Grasser: Liechtenstein verweigert Einblick in Akten

Karl-Heinz Grasser
Karl-Heinz Grasser(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Paukenschlag bei den Ermittlungen gegen Ex-Minister Grasser: Eine Anklage rückt nach einem Gerichtsentscheid in weite Ferne.

Karl-Heinz Grasser kann aufatmen. Ein Gerichtsverfahren gegen ihn in der Causa Buwog ist in weite Ferne gerückt. Möglicherweise wird es sogar nie zu einer Anklage kommen. Denn wichtige Unterlagen aus Liechtenstein, die unerlaubte Geldflüsse an den ehemaligen Finanzminister belegen sollen, bleiben der Justiz in Wien verwehrt: Die Dokumente dürfen nicht an Österreich übergeben werden, entschied vor wenigen Tagen das Fürstliche Obergericht in Vaduz.

Für die Korruptionsstaatsanwaltschaft in Wien ist das ein herber Rückschlag. Seit fast einem Jahr warten die Behörden auf die Akten, die im April 2011 bei einer Hausdurchsuchung bei Grassers Wirtschaftstreuhänder in Vaduz beschlagnahmt worden waren. Welche Bedeutung die Justiz diesen Akten beimisst, kann man an der Begründung der Richterin erahnen, die Ende Februar über eine Einstellung des Verfahrens gegen den Ex-Minister entschied. Sie sprach sich für eine Fortführung aus, weil spätestens dann, wenn die Unterlagen aus Liechtenstein in Österreich eintreffen, „vernünftigerweise eine Intensivierung des Tatverdachts erwartet" werde.

Auf diese „Intensivierung des Tatverdachts" wird man warten müssen. Das Obergericht in Vaduz hat einer Beschwerde der Grasser-Anwälte gegen die Beschlagnahme und Ausfolgung der Akten Folge geleistet. Die Richter begründen das in einer der "Presse" vorliegenden Erklärung damit, dass für einen Wirtschaftstreuhänder ein Zeugnisentschlagungsrecht gelte. Er darf also nicht dazu gezwungen werden, gegen seine Kunden auszusagen.

Das inkludiere auch ein „Umgehungsverbot": Die Behörden dürfen das Entschlagungsrecht nicht dadurch umgehen, dass sie Akten des Wirtschaftstreuhänders beschlagnahmen. Das ist aber im April vergangenen Jahres bei der Hausdurchsuchung passiert. Laut Obergericht war diese Beschlagnahme rechtswidrig, die Akten dürfen somit in dem Verfahren nicht verwendet werden.

Grasser-Anwalt Manfred Ainedter kann zu den neuen Entwicklungen wenig sagen. Er finde es aber bedauerlich, dass es nun zu weiteren Verzögerungen komme.

Staatsanwaltschaft irritiert

Die Staatsanwaltschaft in Liechtenstein ist über die Entscheidung irritiert. „Wir teilen die Rechtsansicht des Fürstlichen Obergerichts nicht", erklärte Frank Haun, Stellvertreter des Leitenden Staatsanwalts, der "Presse". Man halte die Beschlagnahme für gesetzeskonform, daher werde man gegen diese Entscheidung Berufung beim Obersten Gerichtshof einlegen.

Das bedeutet im besten Fall, dass Wien auf eine neue Entscheidung "zwei, drei Monate" warten muss, wie Haun betont. Lehnt auch der Oberste Gerichtshof eine Übergabe der Akten an die Wiener Justiz ab, ist der Rechtsweg für die Ankläger erschöpft. „Dann können wir nichts mehr machen", bestätigt der Staatsanwalt.

Hebt das Oberste Gericht dagegen die Entscheidung auf und erlaubt eine Übermittlung nach Wien, kommt es vermutlich zu einer weiteren Verzögerung. Denn Grassers Anwälte können dann eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof einbringen, der erneut über die Causa befinden muss. Das werde "zumindest ein halbes Jahr" dauern.

Eine Anklage in der Causa Grasser noch heuer, wie das die Staatsanwaltschaft geplant hatte, scheint damit auf jeden Fall nicht mehr realistisch. Bei einer Ablehnung bricht möglicherweise sogar das ganze Verfahren zusammen.

Denn die Konten, Firmen und Stiftungen Grassers in Liechtenstein sind zentraler Teil der Ermittlungen. Über sie sollen 2004 Provisionszahlungen beim Verkauf der Bundeswohnungen Buwog gelaufen sein. Der PR-Berater Peter Hochegger und der Ex-FPÖ-Politiker Walter Meischberger kassierten damals fast zehn Millionen Euro Erfolgshonorar. Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass Teile der Gelder in Liechtenstein auf Konten geflossen sind, die Karl-Heinz Grasser zuzurechnen sind.

(Die Presse vom 21.03.2012)

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