Ein neues Gutachten könnte den Ex-Bawag-Chef wieder hinter Gitter bringen. Elsner wurde im Juli als vollzugsuntauglich eingestuft.
Die Haftfrage könnte bei Helmut Elsner, der im vergangenen Juli nach viereinhalb Jahren Haft aus gesundheitlichen Gründen als vorübergehend vollzugsuntauglich eingestuft und auf freien Fuß gesetzt wurde, wieder ein Thema werden. Der Kardiologe Joachim Borkenstein, der im Vorjahr mit einem besorgniserregenden Gutachten wesentlich zur Enthaftung des herzkranken Ex-Bawag-Chefs beigetragen hatte, soll in einer aktuellen Expertise seine ursprünglichen Angaben nicht mehr in vollem Umfang aufrechterhalten, berichtet der "Kurier" in seiner Donnerstag-Ausgabe.
Das Wiener Straflandesgericht, das regelmäßig zu prüfen hat, ob bei Elsner weiter Vollzugsuntauglichkeit gegeben ist, bestätigte auf APA-Anfrage das Vorliegen eines neuen Borkenstein-Gutachtens. Zum Inhalt gab es keine Stellungnahme.
Borkenstein hatte 2011 Elsner eine koronare Herzerkrankung, einen arteriellen Hypertonus (Bluthochdruck), eine supraventrikuläre Extrasystolie (Herzrhythmusstörung), einen Überwässerungszustand bei gesteigerter Flüssigkeitszufuhr und eine eingeschränkte Herzleistung bescheinigt. Zudem stellte er Adipositas (starkes Übergewicht), ein Lungenemphysem mit chronisch obstruktiver Ventilationsstörung (Störung der Lungenfunktion) sowie eine Einschränkung der Nierenfunktion fest und befand, eine akute und angemessene Betreuung und Therapie des 76-Jährigen sei in der Justizanstalt Wien-Josefstadt nicht mehr möglich.
Der gefallene Ex-Banker
Richter muss entscheiden
Diesen drastischen Befund soll Borkenstein in dieser Form nicht mehr aufrechterhalten. Nach Informationen der APA soll er sinngemäß zum Schluss kommen, dass die neun Monate, die Elsner nun in Freiheit verbracht hat, sich positiv ausgewirkt haben und sich das Befinden des Ex-Bankers gebessert hat.
Ob Elsner gesund genug ist, um den Rest seiner zehnjährigen Freiheitsstrafe abzusitzen, muss nicht Bawag-Richter Christian Böhm entscheiden, den Elsner als befangen ablehnt. Diese Frage fällt in die Zuständigkeit der im Grauen Haus mit Vollzugsangelegenheiten betrauten Richterin Sonja Höpler-Salat.
Mit ihrem Beschluss ist zu rechnen, nachdem auch das noch ausständige aktualisierte zweite Gutachten zur Vollzugstauglichkeit bei Gericht eingelangt ist. Der Psychiater Heinrich Pfolz hatte im Vorjahr aus neurologischer Sicht Elsner ebenfalls Strafvollzugsuntauglichkeit bescheinigt, zugleich aber deponiert, bei entsprechender Behandlung könne "in acht bis zehn Monaten mit einer Besserung gerechnet werden".
Entscheidung frühestens in zwei Wochen
Ab Vorliegen der Pfolz-Expertise dürften zumindest zwei bis drei Wochen bis zu einer Entscheidung in der Haftfrage vergehen. Elsners Anwälten kommt in jedem Fall ein schriftliches Erörterungsrecht der Sachverständigen-Gutachten zu. Sie haben 14 Tage Zeit, dagegen allfällige Einwände vorzubringen. Wie auch immer die Richterin dann entscheidet: Es liegt in ihrem Ermessen, einer Beschwerde gegen ihren Beschluss, mit der sich das Oberlandesgericht (OLG) auseinanderzusetzen hätte, aufschiebende Wirkung zuzubilligen.
Wie gravierend Elsners aktuelle Herzrhythmusstörungen sind, die derzeit im Wiener Wilhelminenspital behandelt werden, ist aus Sicht der Justiz unklar. Der Kardiologe Günter Leopold Steurer, der im Auftrag von Richter Christian Böhm den demnächst 77-Jährigen am Mittwoch im Spital besucht hat, hat nach Informationen der APA die Störungen zwar bejaht, soll zugleich aber festgehalten haben, dass keine Lebensgefahr vorliegt und das Krankheitsbild bereits bekannt sei.
Steurer soll nun in einem schriftlichen Gutachten klären, ob Elsner, der auf Basis einer Subsidiaranklage der Bawag an zumindest drei Verhandlungstagen im zweiten Bawag-Prozess auf der Anklagebank Platz nehmen müsste, verhandlungsfähig ist. Laut derzeit gültigem Prozessfahrplan müsste Elsner das nächste Mal am 29. Mai bei Gericht erscheinen.
Weil Ex-Bawag-Chef Helmut Elsner (77) nun an TBC leidet, ist der Verhandlungsplan gekippt. Frühestens ab 6. August könnte der an einer Nebenfront angeklagte Ex-Bankchef auf der Anklagebank Platz nehmen.