenmarken wie „Clever“, „Ja! Natürlich“, „sBudget“ oder „Natur Pur“ haben, ein wenig aufholen.

Im gesamten Einzelhandel liegt der Anteil der Eigenmarken derzeit bei etwa 28Prozent. Zielpunkt verkauft zehn Prozent der Artikel unter eigenem Label. Früher oder später wolle man „in Richtung 15 bis 20Prozent“ kommen, sagt Zielpunkt-Chef Jan Satek.

Neue Partner für Zielpunkt?

Zielpunkt hatte schon lange vor, das Dickicht aus 19 Eigenmarken mit 600 Artikeln zu lichten. Diese vielen Marken – unter anderem „Bio Bio“ oder „Almsana“ – stammen noch aus der Zeit, als Zielpunkt Tengelmann gehörte.

Im Mai 2010 hat der deutsch-luxemburgische Finanzinvestor BluO Zielpunkt gekauft, um die damals defizitäre Kette auf Vordermann zu bringen. Immer wieder heißt es aber, BluO könnte Zielpunkt bald wieder verkaufen wollen. Ist die neue Kooperation die Vorstufe einer Übernahme? „Wir werden uns als Mittler bewähren“, sagt Wichtl. Zielpunkt und Pfeiffer zusammen, „das macht schon Sinn“, sagt Erich Schönleitner, der Geschäftsführer der Pfeiffer-Gruppe. Vor allem mit Blick auf die „Topografie“: Zielpunkt ist im Osten Österreichs stark aufgestellt, Pfeiffer (Unimarkt) ist schwerpunktmäßig in Ober- und Niederösterreich, Salzburg und der Steiermark aktiv.

Die erste Kooperation zwischen Pfeiffer und Zielpunkt gibt es schon seit Herbst 2009: Die Biomarke „Natürlich für uns“ steht bei Unimarkt, Nah&Frisch und Zielpunkt in den Regalen. Ohne Zielpunkt wäre das Volumen nicht groß genug, um diese Marke auszubauen.

Auch die Mitgliedschaft von Zielpunkt im Verband Markant (zu dem gehört auch Pfeiffer) sei eine Option. „Es gibt Gespräche, aber das ist noch nicht spruchreif“, so Wichtl. Mit der neuen, großen Eigenmarke sind die Händler spät dran. Schließlich versuchen Händler seit Jahren mit eigenen Billigschienen, den Diskontern das Feld der billigen Produkte nicht ganz zu überlassen. Gemeinsam kommen die kooperierenden Händler laut den Daten von AC Nielsen auf einen Marktanteil von 12 Prozent.

„Das ist die Größenordnung, die man braucht, um das zu stemmen“, sagt Wichtl. Zum Vergleich: Rewe kam zuletzt (inklusive Adeg) auf etwa 35 Prozent, Spar auf fast 30 Prozent Marktanteil.

Kunden kaufen nach wie vor gern

Mit der gemeinsamen Marke schmiede man auch eine „Allianz gegen den Preisauftrieb“, so Wichtl. Einen negativen Effekt auf den Konsum hatte dieser bisher allerdings nicht. „Die Konsumbereitschaft ist nach wie vor da“, sagt Wichtl. Man beobachte keine großen Schwankungen im Vergleich zu den vergangenen Jahren. „Das hat auch mit der psychischen Verfassung der Menschen zu tun. Sie sind nicht so pessimistisch.“

Außerdem, so Wichtl, müsse man sich an schwankende Preise und „Wellenbewegungen“ bei Lebensmitteln gewöhnen. Trotz aller Aufschreie, wenn Produkte teurer werden, habe es im gesamten Lebensmittelhandel 2010 schließlich eine Deflation gegeben.

Auf einen Blick

Die kleineren heimischen Händler tun sich zusammen, um den billigen Eigenmarken der Riesen Spar und Rewe Paroli zu bieten und bringen die gemeinsame Billigmarke „Jeden Tag“ in die Regale. Die Offensive könnte Grundstein für weitere Kooperationen der kleineren Händler sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.05.2011)

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