Investor Pecik: "Ich will nie mehr arm sein"

(c) FABRY Clemens
  • Drucken

Ronny Pecik hat mit spektakulären Investments im In- und Ausland einen ambivalenten Ruf erworben. Jetzt greift der Millionär nach einem der wertvollsten Konzerne Österreichs, der Telekom.

Opernball: Treffpunkt der Seitenblicke-Schickeria, verbrämt mit ein paar Politikern und Künstlern. Die Crème de la Crème der Wirtschaft scheut hingegen längst das Tanzparkett – sei es, weil sich der teure Auftritt in Zeiten der Krise nicht so gut macht, sei es, dass Geschäfte ohnedies besser auf Golfplätzen oder in Vorstandsetagen geschlossen werden.

Heuer straften zumindest zwei Männer, die derzeit die heimische Wirtschaftsszene kräftig durcheinanderwirbeln, dieses Klischee Lügen. Seit Ronny Pecik mit seinem ägyptischen Partner und Financier Naguib Sawiris im Herbst des Vorjahres ein dickes Aktienpaket an der Telekom Austria erworben hat, herrscht nicht nur in der Chefetage des Konzerns und bei der Staatsholding ÖIAG Aufregung. In ihrer Loge am Opernball dürften sich die beiden Herren nicht nur über die Strategie bei der Telekom, sondern auch andere spektakuläre Deals unterhalten haben.

Der gebürtige Kroate, der mit vier Jahren nach Österreich kam und nach dem vorzeitigen Abgang aus dem Gymnasium Starkstromtechniker wurde, macht dieser Ausbildung alle Ehre. Pecik ist immer unter Strom. Der Privatjet steht aufgetankt bereit. Als ihm ein hohes Herzinfarktrisiko bescheinigt wurde, wechselte er den Arzt. Wenn es um einen heißen Deal geht, arbeitet er halt ein paar Nächte durch. Dennoch träumt er davon, alt zu werden.

Das richtige G'spür. Wenn der richtige Moment kommt, gilt es schnell zuzugreifen. Nach diesem Motto denkt und handelt Pecik, der gerade seinen 50. Geburtstag feierte. Er ist nicht nur sehr schnell, er hat auch das richtige G'spür für lukrative Deals und riskiert viel. Was die Nervosität bei der Telekom vor allem so steigen lässt: Pecik widerlegt gerade seinen Ruf, er sei nur ein Spekulant, ein Finanzjongleur, der auf raschen Gewinn abziele und seinen Anteil bald vergolden werde. „Ein Spekulant baut keine Unternehmen auf, ich hingegen sehr wohl“, hat er kürzlich erklärt.

„Ich will die Telekom, die 2011 Verluste schrieb, strategisch neu ausrichten und auf Wachstumskurs bringen“, sagt er der „Presse am Sonntag“. Dazu gehen er selbst und Sawiris in den Aufsichtsrat, dazu etabliert er mit Georg Donaubauer einen dritten Vorstand. Eine Rückkehr in die schwarzen Zahlen würde auch den Aktienkurs beflügeln – und Peciks Anteil, der jetzt rund 800 Millionen Euro schwer ist, deutlich verteuern.

Wie man über Nacht bei einem Unternehmen die Kontrolle übernimmt und es dann so umgestaltet, dass es Gewinn abwirft – das hat Pecik gleich mehrfach demonstriert.

Der erste Firmenkauf war für den jungen Mann nicht der schlechteste. 13 Jahre lang hatte Pecik, den die Welt des Geldes immer interessiert hatte, bei der Länderbank das Geschäft mit Optionen und den Handel mit Derivaten von der Pike auf gelernt. Immerhin arbeitete er am Aufbau der ÖTOB (Österreichische Termin- und Optionenbörse) mit.

In der Länderbank lernte er Mirko Kovats kennen – eine schicksalhafte Begegnung, die die heimische Industrieszene jahrelang in Atem halten sollte. Noch während Pecik bei der Raiffeisenbank Wolfsberg (RBB) arbeitete – die kleine Bank geriet später nach hohen Spekulationsverlusten ins Trudeln, worüber er heute nur ungern spricht – kauften die beiden 1997 den maroden Salzburger Werkzeugmaschinen-Bauer Emco. Der einstige Osthändler Kovats träumte von einem großen „Old-Economy-Konzern“. In dem risikofreudigen und in Finanzbelangen versierten Pecik fand er den kongenialen Partner. Man kaufte billige Firmen, nach der Emco kam die Austria Antriebstechnik. Der Grundstein für die A-Tec war gelegt. Pecik war es auch, der die Initialzündung für den Börsegang der A-Tec im Jahr 2006 gab.

Die A-Tec allein war für den Workaholic nicht abendfüllend. Eine eigene Bank – das entsprach ganz seinem Wunsch. Und so gründete er mit einer Gruppe von Partnern die M&A Bank (wo er schon länger nicht mehr engagiert ist). Geld sei zwar nur ein „Nebenprodukt meiner Tätigkeit, die mir ungemein Spaß macht“, sagt er. Was ihn wirklich treibt? „Ich will nie wieder arm sein.“

Geld kam durch zwei andere Coups in die Kasse: In einer Gruppe um Rechtsanwalt Rudolf Fries kaufte Pecik 27 Prozent des zur Privatisierung anstehenden Edelstahlkonzerns Böhler-Uddeholm. Pecik stieg schon ein Jahr später mit Gewinn aus.

Kovats: Schrecken der Aktionäre. 2003 zogen sich Pecik und Kovats den Unmut des ehemaligen „Verstaatlichten-Adels“ zu, als sie sich beim Mischkonzern VA Tech einkauften. Kovats mischte die bisher lethargischen Hauptversammlungen kräftig auf und wurde zum Schrecken der anderen Aktionäre. „Ich wollte die VA Tech ganz übernehmen, als das nicht gelang, stießen wir das Aktienpaket mit sechsfachem Gewinn an Siemens ab“, erinnert sich Pecik. Das Schicksal der VA Tech war besiegelt. Der aus Teilen der einstigen Verstaatlichten zusammengewürfelte Konzern wurde von Siemens übernommen.

Rund um den Börsegang der A-Tec zerriss die Freundschaft zu Kovats. Insider meinen, dass Kovats ohne Mastermind Pecik nichts mehr gelang. Im Oktober 2010 schlitterte die A-Tec in die Pleite und wurde zerschlagen. Pecik schweigt dazu – auch eine Antwort.

2005 gelang den beiden aber noch das „Meisterstück“: Der im Besitz des Schweizer Industriellenclans Anda-Bührle stehende Konzern Oerlikon schlingert. Pecik riecht den Braten. Mithilfe des Akquisitionsvehikels Victory reißen sie die Macht an sich und booten in einer spektakulären Hauptversammlung die Familie aus.

Die Oerlikon war in der Schweiz nur die erste Beute. Es folgten die Maschinenbauer Sulzer und Saurer, dann die Ascom. Kovats ging, dafür kamen der Immobilien-Tycoon Georg Stumpf und der russische Oligarch Viktor Vekselberg. Den hatte Pecik bei einem Urlaub in Kroatien kennengelernt. Die Eidgenossen standen Kopf und tobten über die „Räuber“, die ihre Industrieperlen wegkauften. Diesen Vorwurf kannte Pecik aus seiner neuen Heimat Österreich nur zu gut, wenn ausländische Investoren auf Einkaufstour gingen. Die Brau Union war so ein Fall, die Austria Tabak, die Bank Austria. Heute lacht er darüber. „Als wir die Oerlikon kauften, machte sie Verluste, heute ist sie die erfolgreichste Industriegruppe der Schweiz.“

Die Methode, sich mit dem Erwerb von Aktienoptionen die Kontrolle zu sichern, brachte Pecik, Stumpf und Vekselberg in der Schweiz eine Anzeige der Schweizer Finanzmarktaufsicht wegen Verletzung der Meldepflichten ein. Das Verfahren endete aber mit einem Freispruch, das Bußgeld in Millionenhöhe blieb ihnen erspart. Leisten hätten sie sich es können. Allein Peciks Privatvermögen wurde vom Magazin „Trend“ auf 170 Millionen Euro geschätzt.

Aktien am Höchststand verkauft.
Das lässt schließen, dass er aus seinen Deals meist mit Gewinn ausgestiegen ist. Bei der Oerlikon war das sicher der Fall. Sogar das kurzfristige Engagement bei der 2009 in den Konkurs geschlitterten Fluglinie SkyEurope erwies sich als lukrativ. „Ich hab die Aktien am Höchststand abgestoßen.“

Nach dem SkyEurope-Abenteuer zog sich Pecik, dessen Privatleben für die Öffentlichkeit absolut tabu ist, zurück. Fad war ihm sicher nicht: Denn mit der Amira Air hat er ein florierendes Bedarfsflugunternehmen aufgezogen. „Wir haben 15 Jets und 80 Mitarbeiter.“ Reisen ist für ihn dennoch Arbeit. Und Luxus? „Ein Wochenende zu Hause zu sein, mit der Familie und Freunden.“ Mit dem Einstieg bei der Telekom ist jetzt Schluss mit der Beschaulichkeit.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.03.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.