Düstere Aussichten für die spanische Volkswirtschaft

Duestere Aussichten fuer spanische
Duestere Aussichten fuer spanische(c) AP (Paul White)
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Die Aussichten Spaniens sind düster – und es wird vermutlich noch schlimmer kommen: Auch nach dem Regierungswechsel sorgen hohe Arbeitslosigkeit und Budgetdefizit in Spanien für Zukunftsängste und Proteste.

Madrid. Der konservative Regierungschef Mariano Rajoy hat im Parlament das spanische Volk auf schwere Zeiten vorbereitet. Die hohe Arbeitslosigkeit, die jetzt schon bei 23Prozent liegt, werde sich „in 2012 noch verschlechtern“. Es gibt also auch nach dem Regierungswechsel von den Sozialisten zu den Konservativen zunächst keine Hoffnung auf ein Ende der spanischen Krise. Rajoy: „Die Situation ist kritisch.“

Das gilt offenbar auch für Spaniens Schuldenberg und die Chancen, die mit der EU vereinbarten Sparziele zu erreichen. Spaniens Neuverschuldung lag 2011 laut Rajoy bei „mindestens acht Prozent“ des Bruttoinlandsproduktes (BIPs).Versprochen waren für 2011 sechs Prozent und für das laufende Jahr 2012 nicht mehr als 4,4Prozent des BIPs.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) schätzt, dass Spaniens Haushaltsdefizit bis 2013 nicht unter die Sechs-Prozent-Marke sinken wird – geschweige denn jene drei Prozent erreicht, auf welche nach den EU-Beschlüssen die Neuschulden bis 2013 reduziert werden müssten. Es gilt inzwischen als ziemlich wahrscheinlich, dass Spanien die Europäische Union um mehr Zeit bitten wird, um das Euro-Stabilitätsziel von maximal drei Prozent Etatminus zu erreichen.

Rajoys Worte, dass es Zeit brauchen werde, bis die Reformen greifen und die Nation „Ergebnisse ernten“ könne, weisen in diese Richtung. Obwohl die neue Regierung versucht, mit hohem Reformtempo aus dem tiefen Finanz- und Wirtschaftstal zu steuern: harte Ausgabenkürzungen, Steuererhöhungen, Einstellungsstopp im öffentlich Dienst, Kampf gegen Steuerbetrug und Schwarzarbeit, Bankenreform. Als nächster Schritt kommt eine Liberalisierung des Arbeitsmarktes, um neue Jobs zu schaffen. Rajoy: „Wir müssen es schaffen, den Trend zu drehen.“

Häufige Proteste auf der Straße

Währenddessen macht sich auf Spaniens Straßen immer mehr Protest bemerkbar. Nicht nur in der Hauptstadt Madrid demonstrieren regelmäßig unzufriedene Bürger und rufen: „Nein zu den Sparmaßnahmen!“ Darunter befinden sich viele Lehrer und Krankenschwestern, die durch den Kahlschlag die Zukunft des Bildungs- und Gesundheitssystems gefährdet sehen.

Aber auch viele junge Spanier, die keine Perspektiven in ihrem Land sehen, sind unter den Protestierenden auf der Straße. Die Gewerkschaften schreiben schon an den Aufrufen zu neuen Arbeitsniederlegungen und bestätigen damit Rajoys Befürchtung, dass bald ein Generalstreik drohen könnte.

Spaniens Chancen auf eine schnelle Erholung werden zudem durch die sich verschärfende Wirtschaftsflaute getrübt: Nach dem immer noch nicht verdauten Immobiliencrash, der auch die Industrie in die Tiefe zog, dürfte die nationale Wirtschaftsleistung im Jahr 2012 laut der spanischen Zentralbank um mindestens 1,5Prozent schrumpfen.

Deswegen wird sich zunächst das Arbeitslosendrama weiter verschlimmern, eine Horrorquote von bis zu 25Prozent wird befürchtet. Und die Lage der leeren Haushaltskasse, die vor allem von Steuern abhängig ist, dürfte sich erst mal nicht nennenswert verbessern.

Wegen der nicht gelösten Probleme ließen die beiden großen globalen Ratingagenturen Standard & Poor's sowie Fitch Spaniens Kreditwürdigkeit in den letzten Wochen um zwei Noten fallen – und sie bewerteten die weiteren Perspektiven einhellig mit „negativ“.

Auf einen Blick

Spanien wird sein angestrebtes Budgetdefizit vermutlich längere Zeit nicht erreichen können. Der Internationale Währungsfonds (IWF) schätzt, dass das Defizit des Staates bis 2013 nicht unter die Marke von sechs Prozent gedrückt werden kann. Auch die Wirtschaftsleistung des Landes dürfte heuer sinken. Auswirkungen wird das unter anderem auf den Arbeitsmarkt haben. Eine Arbeitslosenrate von 25Prozent wird befürchtet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.02.2012)

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