"Zweite Sparkasse": Bank für ungewollte Kunden

Finanzen. "Zweite Sparkasse" bietet Konten für Überschuldete.

Wien. "Ich war einmal ein angesehener Mann", sagt der 60-Jährige. "Die Banken haben sich um mich als Kunden gerissen." Zwanzig Jahre lang war er in leitender Position in der Industrie tätig. Jetzt bezieht er Notstandshilfe und ist Kunde der "Zweiten Sparkasse". Seinen Namen will er keinesfalls in der Zeitung lesen. Dass er künftig als Kontoverbindung die "Zweite Sparkasse" angeben muss, ist ihm Stigma genug. Obwohl er froh ist, überhaupt wieder ein Konto zu haben. Die "Zweite Wiener Vereinssparkasse", eine Initiative der Stiftung der Erste Bank, bietet Leuten ein Bankkonto, die bei keiner anderen Bank mehr eines bekommen. Überziehen kann man das neue Konto nicht.

Nach mehrmaligen Jobwechsel hatte sich der Industrie-Angestellte als Finanzberater selbstständig gemacht. Zahlungsausfälle wurden ihm zum Verhängnis. Die Schulden häuften sich, bis der Konkurs mangels Masse eröffnet wurde und er seinen Gewerbeschein los war. Er wurde beim Arbeitsmarktservice (AMS) vorstellig. "Mit 60 ist es ziemlich aussichtslos, noch etwas zu finden", stellt er fest. Als Kunden wollte ihn keine Bank mehr nehmen. Seine Rechnungen musste er mangels Konto bar bezahlen, bei jedem Erlagschein fielen Spesen an. Vor kurzem wurde Privatkonkurs eröffnet.

Die Schuldnerberatung schickte ihn zur "Zweiten Sparkasse". Wer dort ein Konto will, muss von Caritas oder Schuldnerberatung empfohlen worden sein. Die Filiale in der Glockengasse 3 im zweiten Wiener Gemeindebezirk hat von 16 bis 18 Uhr geöffnet, Termine gibt es nur nach Vereinbarung.

An Gebühren zahlt man eine "Kontoführungskaution" von neun Euro pro Quartal. Diese erhält man verzinst zurück, wenn Versuche unterlassen wurden, das Konto zu überziehen. "Wir wollten das Konto ursprünglich gratis anbieten, weil wir ja sozial sein wollten", sagt Franz Karl Prüller von der Erste Privatstiftung. Caritas und Schuldnerberatung, die mit der neuen Bank zusammenarbeiten, rieten ab: "Was nichts kostet, ist nichts wert."

Bis Dezember werden die ehrenamtlichen Bankberater 70 Erstgespräche mit Neukunden führen. Die Zahl der Erwachsenen, die in Österreich kein Bankkonto haben, geht in die Zehntausende. Allein das AMS überweist an 38.000 Personen die Notstandshilfe oder das Arbeitslosengeld per Post. Gehälter werden selten per Post überwiesen. "Wer kein Konto hat, tut sich auch schwer, einen Job zu finden", sagt Prüller.

Dass es mit einem Konto der Zweiten Bank auch schwierig sein könnte, glaubt er nicht: "Wer bei uns landet, ist ja kein hoffnungsloser Fall", sagt er. "Das sind ja Leute, die versuchen, wieder etwas aus sich zu machen." Der neue Kunde wünscht sich trotzdem irgendwann wieder ein Konto bei einer Bank, die keine Schlüsse auf seine Lebensumstände zulässt.

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