Telekoms, die großen Verlierer

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Klassische Telekomkonzerne müssen ihre Geschäftsmodelle ändern, wollen sie nicht in die Verliererrolle rutschen. Das große Milliardengeschäft mit Apps geht an ihnen vorbei. Die Fusionswelle rollt jetzt an.

Wien. Binnen fünf Jahren sind die Preise für Telefonieren, SMS und Datendienste um rund 60 Prozent gefallen. Österreich ist damit Spitzenreiter in der EU. Aber auch in den anderen Ländern zeigt die Preisspirale nach unten. Was aber die Konsumenten freut, lässt die Telekomkonzerne schwitzen. Deutsche Telekom, France Télécom und auch Telekom Austria kommen wegen des Preisdrucks sowie fallender Erlöse infolge der von der EU verordneten Senkung der Roaming- und Durchleitungsgebühren in Bedrängnis – zumal sie gleichzeitig Milliarden in neue Breitbandnetze für die nächste Technologiegeneration investieren müssen.
Das ist aber nicht der einzige Grund: „Ihr ganzes Geschäftsmodell als Netzbetreiber erodiert“, sagt Telekom-Regulator Georg Serentschy. Denn das große Geschäft machen die anderen: die Apples, Googles, Microsofts, Blackberrys und Facebooks mit ihren Apps, die Smartphones erst smart gemacht haben. „Niemand würde ein Smartphone kaufen, wenn es keine Apps gäbe“, sagt Serentschy. Apple und Google bauen zwar auch Handys, und Google hat mit dem offenen Betriebssystem Android einen Hit gelandet. Der Goldrausch spielt sich aber bei den Miniprogrammen ab.

Nach Einschätzung des Marktforschers Gartner hat sich die Zahl der App-Downloads im laufenden Jahr auf rund 18 Milliarden Stück mehr als verdoppelt. Global werden App-Stores durch mobile Anwendungen heuer über 15 Mrd. Dollar umsetzen, dreimal so viel wie 2010. Bis 2014 sollen die Umsätze mit den bunten Programmen auf 58 Mrd. Dollar in die Höhe schießen.

Preise können nicht erhöht werden

Die klassischen „Telcos“ müssen daher umdenken, wollen sie nicht in die Verliererrolle rutschen. Da sie die Tarife wegen des Konkurrenzdrucks nicht erhöhen können (was sie eigentlich müssten), geht Serentschy davon aus, dass Europas Telekombranche – ähnlich wie die Luftfahrt – von einer neuen Fusionswelle erfasst wird. Die „Flucht in die Größe“ garantiere aber noch keinen Erfolg – „außer die gewonnenen Synergien werden in Innovationen gesteckt“. Eigentlich müssten sich die klassischen Telekomkonzerne mit den durch die Bank in den USA beheimateten großen Herausforderern zusammentun. Aber warum sollten das Apple und Co. tun?

Wie auch immer dieses spannende Match ausgeht – „mit der Marktveränderung muss sich auch die Regulierung ändern, das ist die große Herausforderung“, meint Serentschy. Denn das regulatorische Instrumentarium stammt noch aus den Anfängen der Marktliberalisierung vor 15 Jahren. Bis heute unterliegen die App-Anbieter keinerlei Regulierung.

Das Arbeitsprogramm der EU-Dachorganisation der Telekom-Regulierer Berec (Body of European Regulators for Electronic Communications), deren Vorsitz Serentschy 2012 innehat, ist entsprechend umfangreich. Es reicht vom Roaming über die Breitbandentwicklung und von der Überprüfung der Universaldienste bis zur Frequenzvergabe und Netzneutralität. Gerade Letzteres, der gleichberechtigte Zugang zum Datennetz, sei ein heißes Thema. Noch haben weder die EU-Kommission noch Berec dazu eine konsolidierte Meinung. „Wir müssen dazu der Kommission im nächsten Jahr einen Vorschlag machen“, sagt der RTR-Chef.

Geschwindigkeit kostet mehr

Das Modell unterschiedlicher Serviceklassen mit „Gold-, Silber- und Bronzekunden wie beim Fliegen“ weist Serentschy nicht ganz von der Hand. Wer sich mit einer langsameren Datenübertragung zufrieden gibt, müsste demnach weniger zahlen. Die große Frage sei allerdings die Transparenz für den Endkunden. Außerdem sei ungeklärt, wie man mit dem Umstand vieler „Goldkunden“ umgeht. „Wenn man sich vom Gedanken der Netzneutralität verabschiedet, öffnet man eine Pandorabüchse mit neuen Fragen.“

In Österreich steht die Übernahme des drittgrößten Handynetzbetreibers Orange durch das kleinere Unternehmen „3“ (Hutchison) im Raum. Die Gespräche laufen schon seit Längerem. Anträge beim Regulator und bei der Bundeswettbewerbsbehörde liegen aber noch nicht vor. Die schon lange erwartete Konsolidierung im Mobilfunk ist möglich, weil der Finanzinvestor Mid Europa Partners seine 65 Prozent an Orange dem Minderheitsaktionär France Télécom andienen kann. Die Franzosen wollen sich von Orange trennen. Gerüchten zufolge spießt es sich am Preis. Kolportiert wurden zuletzt 1,4 Mrd. Euro. Außerdem muss der Deal noch von den EU-Wettbewerbshütern genehmigt werden.

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