Nein, wir zahlen nicht allein!

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Das Mindeste, was die Länder zur Hypo-Abwicklung beitragen müssen, ist der Verzicht auf ihren Anteil an der Bankensteuer. Alles andere wäre ein Affront gegen die Bürger.

Klaus Liebscher, unter anderem Chef der für Bankenhilfen zuständigen Fimbag und Aufsichtsratsboss des Bankenhilfenempfängers Hypo Alpe Adria (irgendwie unvereinbar, oder?), ist also verärgert, weil er hier als „Verzögerer“ bezeichnet wurde. Wir nehmen zur Kenntnis: Verzögert hat die Regierung (da hat er natürlich uneingeschränkt recht), Liebscher und seine Taskforce haben dabei nur zugeschaut. Auch ärgerlich ist allerdings, dass Liebscher in einem TV-Interview wieder jene zwei Killerargumente ausgepackt hat, die die Leute, wenn man sich die Leserreaktionen anschaut, am meisten aufregen: Man dürfe, hat Liebscher gesagt, die Anleiheinvestoren der Kärntner Bank nicht durch eine Beteiligung an der Hypo-Sanierung „bestrafen“. Und: Das österreichische Kreditrating sei „wegen der öffentlichen Diskussion“ in Gefahr.

Es steht uns hier wirklich nicht zu, einem ehemaligen Notenbankgouverneur Marktwirtschaft erklären zu wollen. Aber dort, in der Marktwirtschaft, funktioniert das so: Wer ein Risikopapier erwirbt, kriegt höhere Zinsen. Dafür trägt er das Risiko, falls dieses schlagend wird – und hängt es nicht völlig unbeteiligten Dritten um. Wer das Einstehen für ein zuvor bewusst übernommenes Risiko als „Bestrafung“ sieht, will an diesem System irgendetwas nicht verstehen.

Natürlich, da ist noch die Landeshaftung. Sie gilt, solange der Haftungsgeber (und das ist ausschließlich das Land Kärnten) solvent ist. Ist der Garantiegeber zahlungsunfähig, dann gibt es auch keine Garantie mehr. 2008/09 beispielsweise ist der US-Versicherungsriese AIG, der Garantiegeber für zahlreiche schwindlige Cross-Border-Leasing-Geschäfte österreichischer Gemeinden war, ins Trudeln gekommen und wäre beinahe in die Pleite gestürzt. Glaubt wirklich irgendjemand, die US-Steuerzahler wären dann beispielsweise für die Verluste der Gemeinde Wien eingesprungen? Eben.

Eine Insolvenz des Garantiegebers Kärnten im Gefolge einer Hypo-Insolvenz wird unterdessen freilich ohnehin von fast allen Beteiligten ausgeschlossen, eine „Bestrafung“ der Anleihegläubiger ist also ziemlich unwahrscheinlich. Dafür gibt es sogar den einen oder anderen validen Grund. Zum Beispiel den, dass sich die Länder seit einiger Zeit nicht direkt, sondern weitgehend über die Bundesfinanzierungsagentur refinanzieren (Kärnten hat schon einen Milliardenbetrag über diesen Umweg bekommen), eine Bundesländerinsolvenz möglicherweise also auch auf den Bund abfärben könnte.


Wenn wir als Steuerzahler für die „Anstalt“, in die der Hypo-Irrsinn demnächst eingeliefert werden soll, zahlen müssen, dann wollen wir das aber trotzdem nicht allein tun. Von den Anleihegläubigern wird in diesem Fall nichts zu holen sein. Sie müssten ja bescheuert sein, wenn sie ohne Not und Zwang irgendetwas drauflegen. Die jüngst aufgetauchte Forderung, die Länder sollten mitzahlen, hat aber etwas für sich. Das könnte auf mehreren Ebenen geschehen. Dass Kärnten seinen aus Hypo-Verkaufserlösen gespeisten „Zukunftsfonds“ noch nicht herausgerückt hat, ist ja für sich ein Affront der Sonderklasse. Also: Her damit!

Ein Affront ist aber auch, dass die Bankensteuer keineswegs zur Gänze für die Abdeckung der Hypo-Miesen verwendet werden kann, wie uns SP-Finanzsprecher Kai Jan Krainer kürzlich weismachen wollte: Ein Drittel der auf 640Mio. Euro pro Jahr veranschlagten Einnahmen geht im Rahmen des Finanzausgleichs automatisch an die Länder und Gemeinden. Das ist gelebte Realverfassung im österreichischen Föderalismus.

Von den mehr als 200 Mio. Euro, die aus der Bankensteuer an die Länder überwiesen werden, geht natürlich auch ein zweistelliger Millionenbetrag nach Kärnten, statt für die Hypo-Abwicklung verwendet zu werden.

Das ist absolut untragbar. Der Mindestbeitrag der Länder hat also darin zu bestehen, dass sie auf ihren Anteil an der Bankensteuer verzichten. Das wäre gemeinsam mit dem Kärntner Zukunftsfonds ein Länderbeitrag von etwas mehr als einer Milliarde bis 2017 – und würde uns geplagten Steuerbürgern den Umstand, dass Herr Liebscher uns statt der Anleihezeichner „bestrafen“ will, sehr versüßen.

Das wird aber schwierig werden, denn die österreichische Realverfassung wird mit hoher Sicherheit verhindern, dass die Länder ihren Beitrag leisten. Sie ist ja auch schuld daran, dass bei den seit dreißig Jahren anstehenden Reformen kein Millimeter weitergeht. Und wird auch dafür sorgen, dass der Finanzminister selbst seinen strukturellen (also von allen Zusatzausgaben befreiten) Budgetpfad nicht lange einhalten wird.

Das, und nicht die öffentliche Diskussion um eine Hypo-Causa, die den Ratingagenturen in allen Details seit Langem bekannt ist (diese bewerten nämlich nicht auf Basis von Zeitungsartikeln), wird der Grund dafür sein, dass Österreich demnächst wieder Probleme mit seinem Rating bekommen wird. Um das zu verhindern, brauchen wir eine echte Staatsreform. Die Parole „Mund halten“ wird dafür jedenfalls nicht reichen.

E-Mails an:josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2014)

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