Die SPÖ wirft dem Ex-Finanzminister vor, die Übermittlung beschlagnahmter Akten aus Liechtenstein nach Österreich mit allen Mitteln zu bekämpfen.
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter sieht im Verhalten von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser ein "De-facto-Schuldeingeständnis". Grasser verfolge die Strategie, mit allen Mitteln die Übermittlung beschlagnahmter Akten aus Liechtenstein nach Österreich zu bekämpfen. Wie am Freitag bekannt wurde, muss die österreichische Justiz weiter zittern, ob sie die vor über einem Jahr bei Grassers Wirtschaftstreuhänder beschlagnahmten Unterlagen erhält, da der Treuhänder ein weiteres Rechtsmittel einlegt.
"Unzählige Male hat Grasser betont, alles offenzulegen, zumal alle Vorgänge transparent, supersauber und im Interesse der Steuerzahler erfolgt seien. Da nun neuerlich alle Rechtsmittel ausgenützt werden, um genau das zu verhindern, beantwortet sich die Frage der Glaubwürdigkeit des beschuldigten Ex-Ministers Grasser von selbst", erklärte Kräuter. Die Zeit sei daher reif für eine Anklageerhebung. Die Justiz habe zu prüfen, ob nunmehr zu handeln sei, forderte Kräuter.
Rund eineinhalb Monate hat sich der U-Ausschuss mit der Privatisierung der Bundeswohnungen (Buwog) in der Amtszeit des damaligen Finanzministers Karl-Heinz Grasser beschäftigt. Bei der 9,6-Millionen-Euro-Provision an Grassers Freunde Walter Meischberger besteht Korruptionsverdacht, da die Provision für einen entscheidenden Tipp an den siegreichen Bieter über das Finanzierungslimit des Mitbewerbers geflossen ist. Im Ausschuss gab es einige belastende Aussagen gegen Grasser. Der Ex-Minister wies alle Vorwürfe zurück. (c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER) Michael Ramprecht belastete seinen früheren Chef Grasser schwer. Er bekräftigte den Vorwurf, dass der Verkauf der Buwog manipuliert worden sei. Er habe vom damaligen Buwog-Aufsichtsratspräsidenten Ernst Karl Plech den Auftrag bekommen, die Vergabekommission für die Auswahl der begleitenden Investmentbank "umzudrehen". Obwohl sich die Kommission schon für die CA-IB entschieden gehabt habe, sei "ohne irgendein Argument" klargemacht worden, "der Minister will Lehman". (c) Dapd (Hans Punz) Ramprecht bekräftigte auch den Vorwurf, in weiterer Folge von Plech bei einem Tennisspiel zehn Mio. Schillig Schweigegeld angeboten bekommen zu haben. Außerdem habe Plech gedroht, ihn und seine Familie zu "vernichten". (c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER) Grassers früherer Kabinettschef Heinrich Traumüller räumte bei seiner zweiten Befragung ein, dass im Finanzministerium Details aus dem Bieterverfahren für die Bundeswohnungen bekannt waren: Er selbst sei bei der Öffnung der Angebote der Bieter für die Buwog durch einen Notar dabei gewesen. Er habe Grasser anschließend auch darüber informiert. Grasser habe gewusst, wie hoch das Finanzierungslimit der CA Immo war. (c) Dapd (Ronald Zak) Der frühere Geschäftsführer der Investmentbank CA IB, Klaus Requat, sprach von Hinweisen auf eine mögliche Manipulation der Auftragsvergabe für die Privatisierung. Er habe bereits im Vorfeld Informationen gehabt, dass Lehman den Auftrag erhalten würde - und zwar durch Karlheinz Muhr, einen Freund Grassers. Muhr habe ihm gesagt, dass das Ministerium dafür sorgen wolle, dass Lehman den Auftrag erhalten werde. Er habe daraufhin eine Anfechtung der Vergabe in Aussicht gestellt, woraufhin Muhr eine Einbindung der CA IB in den Lehman-Auftrag angeboten habe. Später zog Lehman dann tatsächlich die CA IB als Subunternehmer für den Auftrag bei, Muhr erhielt ein Honorar von 430.000 Euro. (c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER) Josef Mantler, Spitzenbeamter im Finanzministerium, bestätigte, dass eine entscheidende Sitzung der Vergabekommission zum Buwog-Verkauf von Grasser selbst abgesagt wurde. In dieser Sitzung hätte eigentlich der Zuschlag für den Verkauf erfolgen sollen, stattdessen gab es daraufhin ein zweites Bieterverfahren. Beim ersten Anbot sei die CA Immo um ca. 80 Mio. besser gelegen, bestätigte Mantler. (c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER) Der frühere Lehman-Mitarbeiter Jürgen Krieger, der für das Investmenthaus beim Verkauf der Buwog tätig war, erklärte, dass Grasser die entscheidende Information zum Finanzierungslimit der CA Immo gewusst habe. Bei einer Lehman-Präsentation im Finanzministerium sei diese Zahl (960 Mio. Euro) enthalten gewesen. Die Angebote seien zuvor zwar beim Notar geöffnet worden, doch schon dort seien Mitarbeiter des Finanzministeriums dabei gewesenDie Rolle von Grasser-Freund Muhr bei der Privatisierung war für Krieger "nicht visibel". Wofür dieser ein Erfolgshonorar von 433.000 Euro erhalten hatte, wisse er nicht. (c) Dapd (Ronald Zak) Der Lobbyist und Grasser-Trauzeuge Walter Meischberger gab auch im U-Ausschuss nicht preis, von wem er die entscheidende Information für die Immofinanz hatte, dass mindestens 960 Mio. Euro geboten werden müssten. Von dem mit ihm befreundeten Grasser sei die Information nicht gekommen. Die Finanzierungsgarantie des Immofinanz-Mitbewerbers CA Immo in Höhe von 960 Mio. Euro sei damals "herumgegeistert", so Meischberger. "Mindestens 50 Personen" hätten davon gewusst. (c) Dapd (Ronald Zak) Auch Grasser selbst wies alle Vorwürfe zurück. Weder habe er Informationen aus dem Vergabeverfahren weitergegeben, noch habe er im Hinblick auf seine Amtsführung Geld angenommen. Die Öffnung der in versiegelten Kuverts eingebrachten Angebote sei unter Zeugen bei einem Notar erfolgt: "Niemand konnte wissen, außer den Bietern selbst, was sie konkret bieten würden." (c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER) Dass er sich für eine zweite Bieterrunde der zwei Interessenten CA Immo und Immofinanz entschieden habe, begründete Grasser mit der Empfehlung von Experten. Immerhin habe man nach dieser zweiten Runde mehr Geld für die Republik herausgeholt. Dass er den Finanzierungsrahmen der CA Immo in Höhe von 960 Mio. Euro gekannt habe bestätigte Grasser, doch das bedeute gar nichts. "Ich habe diese Zahl niemandem weitergegeben", so Grasser. (c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER) Belastende Aussagen im U-Ausschuss Grassers Anwalt betont, dass sein Mandant keinen Einfluss auf das Verfahren im Fürstentum habe. Der Wirtschaftstreuhänder Grassers, der nun eine weitere Beschwerde gegen die Ausfolgung der Buwog-Akten nach Österreich erhebt, agiere völlig unabhängig.
(APA)
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