Pensionen essen Zukunft auf

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Laut Mittelfristplanung des Bundes fallen im Jahr 2015 bereits 40 Prozent der Staatsausgaben für Pensionen und Zinsen an. In Zukunftsbereiche wie Bildung und Forschung soll dafür deutlich weniger Geld fließen.

Wien/Jaz. Verstärkte Investitionen in Bildung und Forschung sind in Österreich unerlässlich, um das Land als Wirtschaftsstandort attraktiv zu halten. Darüber sind sich sämtliche Experten einig. Und auch in kaum einer politischen Sonntagsrede darf die Beschwörung dieser Zukunftsbereiche fehlen. Wie das Ganze dann in der Realität aussieht, ist jedoch etwa am Bundesfinanzrahmengesetz ersichtlich, dass der Rechnungshof im Rahmen seiner Prüfung des staatlichen Rechnungsabschlusses unter die Lupe genommen hat. So sollen die Ausgaben für Pensionen und Zinsen in den nächsten vier Jahren drastisch ansteigen und 2015 bereits 40 Prozent der staatlichen Ausgaben betragen (derzeit sind es noch 33,9 Prozent). Die Ausgaben für Bildung und Forschung oder Wirtschaft, Infrastruktur und Umwelt sollen indes in Relation deutlich sinken.

Ähnliche Kritik von IWF und OECD

„Gemäß diesem Szenario werden Einnahmensteigerungen zur Abdeckung der wachsenden Zinsenlasten und steigenden Ausgaben für Pensionen (,vergangenheitsbezogene Ausgaben‘) verwendet werden müssen, sodass der Spielraum für eine Ausweitung ,zukunftsbezogener Ausgaben‘ beschränkt ist“, schreiben die Prüfer in ihrem Bericht. Sie schließen sich damit der Kritik an, die von IWF, OECD oder dem heimischem Staatsschuldenausschuss bereits seit Jahren gebetsmühlenartig wiederholt wird. In absoluten Zahlen wird die Republik 2015 mit 30,2 Mrd. Euro bereits zweieinhalbmal so viel für Pensionen und Zinsen ausgeben wie für Bildung, Forschung, Kunst und Kultur. 2010 waren es noch 22,8 Mrd. Euro (rund neun Mrd. davon wurden über die ASVG-Pensionsbeiträge gedeckt).

Grund für diesen rasanten Anstieg bei den Pensionskosten ist eine ständig wachsende Lebenserwartung bei einem konstant niedrigen Pensionsantrittsalter. So gehen die Österreicher mit durchschnittlich 58,9 Jahren bei Männern und 57,5 Jahren bei Frauen am zweitfrühesten von allen OECD-Ländern in Pension. Lediglich Luxemburger und Slowakinnen legen die Arbeit noch ein wenig früher nieder. Vom gesetzlichen Pensionsantrittsalter oder dem OECD-Schnitt von 63,6 Jahren bei Männern oder 62,4 Jahren bei Frauen ist die Alpenrepublik weit entfernt.

Vor allem die Sonderpensionen abseits der regulären Alterspension sorgen hierzulande für ein unterdurchschnittlich niedriges Pensionsantrittsalter. Lediglich die Hälfte der 2,2 Millionen Pensionisten (exklusive Beamten) bezieht eine solche „Normalpension“. Durch die umstrittene Hacklerregelung traten bisher 115.000 Österreicher in den Ruhestand, 470.0000 beziehen eine Invaliditätspension, die im Schnitt mit einem Alter von 51 Jahren angetreten wird.

Die hohen Pensionskosten sind somit auch ein Grund für die ständig steigende Staatsverschuldung, was die Zinskosten für den staatlichen Schuldenberg stetig erhöht. Seit 2009 schafft Österreich nicht einmal mehr einen Primärüberschuss – also ein positives Budget exklusive Zinszahlungen. So benötigte der Bund im Vorjahr um drei Mrd. Euro mehr Geld für die operativen Ausgaben, als er einnehmen konnte.

Inklusive der Zinszahlungen und aufgelöster Rücklagen blieb ein „administrativer Saldo“ von 7,8 Mrd. Euro oder 2,8 Prozent des BIPs. Unter dem Strich musste die Republik (samt Gemeinden, Ländern, Sozialversicherungsträgern) ein Maastricht-Defizit von 13,2 Mrd. Euro oder 4,6 Prozent des BIPs hinnehmen.

Seniorenbund: Ärger über Bruttozahlen

Kritik an den Zahlen des Rechnungshofs kam am Mittwoch von Seniorenbund-Obmann Andreas Khol (ÖVP). Er stößt sich daran, dass es sich bei den Zahlen lediglich um Bruttozahlen handle, „von denen die Pensionisten sofort wieder Steuern und Sozialabgaben zurück überweisen“.

So hätten Berechnungen der WU Wien ergeben, dass Pensionisten im Jahr 2009 Lohnsteuer in Höhe von 4,75 Mrd. Euro und Sozialversicherungsbeiträge im Ausmaß von 2,26 Mrd. Euro gezahlt haben.

Grafik: Die Presse

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.09.2011)

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