Der teuerste Wahlkampf aller Zeiten

Hypo Alpe Adria
Hypo Alpe Adria(c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
  • Drucken

Wenn die Regierung weiterhin so uneinig agiert, wird die Hypo Alpe Adria bald nicht mehr bilanzieren können. Es drohen uns damit mehr als zehn Milliarden Budgetbelastung, während der Bank die Kunden davonlaufen.

Vor etwas mehr als einem Monat hat Finanzministerin Maria Fekter die notverstaatlichte Problembank Hypo Alpe Adria öffentlich als „Fass ohne Boden“ bezeichnet. Sachlich ist das nicht ganz unrichtig.

Wenn so etwas aber der „Eigentümer“ ex cathedra kundtut, hat das schon eine eigene Dimension. Die solche Folgen haben kann: Seit dem einfühlsamen Eigentümer-Statement ist der erzielbare Verkaufspreis für die vor dem Verkauf stehende Österreich-Tochter von 100 auf 60 bis 70 Mio. Euro gesunken. Und das nach dem Megaskandal mühsam wieder aufgebaute Vertrauen, das sich in steigenden Kunden- und Einlagenzahlen geäußert hat, erodiert massiv. Es hat in den vergangenen Wochen spürbare Einlagenabflüsse gegeben. Oder, wie es ein Insider ausdrückt: „Die Oma rennt uns mit dem Sparbüchel davon.“

Der Pallawatsch ist typisch für den politischen Mühlstein, den die Krisenbank zusätzlich zu ihren faulen Krediten um den Hals hängen hat. Und der jetzt noch um einiges schwerer wird, denn es herrscht Wahlkampf.

Grundsätzlich gibt es für die Abwicklung der Kärntner Bank zwei Möglichkeiten. Erstens: Man gründet möglichst rasch eine Bad Bank, in die die faulen Assets und die vorerst nicht verkäuflichen Teile ausgegliedert werden, und versucht, bei der EU in letzter Minute eine Streckung der Verkaufsverpflichtung für die Osteuropa-Töchter um drei Jahre durchzusetzen. Das erhöht zwar die Maastricht-Verschuldung des Staates schlagartig um einige Milliarden, das Problem der irrwitzigen Haftungen, die das Land Kärnten eingegangen ist und für die es (was noch irrwitziger ist) „Haftungsprovisionen“ bekommt, löst sich aber von selbst: Diese laufen nämlich aus. Und später kann die Bad Bank möglicherweise das eine oder andere Stück aus ihrem Fundus noch verwerten, was den immer noch enormen Schaden ein wenig mindert.

Experten meinen, dass das möglich wäre, wenn die Regierung in Brüssel einig und hart auftritt und noch vor dem Sommer (und damit vor den Herbst-Wahlen) eine Bad Bank gründet.

Danach sieht es aber nicht aus. Es herrscht, wie gesagt, bereits Wahlkampf. Die Finanzministerin absolviert in Brüssel einen permanenten Fettnäpfchen-Parcours (manchmal sind es schon keine Fettnäpfchen mehr, sondern Schmalzkübel), und der Bundeskanzler sieht genüsslich zu, wie die Koalitionspartnerin „anrennt“.

Es ist also Variante zwei die wahrscheinlichere: Fekter gibt in Brüssel nach und akzeptiert, dass die Osteuropa-Töchter spätestens 2014 verkauft sein müssen. Und die Gründung der Bad Bank wird hinter den Herbst-Wahltermin verschoben.

Dann passiert, wie Insider glaubhaft versichern, Folgendes: Die Hypo muss in diesem Fall (mangels positiver Fortführungsprognose) schon zum Halbjahr ihre Osteuropa-Beteiligungen abschreiben und braucht vom Eigentümer Bund deshalb schon im Juni zwei bis zweieinhalb Milliarden Euro „Stütze“. Und weil sich die Übertragung der faulen Teile in die Bad Bank bei einer Gründung erst im Herbst wohl nicht mehr bis zum Bilanzstichtag ausgeht, hängt die gesamte 2013er-Bilanz in der Luft.

Das wird dann wirklich teuer. Die Notenbank-Horrorprognose von 16 Mrd. Euro Schaden wird zwar auch dann nicht eintreten, aber zweistellig wird es auf jeden Fall. Dafür kann man die Verschlechterung der Maastricht-Staatsschuldenquote bis hinter den Wahltag verschieben. Ein guter Tausch, nicht wahr?

Stimmt schon, die Hypo-Malaise ist uns nicht vom Bund, sondern von einer außer Rand und Band geratenen Kärntner FPÖ/ FPK/BZÖ-Partie eingebrockt worden. Aber auch der Bund hat nach der Notverstaatlichung eine, nun, etwas merkwürdige Figur gemacht. Denn die Deadline 2013 für den Verkauf der Banktöchter, die die gesamte Banksanierung jetzt in die Luft zu sprengen droht, ist den Österreichern von der EU-Kommission erstmals vor fünf Jahren genannt worden. Weder der damalige Finanzminister, Josef Pröll, noch dessen Nachfolgerin, Maria Fekter, haben darauf reagiert. Man hat halt auf die altösterreichische Tradition vertraut, dass nichts so heiß gegessen wie gekocht wird.

Der Schmäh zieht in Brüssel aber ganz offenkundig nicht. Und jetzt gibt es große Hektik mit Deadline-Gnadenfristen und fieberhafter Suche nach einer Last-Minute-Lösung – zwei Wochen vor dem Ablauf der letzten Frist.

So kann man international nicht Politik machen. Jetzt kann man nur versuchen zu retten, was zu retten ist. Das geht aber nicht mit wahltaktischen Spielchen und mit dem Versuch, die Enthüllung des wahren Ausmaßes der finanziellen Katastrophe bis hinter den Wahltag zu verschieben.

Die Bank selbst hat es ohnehin schwer genug: Der Verkauf der Österreich-Tochter, der als Goodwill-Bekundung gegenüber der EU geplant war, wird sich auch hinter die EU-Deadline (Ende Mai) verschieben. Das für morgen, Freitag, geplante „Signing“ des Deals wird nach „Presse“-Informationen jedenfalls nicht stattfinden, weil die Finanzmarktaufsicht noch Zusatzinformationen braucht.


E-Mails: josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.05.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.