Ökostrom aus Holz kläglich gescheitert

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Millionen an Förderungen steckte man in den Bau von Biomassekraftwerken. Jetzt sperren mehr und mehr zu, und sogar der Biomasseverband rät: „Finger weg davon.“

Wien. Im Winter ist das Biomassekraftwerk in Wien-Simmering, das größte Europas, ein Öko-Traum: 80Prozent des Holzes, das man hier verbrennt, wird für etwa 60.000 Wiener Haushalte in Strom und Wärme umgewandelt. Im Sommer ist das ein wenig anders: Dann heizt man mit dem Kraftwerk vor allem den Donaukanal.

Wie ein Experte, der nicht genannt werden will, erklärt, liegt der Wirkungsgrad bei der Stromerzeugung in Simmering aus Holz bei 35 Prozent. Der Rest ist großteils ungenutzte Wärme, der Dampf muss gekühlt und zurückgeführt werden– eben in den Donaukanal. Denn der Wiener Wärmebedarf werde im Sommer durch die Müllverbrennungsanlagen voll abgedeckt.

Wien-Simmering ist das weithin sichtbarste Beispiel für das Scheitern einer einst als „Zukunft der Energiegewinnung“ gefeierten Idee: Holz wird zu Ökostrom und zu Wärme. Nur machte der Markt allen Hoffnungen auf eine umweltfreundliche und billige Energiequelle einen Strich durch die Rechnung: Die Holzpreise sind in den vergangenen Jahren so stark gestiegen, dass viele Anlagen unrentabel geworden sind.

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Bundesforste verkauften Anlagen

Eines der ehrgeizigsten Ökostromprojekte Österreichs endete im vergangenen Jahr in einer Beinahe-Insolvenz: Die österreichischen Bundesforste (ÖBf) hatten gemeinsam mit der Kärntner Kelag 30Hackschnitzelanlagen betrieben und dafür etwa 200 Millionen Euro investiert.

Seit 2003 versuchte man, mit den Anlagen Gewinn zu machen. Im Juli 2011 gab man auf und verkaufte 28, zwei betreiben die ÖBf weiter. Die Banken mussten 100Millionen Euro schlucken, die Bundesforste stiegen relativ unbeschadet mit einem hohen einstelligen Millionenverlust aus.

„Biomasse ist zur Stromerzeugung schlicht nicht geeignet“, erklärt Harald Proidl, Leiter der Abteilung Ökoenergie bei der E-Control. Holz habe einen Wirkungsgrad von etwa 30Prozent, andere Rohstoffe seien weitaus effizienter. Wenn man mit der Anlage neben Strom auch zugleich Wärme erzeuge, sei das eine „viel vernünftigere Nutzung des Rohstoffs“. Und am Ende vielleicht auch finanziell rentabel.

Anfang der 2000er-Jahre schütteten Bund, Länder und EU Millionen Euro an Förderungen für den Bau von Hackschnitzelanlagen aus. In Österreich garantierte der Bund den Betreibern einen Strompreis von 10,2 Cent pro Kilowattstunde (der reguläre Strompreis liegt bei fünf bis sechs Cent pro Kilowattstunde ohne Leitungsaufschläge und Steuern).

Doch die Nachfrage nach Holz stieg seither weltweit kontinuierlich an. Die Folge: Die Preise liegen heute um fast 50Prozent höher als noch 2003 (siehe Grafik). Um den Bedarf der Holzkraftwerke zu decken, mussten viele Betreiber Holz zukaufen. Selbst die Wälder der ÖBf lieferten nicht genug Rohstoffe für die 30Anlagen: Zwei Drittel mussten auf dem Markt gekauft werden.

„Wir sagen: Hände weg von Biomassekraftwerken für Strom“, betont sogar der Vorsitzende des österreichischen Biomasseverbands, Horst Jauschnegg. Bei den derzeitigen Verhältnissen sei es schlicht nicht rentabel, Holz für die Gewinnung von Strom zu verbrennen. „Es hat einen Grund, warum es seit einigen Jahren keine neuen Kraftwerke mehr gibt.“

Tarife blieben gleich

Jauschnegg sieht als eines der gravierenden Probleme, dass das Ökostromgesetz die Entwicklungen auf dem Markt nicht berücksichtige. „Die Tarife, die die Betreiber für Ökostrom erhalten, sind gleich geblieben. Aber die Preise für den Rohstoff sind massiv gestiegen.“ Bei Gas sei es anders: Sobald es teurer werde, würden die Energieunternehmen die Preise umgehend an die Kunden weitergeben.

Für die Wärmegewinnung sei Holz trotzdem nach wie vor der günstigste Energieträger. In Österreich heizten 2010 laut Statistik Austria 20Prozent aller Haushalte mit Holz oder Pellets. Gas und Öl verwenden 20,5Prozent, Fernwärme hat mit 23Prozent den höchsten Anteil.

Wien-Simmering trägt dazu bei. Zwei Experten meinen jedoch, dass man das Kraftwerk „heute so nicht mehr bauen würde“. Seine Zukunft ist jedenfalls ungewiss: Der Betreibervertrag läuft 2019 aus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.05.2012)

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