Land der Gründer, hürdenreich

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Nur jeder zwanzigste Österreicher will Unternehmer werden. Kein Wunder, gründen ist langwierig und teuer. Im „Doing Business“-Report der Weltbank rutscht Österreich stark ab.

Wien. Wer in Österreich eine Firma gründen will, gilt immer noch als Exot. Während EU-weit bereits jeder zehnte Erwachsene konkret plant, Unternehmer zu werden, ist das nicht einmal für halb so viele Österreicher ein Thema, wie aus dem Ergebnis des ersten „Competitiveness Report“ der EU-Kommission hervorgeht.

Woran liegt das? Leben wir in einem Land der Mutlosen? Oder legt der heimische Amtsschimmel angehenden Gründern doch zu viele Steine in den Weg? Die wahrscheinlichste Antwort geben zwei Studien, die jüngst zu dem Thema erschienen sind: Sowohl die hohe Risikoscheu der Österreicher als auch bürokratische Hürden hemmen hierzulande den Tatendrang.

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134. Rang bei Firmengründung

So reiht die Weltbank das Land in ihrem aktuellen Bericht „Doing Business 2012“, in dem sie die Rahmenbedingungen für Unternehmer weltweit vergleicht, nur auf den 32.Rang. Damit rutscht das Land im Vergleich zum Vorjahr gleich um vier Plätze ab. 13EU-Staaten, aber auch Länder wie Mazedonien, bieten Firmen bessere Bedingungen. An der Spitze dieser rein wirtschaftlichen Betrachtung liegt einmal mehr Singapur.

Als besonders hürdenreich kritisieren die Autoren schon den Weg zur eigenen Firma. Wer in Österreich sein Glück als Unternehmer versuchen will, sollte sich dafür ein wenig Zeit nehmen, keine Scheu vor Amtswegen und auch das nötige Kleingeld in der Tasche haben, schreiben sie. Bis alle acht Amtswege von der Firmenbucheintragung bis zur Pflichtveröffentlichung in der Wiener Zeitung erledigt sind muss jeder angehende Gründer einer GmbH schon einmal 28 Tage einplanen.

Damit landet Österreich in puncto Unternehmensgründung auf dem Rang134 von 183 untersuchten Ländern. Die Experten der Weltbank (befragt werden heimische Institutionen, Behörden, Steuerexperten und Unternehmer) bemängeln auch das hohe Startkapital. So muss jeder Gründer mehr als die Hälfte der jährlichen Wirtschaftsleistung pro Kopf auf dem Bankkonto liegen haben. Im OECD-Schnitt sind es 15 Prozent.

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Gute Überlebenschancen

Sabine Skarpil-Zauner vom Gründerservice der österreichischen Wirtschaftskammer kann diese Zahlen nicht nachvollziehen. „Wer in Österreich ein Einzelunternehmen gründen will und alle Unterlagen beisammen hat, kann das in 15 Minuten tun“, beteuert sie. Dass internationale Studien stets die GmbH als „Musterunternehmen“ wählen, verzerre das Resultat, da hierzulande fast 80Prozent aller 30.000 Firmen, die jährlich gegründet werden, Einzelunternehmen sind (siehe Grafik). Was angehenden GmbH-Gründern helfen würde, wäre die Einführung der lange angekündigten „GmbH light“, sagt Skarpil-Zauner.

Die EU-Kommission sieht noch einen anderen Grund für die niedrige Unternehmerdichte: Die Einstellung zum Unternehmertum und die Risikobereitschaft in Österreich bleibe „eine kulturelle Herausforderung“ und werde „mehr Zeit brauchen, um sich zu ändern“, schreiben die Brüsseler Beamten. Zwischen diesen sorgfältig gewählten Worten verbirgt sich eine harte Vermutung: Österreicher sind zu feige, um Unternehmer zu werden. Einen Grund dafür sieht die EU auch in der mangelnden Wirtschaftsausbildung an Schulen.

Dabei stellt Brüssel der heimischen Wirtschaft ansonsten ein gutes Zeugnis aus. Der Strom sei relativ billig, die Mitarbeiter produktiv und vor allem: Ist die Firma einmal gegründet, hat sie gute Chancen zu überleben. Mehr als acht von zehn Firmen überstehen zumindest das dritte Jahr. Das ist deutlich über dem EU-Schnitt.

„Firmen zu hoch besteuert“

Die Weltbank ist in ihrem Urteil skeptischer. Zwar lobt auch sie die sichere Stromversorgung, starke Rechtssicherheit und vergleichsweise leichten Zugang zu Kapital. Doch für die Ökonomen aus Washington hören die Probleme der heimischen Unternehmer nach der Gründung nicht auf. Der größte Dorn im Auge der Autoren ist die hohe Steuerlast. Mehr als die Hälfte des Jahresgewinns (53,1Prozent) müssen die Firmen an den Fiskus abliefern. Mit dieser Quote schafft es Österreich gerade auf den 81.Rang, genau zwischen Aserbaidschan und Griechenland.

Auf einen Blick

30.000 Firmen werden jedes Jahr in Österreich gegründet. Fehlender Mut und bürokratische Hürden hemmen den Tatendrang heimischer Unternehmer, warnen zwei internationale Studien. Dabei sind die Chancen für die meisten Gründer nicht schlecht. Über achtzig Prozent aller heimischen Firmen überleben zumindest die ersten drei Jahre.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.10.2011)

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