AvW-Pleite: Tausende geschädigte Anleger könnten leer ausgehen

Tausende durch die AvW-Pleite geschädigte Anleger könnten leer ausgehen
Tausende durch die AvW-Pleite geschädigte Anleger könnten leer ausgehen(c) APA (Hans Klaus Techt)
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Der OGH fügt den Masseverwaltern eine Niederlage zu. Anleger haben möglicherweise eine Verjährungsfrist verpasst. Vor 2014 werden die Betrogenen keinesfalls entschädigt werden.

Wien. Ein Urteil des Obersten Gerichtshofes (OGH) lässt tausende Anleger der insolventen AvW zittern. Das Gericht befand, dass eine Zusammenlegung der Konkursmassen der Mutter AvW-Gruppe und der Tochter AvW-Invest rechtswidrig ist. Die Masseverwalter argumentierten stets für eine solche Zusammenlegung. Viele Anleger brachten ihre Forderungen deshalb nur bei der Mutter ein. Ob sie nun auch bei der Tochter Schadenersatz beanspruchen dürfen, ist ungewiss. Möglicherweise ist die Verjährungsfrist dafür bereits abgelaufen.

Die AvW-Invest agierte jahrelang als Vertriebsgesellschaft der AvW-Gruppe und verkaufte Genussscheine. Der mittlerweile zu acht Jahren Haft verurteilte Wolfgang Auer-Welsbach schob Millionen zwischen den beiden Firmen hin und her. Deshalb sei nur schwer feststellbar, welcher Firma welches Vermögen zuzuordnen sei, hatten die Masseverwalter argumentiert. Der OGH befand: Die Tatsache, dass die zwei Firmen wirtschaftlich eine Einheit bildeten, ändere „nichts an der rechtlichen Selbstständigkeit". Das Urteil liegt der „Presse" vor.

Für die Anleger könnte die Entscheidung weitreichende Folgen haben: Von bisher 10.600 eingegangenen Forderungen stellten 8100 Geschädigte ihren Antrag bei der Dachgesellschaft AvW-Gruppe und nur 2500 bei der Tochter AvW-Invest.

Es ist möglich, dass nur aus dem Vermögen der AvW-Invest Geld für die Geschädigten übrig bleibt. Laut dem aktuellen Bericht der Masseverwalter konnten aus der AvW-Gruppe bislang 45,8 Mio. Euro an Vermögen veräußert werden. Aus der AvW-Invest sind es 21 Mio. Euro. Allerdings hat die Republik Österreich eine Forderung von 58 Mio. Euro an die Gruppe angemeldet. Noch ist nicht endgültig geklärt, ob diese vorrangig bedient wird. Sollte das der Fall sein, würden geschädigte Anleger eventuell nur aus dem Vermögen der AvW-Invest bedient werden.

„Das Urteil ist keine Tragödie", meint Masseverwalter Gerhard Brandl zur „Presse". Man werde den Geschädigten nun empfehlen, ihre Ansprüche eben auch an die AvW-Invest zu stellen. Das sei zwar „unangenehm und mit einem zusätzlichen Aufwand verbunden". Es ändere aber nichts daran, „dass alle Geschädigten gleich behandelt werden."

Anders sieht das der Anlegeranwalt Gerald Otto. Er vertritt mehrere Genussscheininhaber, die ihre Forderungen bereits bei der AvW-Invest eingebracht haben. Er war es auch, der die Zusammenlegung der beiden Gesellschaften vor dem OGH anfechten hat lassen. „Ich glaube nicht, dass Schadenersatzansprüche nun noch eingebracht werden können", erklärt Otto.

Seine Argumentation: Der Skandal rund um den einst angesehenen Investor Auer-Welsbach nahm bereits im Oktober 2008 seinen Lauf. Damals stellte der Finanzkonzern die Rücknahme der Genussscheine ein. Betroffen sind bis zu 13.000 Anleger. Sie haben 410 Mio. Euro verloren. „Die Verjährungsfrist von drei Jahren ist mittlerweile abgelaufen", sagt Otto.

Sollten jene 8100 Geschädigten, die bisher ihre Forderungen nur gegen die Gruppe eingebracht haben, nun auch von der AvW-Invest Schadenersatz verlangen, werde er das bekämpfen, so der Anwalt.

Der Jurist geht sogar noch einen Schritt weiter und fordert die Abberufung der Masseverwalter Gerhard Brandl und Ernst Malleg. Es sei offensichtlich, dass die Masseverwalter nun für zwei Konkurse zuständig seien und deshalb ein Interessenskonflikt herrsche. „Unfug", sagt Brandl. Er will sein Amt keinesfalls zurücklegen und unterstellt Otto „Profilierungssucht".

Unabhängig davon, wie die aktuellen Rechtsstreitigkeiten ausgehen: Vor 2014 werden die Betrogenen keinesfalls entschädigt werden. Ein weiterer Richtspruch des OGH steht nämlich noch aus. Darin geht es um die Frage, ob Genussscheine als Eigen- oder Fremdkapital zu werten sind. Eine Entschädigung steht den Anlegern nur zu, wenn es sich um Fremdkapital handelt. „Mit einer Entscheidung rechnen wir in ein bis zwei Jahren", sagt Brandl.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10. Dezember 2011)

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