Der frühere Bawag-Aufsichtsratspräsident verteidigte sein Stillschweigen über große Flöttl-Verluste gegenüber dem Aufsichtsrat. Heute fühlt er sich getäuscht.
Am heutigen dritten Tag des zweiten Bawag-Prozesses wurde zunächst der frühere BAWAG-Aufsichtsratspräsident Günter Weninger befragt. Der pensionierte Gewerkschaftsfunktionär beteuerte, er sei vom damaligen Bank-Chef Helmut Elsner getäuscht worden. Richter Christian Böhm befragte Weninger, warum die Bawag dem Spekulanten Wolfgang Flöttl im Oktober 1998 noch hunderte Millionen gab, nachdem Flöttl große Verluste von 600 Millionen Dollar eingestanden hatte.
Elsner habe ihm versichert, dass Flöttl den Schaden mit seinem Vermögen ausgleichen werde, aber nur wenn er neues Geld erhalte. Aus Sorge um Indiskretionen im Aufsichtsrat, die den Plan gefährden könnten, und weil Elsner und der Bank-Anwalt sagten, die Angelegenheit müsse nicht dem gesamten Aufsichtsrat vorgelegt werden, habe er den Aufsichtsrat nicht befasst, sagte Weninger.
Bawag-Anwalt: Information an AR nicht nötig
Weninger schilderte den Ablauf des Geschehens: Am 26. Oktober 1998 habe ihn Elsner angerufen und ihm von großen Verlusten Flöttls berichtet. Am nächsten Tag fand ein Treffen mit dem Bawag-Vorstand statt. Laut dem Bawag-Anwalt Johann Florian Gehmacher, der während der Sitzung mit Elsner telefonierte, müsse der Aufsichtsrat nicht informiert werden, verteidigte sich Weninger heute für sein Stillschweigen gegenüber dem Aufsichtsrat über den großen Verlust. "Hier wurde mir ein riesiger Rucksack umgehängt", sagte er. Er habe damals diese Verantwortung übernommen, um die Interessen des Eigentümers zu wahren.
Dass schon während der Krisensitzung am 27. Oktober der damalige Bawag-Generalsekretär Peter Nakowitz bereits Überweisungen an Flöttl durchführte, das habe er nicht gewusst, beteuerte Weninger heute. Die von Flöttl angebotenen Sicherheiten seien nicht geprüft und auch nicht gesichert worden, so Weninger heute. Die Bawag überwies Flöttl weitere 330 Millionen Dollar, auch dieses Geld ging verloren.
Über Flöttls Vermögen getäuscht
Auch betreffend des Vermögens von Flöttl sei er getäuscht worden, so Weninger. Elsner habe damals versichert, dass Flöttls Vermögen zur Abdeckung des Schadens für die Bawag ausreiche. Elsner habe auch gesagt, Flöttl gebe sein Vermögen nicht her, wenn man ihm nicht durch neues Geld ermögliche am Markt zu bleiben. Wenn Flöttl sich vom Markt zurückziehen müsse, würden die Verluste bekannt und das würde auch auf die Bawag zurückfallen, habe Elsner damals argumentiert. Flöttls verwertetes Vermögen, eine Kunstsammlung und Immobilien, reichten bei weitem nicht für eine Verlustabdeckung aus.
Seit März 1997 war Weninger Bawag-Aufsichtsratspräsident, von der Wiederaufnahme der "Sondergeschäfte" mit Flöttl habe er nichts gewusst, versicherte er heute. Auch sein Vorgänger an der Aufsichtsratsspitze, Herbert Tumpel, habe ihn davon nicht informiert. Die viel kritisierten Karibik-Geschäfte zwischen dem früheren Bawag-Chef Walter Flöttl und seinem Sohn Wolfgang waren nach einer Rückführung im Jahr 1994 im Jahr 1995 von Walter Flöttls Nachfolger an der Bankspitze, Elsner, wieder aufgenommen worden.
Im erster Instanz war Weninger zu zweieinhalb Jahre Haft verurteilt worden, davon sechs Monate unbedingt. Das Urteil wurde vom Obersten Gerichtshof (OGH) in großen Teilen aufgehoben, lediglich der Schuldspruch für zwei Bilanzdelikte wurde bestätigt. Nun sitzt er wegen des Untreuevorwurfs für 330 Millionen Dollar wieder auf der Anklagebank. Es geht um die Zeichnung einer Anleihe von 250 Millionen Dollar (von Flöttls Gesellschaft "Hapenny") und 80 Millionen Dollar für einen Betriebsmittelkredit (an Flöttls Gesellschaft "Ophelia" Ltd.), die Flöttl nach den ersten großen Verlusten im Oktober 1998 von der BAWAG wieder erhalten hatte. Auch dieses Geld sah die Bank nie wieder.
(APA)